Böhning: Bundeswehr soll bei "Enduring Freedom" aussteigen
Der Juso-Vorsitzende Björn Böhning forderte indes einen Rückzug der Bundeswehr von der Anti-Terror-Operation "Enduring Freedom". Dieser Einsatz trage nicht dazu bei, in Afghanistan für mehr Frieden zu sorgen. Dieser Einsatz trage nicht dazu bei, in Afghanistan für mehr Frieden zu sorgen, sagte Böhning. "Sowohl in der Bevölkerung, als auch in der Partei insgesamt gibt es eine deutliche Mehrheit zum Ausstieg aus Enduring Freedom", ergänzte er.
Marie Sagenschneider: Björn Böhning, ich grüße Sie.
Björn Böhning: Schönen guten Morgen.
Sagenschneider: Die Linke soll es nicht sein, stattdessen spekuliert SPD-Chef Kurt Beck jetzt über ein Bündnis mit den Grünen und der FDP. Ein bisschen klingt das schon nach Verzweiflung, oder?
Böhning: Ich denke schon, dass Farbenspiele uns in der derzeitigen Situation nicht weiterhelfen, sondern nur eine klar konturierte Politik. Und es wird auch jedem Menschen und jedem Bewohner dieses Landes einsichtig sein, dass eine solche Koalition mit der Ampel höchst voraussetzungsreich ist. Und deswegen glaube ich, hilft es nicht weiter, darüber in der Öffentlichkeit zu spekulieren.
Sagenschneider: Zumal es nach dem jetzigen Umfragestand noch nicht mal für eine Mehrheit reichen würde mit der Ampel, oder?
Böhning: Das derzeit so zu sein. Insofern glaube ich, ist es wichtig, dass die SPD eine gute Positionierung erlangt, dass die SPD programmatisch in der Großen Koalition vorangeht, und dann werden sich die Partner schon finden.
Sagenschneider: Sie sagen, Sie wünschen sich einen klaren Kurs. Gibt es den nicht in der SPD derzeit?
Böhning: Ich denke zum Beispiel im Bereich der Friedenspolitik könnten wir sehr viel deutlich, klarer konturierter, deutlich machen, an welchen Punkten wir eine friedenspolitische Strategie verfolgen, wo wir Militäreinsatz für sinnvoll halten und an welchen Stellen nicht. Das sage ich insbesondere mit Blick auf Afghanistan, wo wir aus meiner Sicht dringend aus Enduring Freedom aussteigen müssen, weil dieser Einsatz nicht dazu hilft, in Afghanistan für mehr Frieden zu sorgen.
Sagenschneider: Das sehen die Spitzen derzeit anders, der SPD.
Böhning: Das sehen die Spitzen derzeit anders, dort ist die Begründung aber vor allem die Bündnisverpflichtung und weniger, dass Enduring Freedom ein so erfolgreiches Mandat gewesen ist. Insofern glaube ich, sowohl in der Bevölkerung, als auch in der Partei insgesamt gibt es eine deutliche Mehrheit zum Ausstieg aus Enduring Freedom.
Sagenschneider: Das heißt, im Herbst, wenn dann die Entscheidung über die drei Afghanistaneinsätze anstehen, Enduring Freedom, Tornado und ISAF, dann wird die SPD mehrheitlich gegen die Weiterführung von Enduring Freedom, der Operation Enduring Freedom stimmen?
Böhning: Das vermag ich jetzt noch nicht zu sagen. Ich glaube, dass es eine breite Diskussion innerhalb der SPD gibt. Wie sich dann die Fraktion aufstellt, kann ich nicht wissen. Ich weiß nur, dass innerhalb der Partei sehr kritische Diskussionen zu diesem Einsatz gibt und ich kann nur raten, diese Frage nicht im Schweinsgalopp durch die Flure des Bundestages zu jagen.
Sondern zu versuchen, möglichst sehr deutlich zu sagen, dass wir im Bereich ISAF dafür gesorgt haben, dass Zivilgesellschaft aufgebaut wird, Sicherheitskräfte, Staatsapparate aufgebaut werden, militärisch unterstützt, dass aber Enduring Freedom das zu mehr Eskalation, zu mehr Gewalt geführt hat, und insofern man eine deutliche Unterscheidung treffen muss.
Sagenschneider: Wenn Sie einen klaren Kurs wünschen, wo wünschen Sie sich in der SPD jenseits der friedenspolitischen Strategien?
