Bodewig: Beck hat "Kommunikationsdesaster" ausgelöst
Der SPD-Politiker Kurt Bodewig hat eine Zusammenarbeit mit der Linkspartei abgelehnt. "Wer hört, wenn Lafontaine über die SPD spricht, der hört den puren Hass", sagte Bodewig. Das sei keine gute Basis für eine Zusammenarbeit.
Jörg Degenhardt: Die politische Debatte in Deutschland dürfte auch in dieser neuen Woche vom Streit in der SPD über den Parteivorsitzenden Beck und den Umgang mit der Linken bestimmt werden. Dazu tagen heute der Parteirat sowie weitere Gremien. Auf ihren Chef müssen die Sozialdemokraten weiter verzichten. Beck hat sich für die gesamte Woche krankgemeldet. Statt seiner ist SPD-Vize Steinmeier als Krisenmanager gefragt. Das war er auch schon am Wochenende, als er einen Pressebericht über seine angeblich verabredete Kanzlerkandidatur als Unsinn zurückgewiesen hat.
Der Tanker SPD ist in unsicheres Fahrwasser geraten. Über die Stimmung an Bord und den Kurs des Kapitäns wollen wir jetzt reden. Kurt Bodewig ist am Telefon. Der SPD-Politiker war unter Gerhard Schröder mal Verkehrsminister. Er gehörte zum Kompetenzteam von Michael Naumann, dem SPD-Spitzenkandidaten für Hamburg, und in seiner Partei gehört er zu den sogenannten Netzwerkern. Das ist ein Verbund aus jüngeren und pragmatisch orientierten Bundestagsabgeordneten und Landespolitikern. Guten Morgen Herr Bodewig!
Kurt Bodewig: Guten Morgen Herr Degenhardt!
Degenhardt: Gibt es denn heute vom Parteirat, der ja den Vorstand in wichtigen Fragen berät, weiteren Gegenwind für Beck? Was vermuten Sie?
Bodewig: Ich glaube, dass intensiv darüber diskutiert wird, wie das Verhältnis zur Linken sein wird. Aber ansonsten wünsche ich erst mal Kurt Beck gute Besserung und glaube, dass er wirklich gesundheitlich wieder auf den Damm kommen wird. Er ist wirklich krank, und das wird gelegentlich in der Presse etwas negativ dargestellt, aber es hat ihn schwer erwischt.
Degenhardt: Drei Fünftel aller Deutschen halten Beck als Kanzlerkandidat für ungeeignet. Keine Nachricht, die ihn wirklich wieder schneller gesund werden lässt. Wird er es trotzdem bleiben? Wie sieht das die SPD selbst?
Bodewig: Wir haben eine klare Regelung in der SPD. Der Parteivorsitzende hat das Vorschlagsrecht. Aber es gibt aber auch die Vereinbarung, dass wir erst im kommenden Jahr entscheiden wollen, wer der Kanzlerkandidat sein wird. Das wird dann der Kandidat sein, der die besten Chancen auch bekommt, denn wir wollen die Bundestagswahl gewinnen.
Degenhardt: Ist das Kurt Beck zurzeit?
Bodewig: Ich glaube, dass es ganz gut ist, dass wir diese Frage zurzeit lösen. Es gibt im Moment so eine Aufgeregtheit, die mit Sicherheit nicht mit Sachlichkeit zu tun hat. Kurt Beck hat leider ein Kommunikationsdesaster vor der Hamburg-Wahl ausgelöst. Das war auch zumindest für Hamburg wahlentscheidend. Aber es ist im Moment nicht die Debatte über die Kanzlerkandidatur.
Degenhardt: Gut! Dann zum inhaltlichen: Kurt Beck will die SPD Richtung Linkspartei öffnen. Was ist falsch daran, außer wie Sie es schon gesagt haben die Art und Weise, wie er das kommuniziert hat?
Bodewig: Also ich glaube, dass die Linkspartei eine zutiefst antieuropäische populistische Partei ist und auch außenpolitisch auf einem abenteuerlichen Kurs ist. Wer die Kollegen der Linkspartei im Bundestag hört, für die ist Chávez in Venezuela ein Vorbild oder Kuba als Gesellschaftsmodell. Das ist nicht akzeptabel für die Bundesrepublik Deutschland.
