Bollywood macht glücklich

Von Daniela Mayer · 15.03.2006
Das Interesse an der indischen Kultur boomt in Deutschland. Auf der Leipziger Buchmesse präsentieren sich ab 16. März indische Autoren, indische Musiker füllen Konzertsäle und seit Monaten stehen Bollywood-Filme in den Kino- DVD-Charts weit oben. Zu verdanken ist das auch dem Kölner Filmverleih Rapideyemovies und seinem Mitbegründer Stephan Holl. Er brachte die Filme vor vier Jahren erstmals auf deutsche Leinwände.
Schöne Bilder, schöne Menschen, schöne Kleider, viel Liebe, viel Herzschmerz, viel Tanz und viel Gesang. Das ist "Kabhi Khusi Kabhie Gham" – "In guten wie in schlechten Tagen" – ein Blockbuster aus Bollywood und der Film mit dem Stephan Holls Liebe für das indische Kino begann.

"Das ist ein Film, ich glaube ich hab den zehnmal im Kino gesehen in unterschiedlichsten Konstellationen, ob das Open Air war, mit meiner Familie mit meinen Kindern zusammen oder irgendwo auf einem Festival."

"Wie zum Beispiel in Cannes – vor vier Jahren."

Damals bekamen Stephan Holl und seine Frau Antoinette Köster den bis dahin in Deutschland unbekannten Film von einem indischen Produzenten als DVD überreicht. Oder, wie es Stephan Holl poetischer formuliert, damals hat "Kabhi Khusi Kabhie Gham" sie gefunden.

Das klingt wie eine Liebeserklärung an einen Liebesfilm und so in der Art ist es auch gemeint. Wenn der 40-jährige Kölner von diesem Film spricht fällt die Hülle des sonst taffen Geschäftsmanns. Entspannt lehnt er sich in seinem lässigen Cordanzug zurück, gibt seinem sachlichen Ton eine sanftere Note, fährt sich kurz verlegen über das braune, kurze Haar und erinnert sich lächelnd an das erste Anschauen des Films.

"Antoinette und ich haben diesen Film über drei Abende verteilt geschaut, und da haben wir auch richtig Rotz und Wasser geheult, und so hat das , wie soll ich sagen, dieses wirkliche Mitteilungsbedürfnis, dass wir das den Leuten nicht vorenthalten wollten, diesen wunderbaren Film zu sehen."

Das ist Stephan Holl und Antoinette Köster mit ihrem Filmverleih rapideyemovies gründlich gelungen. "Kabhi Khushi Kabhie Gham" lief im Kino, auf DVD und sogar im Fernsehen zur besten Sendezeit, und darauf ist Stephan Holl bei all seiner Bescheidenheit auch stolz. Schließlich haben er und seine Mitarbeiter skeptische Kinobetreiber und Fernsehmacher durch ihre Leidenschaft für Bollywood überzeugt und einen Boom ausgelöst. In Kinos, in Clubs und bei dem zweifachen Vater Stephan Holl zu Hause:

"Also meine Töchter, die tanzen und üben irgendwelche Sachen ein und der ganze Kindergarten ist völlig begeistert von indischer Musik und das hat tatsächlich vor zwei Jahren sich ausgebreitet, halt auf sehr schöne Art."

Ausgebreitet hat sich inzwischen auch Rapideyemovies - in einem großen, stylish eingerichteten Loft in der Kölner Innenstadt – und ganz oben in den Kino- und DVD Charts. Drei weitere Filme hat Stephan Holls Filmverleih auf deutsche Leinwände gebracht, 15 sind auf DVD erschienen, alle entdeckt, übersetzt und promoted von Stephan Holl und seinem inzwischen 20-köpfigen Team.

"Bollywood macht glücklich. Aber Bollywood macht eben auch sehr viel Arbeit."

Vor allem für ihn und seine Frau, die Rapideyemovies mit leitet und im Wechsel oder auch mal gemeinsam mit Mann und den kleinen Kindern durch die Welt tourt. Um Kontakte mit Produzenten zu pflegen und natürlich um neue Filme auszuwählen.

"Das heißt für uns auch das wir regelmäßig in Bombay sind und auch sonst in Indien unterwegs sind, um Filme direkt vor Ort zu sehen, natürlich gehört auch dazu auf internationalen Filmefestivals wie in Cannes oder Berlin zu schauen und da die Augen und Ohren offen zu halten."

Zeit um sich privat einen Film anzusehen bleibt da "zu selten. Zu selten", sagt Stephan Holl mit Bedauern, denn mit seiner Leidenschaft fürs Kino hat vor 20 Jahren alles begonnen. Neben seinem Physikstudium arbeitete Stephan Holl als Vorführer in Programmkinos und als Assistent bei Filmproduktionen und gründete schließlich den Kölner Filmclub 813 - mit dem Resultat:

"Dass das Maß an Naturwissenschaft immer kleiner wurde und das Maß an Kinobesuchen oder Arbeit im Kino größer wurde. Und aus diesem ganzen Werdegang hat sich dann irgendwann dieses merkwürdige Berufsbild, oder dieses Konzept Rapideyemovies entwickelt."

Das war Mitte der 90er. Schon damals konzentrierte sich Stephan Holl auf den asiatischen Film, machte sich auf die Suche.

"''Wo ist was los, im nicht-europäischen, im nicht-amerikanischen Kino, wo sind da gerade die interessantesten Entwicklungen, wo ist das radikalste Filmemachen, wo sind Erzählformen, die man so bei uns noch nicht gesehen hat, die einem wirklich das Staunen beibringen.""

Und daran hat sich bis heute nichts geändert. Gerade ist eine Filmreihe gestartet mit Krimis aus Korea. Denn neben den wunderbar kitschigen Hindi-Filmen aus Bollywood will Stephan Holl auch andere Filmgenres aus den asiatischen Ländern auf den von Hollywood-dominierten deutschen Markt etablieren.

"Ich möchte nichts anderes tun. Also ich finde diesen Beruf, ich nenn das jetzt mal 'Unter die Leute Bringer Beruf', den finde ich großartig und bin da im Grunde jeden Tag dankbar für und ich hoffe dass das noch eine Weile anhält, das wir die Chance haben dies zu tun."