Reform der Filmförderung

Appell an Kulturstaatsministerin Claudia Roth

04:36 Minuten
Staatsministerin für Kultur und Medien, Claudia Roth (Bündnis 90/Die Grünen). Sie trägt einen roten Rollkragenpullover und lächelt freundlich.
Die Kulturstaatsministerin Claudia Roth hält sich schon länger bedeckt, wie es mit der Filmförderung nun weitergehen soll. © picture alliance / dpa / Sebastian Gollnow
Ein Kommentar von Christian Berndt · 03.01.2024
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Seit dem Frühjahr 2022 wartet die Filmbranche auf eine Reform der Filmförderung, aber Kulturstaatsministerin Claudia Roth kommt kaum voran. Nun haben acht Branchenverbände ein Positionspapier an Roth geschickt. Es offenbart eine Herkulesaufgabe.
Schon lange steht Kulturstaatsministerin Claudia Roth unter Druck. Auf die lang angekündigte Reform des Filmfördergesetzes wartet die deutsche Filmbranche seit Frühjahr 2022.
Jetzt, noch im Januar, will Roth einen Entwurf vorstellen. Zeitlich passend dazu haben die acht großen Filmverbände nun einen eigenen Plan für die Reform der Filmförderung vorgestellt, den Branchenvertreter "revolutionär" nennen, weil erstmals Verleiher, Produzenten und Filmtheaterbetreiber gemeinsam einen Vorschlag präsentieren. Glücklich waren die Branchenvertreterinnen nicht darüber, dass die "FAZ" von einem "Brandbrief" sprach.

Roth sollte nicht zu lange brüten

Die Vorschläge sollen die von der Kulturstaatsministerin letztes Jahr präsentierten Eckpunkte für eine Reform eher erweitern als ersetzen, heißt es. Aber Claudia Roth dürfte den Brief trotzdem als Mahnung sehen, ihre Pläne nicht zu lange im stillen Kämmerlein auszubrüten. Den Eindruck einer gewissen Beratungsresistenz der Ministerin gibt es durchaus in der Branche.
Im Plan der Filmverbände ist auch nicht alles neu, eine Investitionspflicht für Streamer wird von Claudia Roth ebenso angedacht wie steuerliche Anreizmodelle für die Filmproduktion. Die Filmverbände betonen ausdrücklich, dass diese Steueranreizmodelle auch dem Wirtschaftsstandort Deutschland zugutekommen würden. Das müssen sie wohl auch, denn die Verbände veranschlagen 350 Millionen für eine automatische Anreizförderung.

Kinofilme müssen mehr profitieren

Dass ihre Pläne so umgesetzt werden, ist in Zeiten knapper Kassen unwahrscheinlich, aber immerhin steckt in den Vorschlägen ein guter Ansatz: Verleih, Produktion und Kino zusammenzudenken. Vor allem der Kinofilm und auch die Filmtheater sollen von den Steueranreizen profitieren. Denn alleine Geld in die Produktion zu stecken, wird dem deutschen Kino nichts nützen, wenn damit noch mehr Serien gedreht werden. Trotz Millionensubventionen ist der deutsche Film international zu wenig konkurrenzfähig. Darüber täuscht auch der Erfolg der Netflix-Produktion „Im Westen nichts Neues“ nicht hinweg.
Es gibt im deutschen Filmnachwuchs durchaus bemerkenswertes Potenzial. Erstlingsfilme genießen noch einen gewissen Freiraum, kommt es aber zum größeren Kinofilm, bleibt oft nur Mittelmaß übrig. Zu viele Gremien reden bei der Filmförderung mit. Hier wollen die Verbände automatisierte Förderungen, weniger langwierige bürokratische Sichtungsverfahren.

Zu viele kleine Filme ohne Publikum

Das ist bestimmt sinnvoll, aber es muss auch klarer werden, was fürs Kino produziert werden soll. Zu viele kleine Filme kommen ins Kino ohne Aussicht, ein Publikum zu finden. Für künstlerisch ambitionierte Filme, die Potenzial gerade für ein jüngeres Publikum hätten, fehlt dagegen die Werbung.
Das Problem ist: Auch die international beachteten deutschen Filme finden hierzulande kein Publikum. Die Filmtheater und Verleihe in die Förderungskonzepte stärker einzubinden, ist deshalb sinnvoll. Und die öffentlich-rechtlichen Fernsehsender als größte Auftraggeber des deutschen Films dürfen nicht weiter den Kinofilm zugunsten ihrer Mediatheken vernachlässigen.
Zwar gibt es dort mittlerweile Erstaunliches, gerade für ein jüngeres Publikum, zu entdecken. Aber hier sind es gerade auch Filmschaffende, die bereits im Kino reüssiert haben und damit erst den Freiraum bekommen, sich hier kreativ auszutoben.
Ob das Publikum auch bei kinotauglicheren deutschen Filmen mehr ins Kino geht, weiß man zwar nicht, aber Filmtheater und Verleihe zu stärken, kann nur sinnvoll sein – damit es wenigstens die Chance gibt, solche Filme überhaupt im Kino zu sehen. Auf jeden Fall werden die Vorschläge der Filmverbände von Claudia Roth nicht überhört werden – die Herkulesaufgabe, die deutsche Filmförderung zu reformieren, machen sie aber nicht einfacher. 
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