Bösartiges Nachschlagewerk
Ambrose Bierces Kompendium strotzt vor Bösartigkeiten. Das 1911 publizierte Werk enthält Definitionen aus Sicht eines Zynikers. Die jetzt vorgelegte Übersetzung von Gisbert Haefs zeigt: Nicht alles ist witzig. Aber vieles schon.
Nicht ohne Grund widmet sich der letzte Eintrag in diesem Wörterbuch dem Zyniker. Ambroce Bierce war selbst einer, vermutlich einer der größten, die je gelebt haben. „Schuft, dessen fehlerhafte Wahrnehmung die Dinge sieht, wie sie sind, statt wie sie sein sollten“, so definiert Bierce den Typus des Zynikers im letzten der hier versammelten rund 1150 Artikel.
Diese Ausgabe von „Des Teufels Wörterbuch“ (das im angloamerikanischen Raum in den vergangenen gut hundert Jahren in diversen Fassungen unter den Titeln „The Demon's Dictionary“, „The Devil's Dictionary“ bzw. „The Cynic's Word Book“ erschienen ist) ist die bisher voluminöseste.
Diese Ausgabe von „Des Teufels Wörterbuch“ (das im angloamerikanischen Raum in den vergangenen gut hundert Jahren in diversen Fassungen unter den Titeln „The Demon's Dictionary“, „The Devil's Dictionary“ bzw. „The Cynic's Word Book“ erschienen ist) ist die bisher voluminöseste.
Telefon hebt die Möglichkeit zur Distanz auf
Sie ist in weiten Teilen hochkomisch. Auch wenn Bierce von der uns heute versklavenden, weil an der Kette ständiger Erreichbarkeit haltenden Mobil-Telefonie noch nichts ahnen konnte, so ist doch sein Eintrag zum Telefon von zeitloser Eleganz: „Einige der ersprießlichsten Möglichkeiten, eine lästige Person auf Distanz zu halten, werden durch das T. aufgehoben.“
Lange bevor die Vereinigten Staaten zur Geburts- und Heimstätte der politischen Korrektheit wurden, polterte Bierce: „Einwanderer: unerleuchtete Person, die ein Land für besser hält als ein anderes“ beziehungsweise „anders: auch nicht besser“. Gerade in der epigrammatischen Kürze liegt die Stärke dieses Kompendiums, etwa wenn es unter dem Buchstaben E heißt: „einmal: genug“.
Was ist ein Kenner? Ganz einfach, ein „Spezialist, der alles über etwas und nichts über alles andere weiß“. Bierce war halt ein Experte in Sachen Böszüngigkeit und gewiss kein Freund verbaler Verhüllungen: „Euphemismus: rhetorische Figur; wird verwendet, um die herbe Schroffheit der Tatsachen durch eine unangemessen milde Umschreibung zu beschönigen; etwa indem man einen bestimmten Politiker als zu 99 Prozent geistesgestört bezeichnet“.
Lange bevor die Vereinigten Staaten zur Geburts- und Heimstätte der politischen Korrektheit wurden, polterte Bierce: „Einwanderer: unerleuchtete Person, die ein Land für besser hält als ein anderes“ beziehungsweise „anders: auch nicht besser“. Gerade in der epigrammatischen Kürze liegt die Stärke dieses Kompendiums, etwa wenn es unter dem Buchstaben E heißt: „einmal: genug“.
Was ist ein Kenner? Ganz einfach, ein „Spezialist, der alles über etwas und nichts über alles andere weiß“. Bierce war halt ein Experte in Sachen Böszüngigkeit und gewiss kein Freund verbaler Verhüllungen: „Euphemismus: rhetorische Figur; wird verwendet, um die herbe Schroffheit der Tatsachen durch eine unangemessen milde Umschreibung zu beschönigen; etwa indem man einen bestimmten Politiker als zu 99 Prozent geistesgestört bezeichnet“.
Nicht automatisch brüllendes Gelächter
Aber nicht jeder dieser diabolischen Einträge ist gelungen. Manche sind reichlich mau, zum Beispiel dieser reichlich unlustige: „Unsinn: alle gegen dieses Wörterbuch erhobenen Einwände“. Auch bricht nicht automatisch in brüllendes Gelächter aus, wer liest: „Historiker: Breitspur-Klatschmaul“. Darüber hinaus hat, wie auch der kongeniale Übersetzer und Herausgeber Gisbert Haefs im Nachwort anmerkt, mancher Witz dieses Werks Patina angesetzt oder ist so sehr mit heute längst vergessenen Personen und Ereignissen verbunden, dass er sich ohne erläuternde Beiworte schlicht nicht mehr transportiert. Allein, „erklärter Witz ist nimmer spitz“, reimt Haefs zu Recht.
Eben jener Gisbert Haefs hat vorzeiten übrigens auch ein anderes großartiges Wörterbuch übersetzt: Gustave Flauberts „Wörterbuch der Gemeinplätze“. Über dieses „Dictionnaire des idées reçues“ hat Julian Barnes einmal etwas geschrieben, was auch auf Bierces Wörterbuch zutrifft: „Es ist eines von den Büchern, nach denen man vielleicht greift, wenn man verzweifeln könnte vor Wut über die Welt und ihren Schwachsinn, und das man schon bald wieder aus der Hand legt mit dem tröstlichen Gedanken, dass ein brillanterer Kopf als man selbst schon früher gemerkt hat, wie die Dinge liegen.“
Besprochen von Knut Cordsen
Eben jener Gisbert Haefs hat vorzeiten übrigens auch ein anderes großartiges Wörterbuch übersetzt: Gustave Flauberts „Wörterbuch der Gemeinplätze“. Über dieses „Dictionnaire des idées reçues“ hat Julian Barnes einmal etwas geschrieben, was auch auf Bierces Wörterbuch zutrifft: „Es ist eines von den Büchern, nach denen man vielleicht greift, wenn man verzweifeln könnte vor Wut über die Welt und ihren Schwachsinn, und das man schon bald wieder aus der Hand legt mit dem tröstlichen Gedanken, dass ein brillanterer Kopf als man selbst schon früher gemerkt hat, wie die Dinge liegen.“
Besprochen von Knut Cordsen
Ambrose Bierce: Des Teufels Wörterbuch
Aus dem amerikanischen Englisch übersetzt und herausgegeben von Gisbert Haefs
Manesse Verlag, Zürich 2013
222 Seiten, 19,95 Euro
Aus dem amerikanischen Englisch übersetzt und herausgegeben von Gisbert Haefs
Manesse Verlag, Zürich 2013
222 Seiten, 19,95 Euro