Bonbonbunte Revue voller visueller Effekte

Von Uwe Friedrich |
Die Ausstattung ist eine Mischung aus "Metropolis" und Batmans "Gotham City" mit kreisenden Scheinwerfern und Hubschraubern, Feuerwerk, Schnellzügen und brennenden Tempeln: Der Münchner Regisseur Philipp Stölzl inszenierte Hector Berlioz Oper "Benvenuto Cellini" in Salzburg.
Es ist erst Philipp Stölzls zweite Operninszenierung, und schon debütiert er bei den Salzburger Festspielen. Das nennt man wohl eine Blitzkarriere. Der renommierte Videoclip-Regisseur hat schon mit allerlei Popgrößen zusammen gearbeitet, und auch die Salzburger Festspiele bekommen genau das, was sie offenbar bestellt haben: Eine bonbonbunte Revue voller visueller Effekte.

Schon im Vorfeld hat Stölzl betont, er wolle die Opernregie nicht neu erfinden. Das tat er dann auch nicht, denn die Sänger stehen lange Zeit einfach nur auf der überbreiten Bühne des Großen Festspielhauses herum. Hauptattraktion sind sowieso die ausgefeilten Projektionen von computeranimierten Stadtvisionen. Die hat man bisher tatsächlich noch auf keiner Opernbühne in solcher Perfektion gesehen.

Eine Mischung aus "Metropolis" und Batmans "Gotham City" mit kreisenden Scheinwerfern und Hubschraubern, Feuerwerk, Schnellzügen und brennenden Tempeln. Über dieser Ausstattungsorgie gerät dem Regisseur allerdings die rasante Handlung von "Benvenuto Cellini" aus dem Blick. Der schrieb einst eine bizarre Mischung aus Liebesdrama, Künstleroper und Kolportagekrimi mit sozialkritischen Einschlägen.

Stölzl erzählt keine einzige der vielen Geschichten konzentriert und fokussiert zu Ende. Stattdessen findet er einige witzige, ironische Episoden, etwa die Slapstick-Verstecknummer zwischen Cellini, seiner angebeteten Teresa und deren unerwünschtem Verehrer Fieramosca oder den Auftritt des Papstes als Mischung aus amerikanischem Fernsehprediger und Las-Vegas-Star Liberace. Das gibt beim Festspielpublikum zwar einige Lacher, erhellt die krude Geschichte jedoch kaum. Spätestens wenn es am Ende des Aktes ans Sterben geht, müsste der Regisseur die Kurve zum Ernst des Stücks kriegen, doch Philipp Stölzl lässt es beim Klamauk.

Während die Regie immerhin noch einen bunten Bilderbogen in Computerspielästhetik liefert, enttäuscht der russische Dirigent Valery Gergiev auf der ganzen Linie. Von den ersten Tönen der Ouvertüre bis zum pompösen Finale lässt er die Wiener Philharmoniker zu laut spielen. Die rhythmischen Vertracktheiten der Partitur interessieren ihn überhaupt nicht, und so spielen die Streicher ungenau und mit waberndem Vibrato, die Bläser intonationsunsicher und ohne jedes Gespür für klangfarbliche Raffinesse. Der berühmte Spaltklang, den Berlioz in seinen Kompositionen so gerne einsetzt, sollte nicht dadurch entstehen, dass jeder so laut spielt wie er will und wann er will.

So haben auch die Sänger ihre liebe Not. Der junge Tenor Burkhard Fritz machte zwar deutlich, dass er die unbequem hoch liegende Partie singen kann, doch wollte die Stimme nicht recht aufblühen, die übrigen Männer gingen recht sang- und klanglos in Gergiev Klangbrei unter. Nur die beiden Frauen zeigten sich uneingeschränkt auf Festspielniveau: Maija Kovalevska ließ als Teresa blitzsauber geführte Gesangslinien hören und riss das Publikum zu Ovationen hin, und auch die Einspringerin Kate Aldrich konnte als Ascanio rundum überzeugen.
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