Böhning: Ich glaube, dass wir Ende August bei der Kabinettsklausur das Thema Jugendarbeitslosigkeit und Ausbildungschancen für junge Menschen ganz oben auf die Tagesordnung heben müssen, das muss ein sozialdemokratisches Kernthema werden, dass wir die Interessen junger Menschen stärker vertreten, als in der Vergangenheit. Das heißt, wir wollen das BAföG erhöhen, damit mehr junge Menschen studieren können und wir wollen auch dafür sorgen, dass es so etwas Vollbeschäftigung bei jungen Menschen gibt. Sprich jeder kriegt ein Angebot und jeder kriegt die Chance, …
Sagenschneider: Wie, Herr Böhning, erklären Sie sich überhaupt den tiefen Fall der SPD? Warum schneidet die SPD so schlecht ab im Gegensatz zur Union in den Umfragen?
Böhning: Grundsätzlich ist das in Großen Koalitionen stetig so gewesen in der Geschichte der Bundesrepublik, dass der kleinere Partner massiv verloren hat an Vertrauen, auch an Glaubwürdigkeit. Das zeigt sich auch jetzt in dieser Großen Koalition. Die Kanzlerin überstrahlt natürlich auch alles, da ist inhaltlich auch meist nicht so viel daher, wie derzeit dargestellt wird. Trotzdem ist das für einen kleineren Koalitionspartner schwierig.
Und jetzt heißt es natürlich für die SPD auch im Blick auf 2009, sehr viel deutlicher zu sagen, was man will, und zum Beispiel wie beim Thema Mindestlohn dann auch zu sagen, okay, es gibt in dieser Großen Koalition für so etwas wie einen Mindestlohn, für sozialpolitische Themen keine Mehrheit und jetzt geht es darum, jenseits der Großen Koalition dafür zu kämpfen.
Sagenschneider: Ja, andererseits, so viel kleiner ist die SPD als Partner nicht. Und sie besetzen immerhin wichtige Schlüsselpositionen in den Ministerien.
Böhning: Es ist richtig, es rächt sich ja vielleicht ein wenig jetzt, dass wir kein wirkliches Gestaltungsressort wie das Bildungs- oder das Familienministerium gewählt haben. Aber es hilft da jetzt auch kein Jammern, sondern es heißt jetzt darum, diese Ressorts auch auszuprägen und die Große Koalition und die CDU auch in die Verantwortung zu nehmen, sich nicht nur sozusagen in der Sonne zu scheinen, sondern auch hier die Dinge, die da beschlossen werden, auch mitzutragen. Und ich sehe doch bei vielen Themen, dass die Union sich stetig wieder absetzt von unseren Positionen. Und das, denke ich, muss man auch einfordern.
Sagenschneider: Wenn wir schon den Blick auf die nächste Bundestagswahl richten, Herr Böhning, dann können wir ja gleich auch mal über den potentiellen Kanzlerkandidaten sprechen. Naturgemäß wäre es SPD-Chef Kurt Beck, aber beliebter sind derzeit Außenminister Steinmeier und Berlins regierender Bürgermeister Wowereit. Wird das noch mal eine spannende Frage werden für die Sozialdemokraten?
Böhning: Ich glaube nicht, denn Kurt Beck wird zu gegebenem Zeitpunkt einen Vorschlag machen. Er hat das erste Zugriffsrecht. Und meine Unterstützung hat er, wenn er sich selbst wählt.
Sagenschneider: Und das war’s dann?
Böhning: Das war’s dann, weil ich glaube, dass Kurt Beck für die SPD steht und auch für die Interessen derjenigen, die die SPD vertritt. Und man soll sich nicht darüber wundern, Kurt Beck ist jemand, der nicht nur die volle Unterstützung der Partei hat, sondern glaube ich auch auf den Marktplätzen des Landes sehr gut ankommt.
Sagenschneider: Kommen wir noch mal zurück auf die Farbenspiele vom Anfang. Und zwar auf die Linke, die für die Sozialdemokraten ja ein rotes Tuch ist. Aber Sie selbst, Herr Böhning, haben gesagt, das müsse nicht auf ewig gelten. Was muss denn geschehen, dass Sie tatsächlich in Rot-Rot eine Option sehen?
Böhning: Die Linkspartei muss sich entwickeln zu einer Partei, die nicht mehr eine Drei-Parteien-Partei ist, sondern eine klare Programmatik hat, mit der man sich auseinandersetzen kann. Derzeit hangelt sie sich von Populismus à la Lafontaine über pragmatische Regierungsbeteiligung in Berlin und ostdeutsche Sozialromantik hin und her. Ich glaube, jetzt ist die Linkspartei gefragt. Die SPD steht, sie hat ihr Programm. Und daran kann sich die Linkspartei gerne abarbeiten, nicht umgekehrt.
