"Bombensinfonie" und Seelendrama

Die "Sache J. Robert Oppenheimer", aus der Heinar Kipphardt einst ein Theaterstück machte, ist nach wie vor aktuell – sogar in der Orchestermusik: John Adams widmete dem "Vater der Atombombe" erst eine Oper, dann eine Sinfonie. Das Cleveland Orchestra und Franz Welser-Möst präsentieren sie bei ihrem Gastspiel in Köln.
Vielfältig sind die Beziehungen zwischen Deutschland und den USA, im Guten wie im weniger Guten. Die Brooklyn Bridge baute ein Deutscher, die Mondlandung tüftelte ein Nazi-Wissenschaftler aus, die Atombombe zündete ein Deutschstämmiger: Robert Oppenheimer, dessen Vorfahren aus Hessen eingewandert waren, haderte ein Leben lang damit, dass seine Erfindung Hunderttausenden Menschen in Hiroshima und Nagasaki den Tod gebracht hatte. Der innere Konflikt des genialen Forschers, der zudem der Spionage und Sabotage verdächtigt wurde, gibt den idealen Stoff für ein Gelehrtendrama ab – das erkannten auch der Komponist John Adams und sein Librettist Peter Sellars, die "Doctor Atomic" 2005 in San Francisco auf die Bühne brachten. Die "Doctor Atomic Symphony" ist ein instrumentales Kondensat dieser Musik, es ist sozusagen das "Atommodell" der Oper.

Vielfältig sind aber auch die Beziehungen deutschsprachiger Künstler zu den USA, weswegen die Aufführung der "Doctor Atomic Symphony" durch das Cleveland Orchestra in Köln in einer langen Tradition steht: Es dirigiert der österreichische Chef des Hauses, Franz Welser-Möst. Sein Vorgänger in Cleveland, Christoph von Dohnányi, hat ungarische Wurzeln; dessen legendärer Vorgänger George Szell war ein Ungar, der wiederum den Österreicher Erich Leinsdorf beerbt hatte. Kein Wunder, dass das Cleveland Orchestra nicht nur als eines der besten der USA gilt, sondern auch als besonders "europäisch" gerühmt wird.

Carl Maria von Webers "Euryanthe"-Ouvertüre und die vierte Sinfonie von Peter Tschaikowsky – seine erste "große" Sinfonie – runden das beziehungsreiche Gastspiel des Spitzenorchesters ab.


Kölner Philharmonie
Aufzeichnung vom 30.10.11

Carl Maria von Weber
Ouvertüre zur Großen heroisch-romantischen Oper "Euryanthe" op. 81

John Adams
"Doctor Atomic Symphony"

ca. 20:45 Uhr Konzertpause mit Nachrichten
Olaf Wilhelmer im Gespräch mit Franz Welser-Möst

Peter Tschaikowsky
Sinfonie Nr. 4 f-Moll op. 36


The Cleveland Orchestra
Leitung: Franz Welser-Möst