Boomender Kunstmarkt als komplexes Phänomen

Olaf Nicolai im Gespräch mit Sigrid Brinkmann · 29.12.2009
Der kommerzielle Erfolg von Auktionshäusern, die mit Kunstwerken handeln, ließe sich nicht allein von der Kunst her erklären, meint der Konzeptkünstler Olaf Nicolai.
Olaf Nicolai gehört zu den bedeutenden Konzeptkünstlern in Deutschland. Seine Werke waren auf der Documenta X und auf der Biennale in Venedig zu sehen. Im Sommer eröffnet eine Ausstellung in der Kestner-Gesellschaft Hannover. Geplant ist eine umfassende Schau seiner Werke in der Münchner Pinakothek der Moderne.

Fazit befragte den 1962 in Halle geborenen Künstler nach einem Rück- und Vorausblick auf die Kunst. Lesen Sie hier einen Ausschnitt aus dem Gespräch:

Sigrid Brinkmann: Die Konzeptkunst will ja eher zum Denken anregen, als das Auge reizen. Wie schwer ist es, sich als Konzeptkünstler auf dem Kunstmarkt heute zu behaupten?

Olaf Nicolai: Das ist recht unterschiedlich. (…) Als jüngerer Konzeptkünstler hat man den Vorteil, dass die Konzeptkunst nicht mehr eine Kunstform ist, die vollkommen fremd dasteht. Es ist sogar eher so, dass man oft Verständnis findet außerhalb des Kunstbereiches, weil Leute nicht mehr so klare Vorstellungen davon haben, was Kunst sein muss.

(…)

Sigrid Brinkmann: Ein Künstler wie Damien Hirst hat entschieden, auf dem Markt selber kräftig mitzumischen. Er gehörte selber zu dem Konsortium, das den von ihm geschaffenen Diamanten verzierten Platinschädel erwarb. Der Künstler setzt auf Spekulation und ist selbst Teil des spekulierenden Marktes. Ist Hirst für Sie ein Künstler, der die erste Dekade dieses Jahrtausends repräsentiert, eine Dekade, in der die Auktionshäuser gut laufen und die Galerien immer weniger Gewicht zu haben scheinen?

Olaf Nicolai: Ich glaube nicht, dass ein Künstler eine Dekade repräsentieren kann. Und wenn man Hirst mit einer Dekade in Verbindung bringt, dann müssten das die 90er-Jahre sein. (…) Diese Auktionshaus- und Kunstmarktgeschichte ist ein so komplexes Phänomen, wo ich mich weigere, dass einfach in Schlagworten abzuhandeln - ein Phänomen, das nicht aus der Kunst allein heraus erklärt werden kann. Da spielen sehr viel Aspekte eine Rolle von Anlagestrategien, aber auch vom vollkommen gewandelten kulturellen Bewusstsein, wie gewisse Eliten Kunst verstehen, wie sich Kunst für ein Selbstverständnis in sozialen Distinktionen einsetzen lässt.


Sie können das vollständige Gespräch mindestens bis zum 29.5.2010 als MP3-Audio in unserem Audio-on-Demand-Player nachhören.