Sagenschneider: Björn Böhning war das. Er ist Juso-Vorsitzender und auch Mitglied des SPD-Parteivorstands. Ich danke Ihnen.
Böhning: Gerne.
Björn Böhning: Schönen guten Morgen.
Sagenschneider: Die Linke soll es nicht sein, stattdessen spekuliert SPD-Chef Kurt Beck jetzt über ein Bündnis mit den Grünen und der FDP. Ein bisschen klingt das schon nach Verzweiflung, oder?
Böhning: Ich denke schon, dass Farbenspiele uns in der derzeitigen Situation nicht weiterhelfen, sondern nur eine klar konturierte Politik. Und es wird auch jedem Menschen und jedem Bewohner dieses Landes einsichtig sein, dass eine solche Koalition mit der Ampel höchst voraussetzungsreich ist. Und deswegen glaube ich, hilft es nicht weiter, darüber in der Öffentlichkeit zu spekulieren.
Sagenschneider: Zumal es nach dem jetzigen Umfragestand noch nicht mal für eine Mehrheit reichen würde mit der Ampel, oder?
Böhning: Das derzeit so zu sein. Insofern glaube ich, ist es wichtig, dass die SPD eine gute Positionierung erlangt, dass die SPD programmatisch in der Großen Koalition vorangeht, und dann werden sich die Partner schon finden.
Sagenschneider: Sie sagen, Sie wünschen sich einen klaren Kurs. Gibt es den nicht in der SPD derzeit?
Böhning: Ich denke zum Beispiel im Bereich der Friedenspolitik könnten wir sehr viel deutlich, klarer konturierter, deutlich machen, an welchen Punkten wir eine friedenspolitische Strategie verfolgen, wo wir Militäreinsatz für sinnvoll halten und an welchen Stellen nicht. Das sage ich insbesondere mit Blick auf Afghanistan, wo wir aus meiner Sicht dringend aus Enduring Freedom aussteigen müssen, weil dieser Einsatz nicht dazu hilft, in Afghanistan für mehr Frieden zu sorgen.
Sagenschneider: Das sehen die Spitzen derzeit anders, der SPD.
Böhning: Das sehen die Spitzen derzeit anders, dort ist die Begründung aber vor allem die Bündnisverpflichtung und weniger, dass Enduring Freedom ein so erfolgreiches Mandat gewesen ist. Insofern glaube ich, sowohl in der Bevölkerung, als auch in der Partei insgesamt gibt es eine deutliche Mehrheit zum Ausstieg aus Enduring Freedom.
Sagenschneider: Das heißt, im Herbst, wenn dann die Entscheidung über die drei Afghanistaneinsätze anstehen, Enduring Freedom, Tornado und ISAF, dann wird die SPD mehrheitlich gegen die Weiterführung von Enduring Freedom, der Operation Enduring Freedom stimmen?
Böhning: Das vermag ich jetzt noch nicht zu sagen. Ich glaube, dass es eine breite Diskussion innerhalb der SPD gibt. Wie sich dann die Fraktion aufstellt, kann ich nicht wissen. Ich weiß nur, dass innerhalb der Partei sehr kritische Diskussionen zu diesem Einsatz gibt und ich kann nur raten, diese Frage nicht im Schweinsgalopp durch die Flure des Bundestages zu jagen.
Sondern zu versuchen, möglichst sehr deutlich zu sagen, dass wir im Bereich ISAF dafür gesorgt haben, dass Zivilgesellschaft aufgebaut wird, Sicherheitskräfte, Staatsapparate aufgebaut werden, militärisch unterstützt, dass aber Enduring Freedom das zu mehr Eskalation, zu mehr Gewalt geführt hat, und insofern man eine deutliche Unterscheidung treffen muss.
Sagenschneider: Wenn Sie einen klaren Kurs wünschen, wo wünschen Sie sich in der SPD jenseits der friedenspolitischen Strategien?
Böhning: Ich glaube, dass wir Ende August bei der Kabinettsklausur das Thema Jugendarbeitslosigkeit und Ausbildungschancen für junge Menschen ganz oben auf die Tagesordnung heben müssen, das muss ein sozialdemokratisches Kernthema werden, dass wir die Interessen junger Menschen stärker vertreten, als in der Vergangenheit. Das heißt, wir wollen das BAföG erhöhen, damit mehr junge Menschen studieren können und wir wollen auch dafür sorgen, dass es so etwas Vollbeschäftigung bei jungen Menschen gibt. Sprich jeder kriegt ein Angebot und jeder kriegt die Chance, …
Sagenschneider: Wie, Herr Böhning, erklären Sie sich überhaupt den tiefen Fall der SPD? Warum schneidet die SPD so schlecht ab im Gegensatz zur Union in den Umfragen?
