Boykott im US-Sport

Neue Dimension antirassistischer Proteste

07:14 Minuten
Ein leeres Basketball-Spielfeld. Auf dem Platz steht "Black lives Matter"
Der Platz bleibt leer: Die NBA hat ihren Play-Off-Spieltag abgesagt. © Getty Images/ Kevin C. Cox
Johannes Herber im Gespräch mit Massimo Maio · 27.08.2020
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Die NBA sagt einen Play-Off-Spieltag ab, um gegen Rassismus zu protestieren. Das sei eine neue Dimension der Proteste in den USA, sagt der ehemalige Basketball-Nationalspieler Johannes Herber.
Nach Protesten gegen rassistische Polizeigewalt in den USA waren erst die Milwaukee Bucks dem Spielfeld fern geblieben und veröffentlichten das Statement: "Trotz der überwältigenden Appelle für Veränderung, ist nicht gehandelt worden. Wir können uns heute nicht auf Basketball konzentrieren."
Nun hat die NBA einen ganzen Play-off-Spieltag abgesagt. Auch andere Ligen, wie die Frauen-NBA haben ihre Spiele gecancelt. Tennisprofis und andere Sportler und Sportlerinnen schließen sich dem Boykott ebenfalls an. Auslöser sind die Polizeischüsse auf den 29-Jährigen Jacob-Lee, ganz in der Nähe von Milwaukee.

Neue Dimension der Solidarität

"Es ist eine absolut neue Dimension", sagt der ehemalige Basketball-Nationalspieler Johannes Herber, der auch in den USA spielte. "Wir haben bisher eigentlich immer nur einzelne Aktionen von Einzelspielern gesehen. Und vielleicht gab es auch mal eine kleinere Gruppe von Spielern, die sich solidarisiert hat. Aber das jetzt ganze Mannschaften boykottieren und dann auch die Ligen selber entscheiden, dass sie den Spieltag aussetzen wollen, das ist etwas ganz Neues."
Herber verstehe die Spieler dennoch. Zum Teil stammten sie aus den Communitys, die von Polizeibrutalität und Rassismus besonders stark betroffen seien. "Man muss ganz klar sagen, es ist ein starkes Zeichen und man sollte das auf jeden Fall unterstützen, wenn die Sportler jetzt sagen, wir möchten den Fokus auf diesen Themen behalten. Wir möchten nicht durch unseren Sport ablenken und und eine Normalität suggerieren, die in unserem Land gerade nicht nicht existiert. Das ist absolut begrüßenswert, dass sie das tun", sagt Herber.
Die Sportler hätten eine große Reichweite und für viele Fans eine "große inspirative Kraft", so der ehemalige Basketball-Profi. Die Frage allerdings bleibe, inwiefern die Sportler nur ein großes Echo auslösen und eine Diskussion am Leben erhalten oder sogar für einen verbindlichen Wandel sorgen können.
Nahaufnahme von Ex-Basketballer Johannes Herber 2014.
Johannes Herber spielte von 2002 bis 2006 bei West Virginia University, anschließend bei Alba Berlin und zuletzt bei den Frankfurter Skyliners.© picture alliance / Robert Schlesinger
"Für mich ist die große Frage, wie das jetzt weitergeht, ob tatsächlich die Entscheidungsträger in den Bundesstaaten oder sogar auf Bundesebene handeln und sagen: 'Dieses Signal ist ein weiterer Stein, der ins Rollen gebracht und dennoch mehr mitziehen wird'. Das wird sich zeigen."

Sport existiert nicht im Vakuum

Sport verbindet und erreicht verschiedene soziale Milieus und manche sehen ihn als Wohlfühlort, der befreit von politischen Meinungen sein sollte.
"Darüber wird gestritten, weil es auf der anderen Seite auch klar ist: Sport existiert nicht in einem Vakuum", sagt Johannes Herber. "Die Spielerinnen und Spieler sind selbst betroffen von politischen, gesellschaftlichen Entwicklung. Und deshalb, glaube ich, ist es auch völlig legitim, dass sie da nicht ihren Blick abwenden können, sondern auch da sagen, was sie denken und wofür sie stehen."
(nho)
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