Bruce Springsteen-Autobiografie

Was den Boss so umtreibt

Der amerikanische Rocksänger Bruce Springsteen, aufgenommen bei einem Konzert am 25. Juni 1988 im London Wembley-Stadion.
Der amerikanische Rocksänger Bruce Springsteen, aufgenommen bei einem Konzert am 25. Juni 1988 im London Wembley-Stadion. © dpa / picture alliance
Von Kai Clement · 27.09.2016
Was hat diesen Musiker 50 Jahre lang angetrieben? Das fragte sich wohl auch Bruce Springsteen selbst und gibt die Antwort in seiner Autobiografie. Er hat das Buch auch für seine Kinder geschrieben.
Auf dem schwarz-weißen Cover ist ein junger, ein sehr junger Bruce Springsteen, mit trotz verschneiter Straße offener Jacke lässig an ein Auto gelehnt. Groß sein Name. Klein der Titel.
"Born to run": Gut 30 Jahre alt ist das Album. Ganz neu die gleichnamige Biografie des Bosses, aber bereits vor Jahren in Angriff genommen.
"Vor sieben Jahren habe ich angefangen, nach dem Super Bowl. Habe damals einen kleinen Essay geschrieben und auf unsere Webseite gesetzt. Da war eine Stimme − die funktionierte gut, um Prosa zu schreiben. Vielleicht versuche ich, so über ein paar andere Dinge aus meinem Leben zu schreiben."
Wie zum Teufel hat Bruce Springsteen es geschafft, mit seiner katholischen Erziehung im armen Elternhaus des Kaffs Freehold in Bundesstaat New Jersey binnen 50 Jahren zu stundenlangen Mega-Extravaganza-Konzerten mit Zillonen von Fans zu kommen? Das fragt der Schriftsteller Richard Ford in seiner Rezension für die "New York Times". Das fragt sich auch Bruce Springsteen selbst.
Dieses Mysterium offenbare die Biografie zu einem guten Teil, verspricht die "New York Times". Und das verspricht auch der "Boss" selbst im Vorwort:
"Über sich selbst zu schreiben, ist ein lustiges Geschäft. Aber bei einem Projekt wie diesem macht der Autor ein Versprechen: dem Leser seine Denkweise zu zeigen. Auf diesen Seiten habe ich genau das versucht."

Der Hang zur Überlänge

Vor ein paar Tagen erst hat Springsteen seinen 67. Geburtstag gefeiert. Mehr als genug Material für einen Rückblick auf Antrieb und Ängste, Erfolg und besagte Extravaganza-Konzerte, die scheinbar immer noch ein bisschen länger werden, auf Durchbruch und Depression.
"So würde ich nicht weiterleben können, nicht für immer. Zum ersten Mal verstand ich, was Leute auf den letzten Abgrund zutreibt."
Ein Geschichtenerzähler ist Bruce Springsteen in seinen Songs schon lange, nun erzählt er seine eigene auf rund 530 Seiten − auf Deutsch sind es sogar über 670 geworden. Ein Leben als Rock’n’Roll.
Der Hang zur Überlänge hat offenbar von den Konzerten aufs Geschriebene übergegriffen. "Völlig durchnässt verlässt er die Bühne, als wäre er in Kleidern durch die Halle geschwommen, von Barrakudas gehetzt", schrieb der "New Yorker" einmal über den Marathon-Mann.
"Ich war ein Gitarrenspieler auf den Straßen von Asbury Park. Ich hatte Jugend, fast ein Jahrzehnt von Hardcore-Kneipenband-Erfahrungen, eine gute Gruppe von einheimischen Musikern, die sich darauf eingestellt hatten, wie ich auftrat und eine Geschichte erzählte. Das Buch ist eine Fortsetzung dieser Geschichte und eine Suche nach ihren Ursprüngen."
Ein bisschen − so erzählt es Bruce Springsteen in einem Interview mit dem Sender CBS − ist es aber auch ein Buch für seine Familie, vor allem für seine drei Kinder. Damit sie wissen, was den alten Mann so umgetrieben hat.
Bruce Springsteen lacht. Obwohl er so Sätze geschrieben hat wie den, dass er ein manisch-depressiver Trapezkünstler sei, der vernichten wollte, was ihn liebte, weil er genau dieses Geliebtwerden nicht ertragen konnte. Das Schöne daran: Er brachte es zu Ende und es fühlte sich gut an.
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