Böhning: Grundsätzlich ist das in Großen Koalitionen stetig so gewesen in der Geschichte der Bundesrepublik, dass der kleinere Partner massiv verloren hat an Vertrauen, auch an Glaubwürdigkeit. Das zeigt sich auch jetzt in dieser Großen Koalition. Die Kanzlerin überstrahlt natürlich auch alles, da ist inhaltlich auch meist nicht so viel daher, wie derzeit dargestellt wird. Trotzdem ist das für einen kleineren Koalitionspartner schwierig.
Und jetzt heißt es natürlich für die SPD auch im Blick auf 2009, sehr viel deutlicher zu sagen, was man will, und zum Beispiel wie beim Thema Mindestlohn dann auch zu sagen, okay, es gibt in dieser Großen Koalition für so etwas wie einen Mindestlohn, für sozialpolitische Themen keine Mehrheit und jetzt geht es darum, jenseits der Großen Koalition dafür zu kämpfen.
Sagenschneider: Ja, andererseits, so viel kleiner ist die SPD als Partner nicht. Und sie besetzen immerhin wichtige Schlüsselpositionen in den Ministerien.
Böhning: Es ist richtig, es rächt sich ja vielleicht ein wenig jetzt, dass wir kein wirkliches Gestaltungsressort wie das Bildungs- oder das Familienministerium gewählt haben. Aber es hilft da jetzt auch kein Jammern, sondern es heißt jetzt darum, diese Ressorts auch auszuprägen und die Große Koalition und die CDU auch in die Verantwortung zu nehmen, sich nicht nur sozusagen in der Sonne zu scheinen, sondern auch hier die Dinge, die da beschlossen werden, auch mitzutragen. Und ich sehe doch bei vielen Themen, dass die Union sich stetig wieder absetzt von unseren Positionen. Und das, denke ich, muss man auch einfordern.
Sagenschneider: Wenn wir schon den Blick auf die nächste Bundestagswahl richten, Herr Böhning, dann können wir ja gleich auch mal über den potentiellen Kanzlerkandidaten sprechen. Naturgemäß wäre es SPD-Chef Kurt Beck, aber beliebter sind derzeit Außenminister Steinmeier und Berlins regierender Bürgermeister Wowereit. Wird das noch mal eine spannende Frage werden für die Sozialdemokraten?
Böhning: Ich glaube nicht, denn Kurt Beck wird zu gegebenem Zeitpunkt einen Vorschlag machen. Er hat das erste Zugriffsrecht. Und meine Unterstützung hat er, wenn er sich selbst wählt.
Sagenschneider: Und das war’s dann?
Böhning: Das war’s dann, weil ich glaube, dass Kurt Beck für die SPD steht und auch für die Interessen derjenigen, die die SPD vertritt. Und man soll sich nicht darüber wundern, Kurt Beck ist jemand, der nicht nur die volle Unterstützung der Partei hat, sondern glaube ich auch auf den Marktplätzen des Landes sehr gut ankommt.
Sagenschneider: Kommen wir noch mal zurück auf die Farbenspiele vom Anfang. Und zwar auf die Linke, die für die Sozialdemokraten ja ein rotes Tuch ist. Aber Sie selbst, Herr Böhning, haben gesagt, das müsse nicht auf ewig gelten. Was muss denn geschehen, dass Sie tatsächlich in Rot-Rot eine Option sehen?
Böhning: Die Linkspartei muss sich entwickeln zu einer Partei, die nicht mehr eine Drei-Parteien-Partei ist, sondern eine klare Programmatik hat, mit der man sich auseinandersetzen kann. Derzeit hangelt sie sich von Populismus à la Lafontaine über pragmatische Regierungsbeteiligung in Berlin und ostdeutsche Sozialromantik hin und her. Ich glaube, jetzt ist die Linkspartei gefragt. Die SPD steht, sie hat ihr Programm. Und daran kann sich die Linkspartei gerne abarbeiten, nicht umgekehrt.
Sagenschneider: Björn Böhning war das. Er ist Juso-Vorsitzender und auch Mitglied des SPD-Parteivorstands. Ich danke Ihnen.
Böhning: Gerne.