Zudem - auch das muss man sagen -, die Linkspartei als populistische Partei macht viele Versprechungen und diese Versprechungen gehen in der Regel auf Pump. Das heißt also, man muss den Bürgern sagen, was geht und was nicht geht, und das macht diese Partei mit Sicherheit nicht.
Degenhardt: Aber gehören nicht links und links zusammen? Ich meine für einen demokratischen Sozialismus sind doch beide Parteien – also Ihre doch auch?
Bodewig: Also Oskar Lafontaine hat die SPD systematisch verleumdet und er führt auch in der Linkspartei einen Kurs, der gegen die SPD gerichtet ist. Das passt nicht zusammen. Wer hört, wenn Oskar Lafontaine über die SPD spricht, der hört den puren Hass, und ich glaube das ist keine gute Basis für Zusammenarbeit. Aber für uns ist aber viel entscheidender, dass wir aufgrund inhaltlicher Punkte mit der Linkspartei nicht kooperieren können: außenpolitisch, europapolitisch oder auch in der Frage der demographischen Entwicklung.
Degenhardt: Hier geht es ja um Bündnisse auf Landesebene, und da könnte ich mir vorstellen zum Beispiel in Sachen Mindestlohn, dass sie da vielleicht mit der Linkspartei besser zusammenarbeiten könnten als etwa mit den Grünen.
Bodewig: Die SPD ist für soziale Gerechtigkeit, und wir wissen, dass wenn Europa zusammenwächst wir nach unten eine Absicherung brauchen. Deswegen sind wir für den Mindestlohn. Aber die Linkspartei hat ja sehr unterschiedliche Gesichter. In Berlin arbeiten sie sehr konstruktiv zusammen, aber in Mecklenburg-Vorpommern waren sie die Opposition in der Regierung mit einem großen destruktiven Faktor. Ich glaube, das muss man vor Ort in den Ländern entscheiden. Meine Einschätzung ist, dass die Linkspartei als Gänze überhaupt nicht regierungsfähig ist.
Degenhardt: Sie haben es angedeutet, Herr Bodewig; das hätte ich als nächstes fragen wollen. Im Osten hat sich die SPD ja bereits in Sachsen-Anhalt von der PdS dulden lassen, in Schwerin mit den SED-Nachfolgern zusammenregiert, macht das in Berlin noch immer und im Westen gibt es jetzt den großen Aufschrei wegen Hessen, obwohl da ja noch gar nichts passiert ist. Sind die Linken im Westen ja gefährlicher als die im Osten?
Bodewig: Ich glaube, dass die Linken im Westen eine ganz bunte Truppe ist. Da sind ehemalige kommunistische Sektierer zusammengekommen. Es sind natürlich auch ehemalige Sozialdemokraten. Deswegen will ich nicht die Menschen über einen Kamm kehren, aber in ihrer Politikkonzeption sind sie nicht regierungsfähig. Berlin ist ein progressives Beispiel dafür, dass sie Verantwortung übernehmen wollen, aber es ist auch nur noch ein kleiner Kern, der das will. Man sieht ja auch: Gerade aus Berlin kommt die heftigste Kritik an Lafontaine.
Aber weil Sie Hessen angesprochen haben: Ich glaube in Hessen ist das größte Problem eigentlich die Verweigerungshaltung der FDP. Wenn Westerwelle da weiter blockiert, dann ist das gefährlich für eine parlamentarische Demokratie, weil damit Mehrheiten für eine Regierungsbildung nicht mehr möglich ist. Mir wäre in Hessen die Ampel am liebsten!
Degenhardt: Wir bleiben aber noch mal bei Ihrer Partei, Herr Bodewig: bei der SPD. Was empfehlen Sie denn den Sozialdemokraten, damit endlich wieder Ruhe einkehrt? Ein Sonderparteitag vielleicht, um das Verhältnis zu den Linken endgültig zu klären?
Bodewig: Nein. Ich empfehle der SPD, dass sie sich mit den Linken inhaltlich auseinandersetzt. Die Linken sind ja nicht das, was Lafontaine vorgibt zu sein. Die Linken sind zutiefst populistisch. Und wenn Sie sich an die kurze Zeit von Lafontaine als Finanzminister erinnern; in dieser Zeit hat er die finanzielle Situation der Bundesrepublik ja nun massiv erschüttert. Erst Hans Eichel konnte wieder mit einem strikten Sparkurs eine Solidität der Bundesfinanzen wieder herstellen. So jemand wie Lafontaine ist jemand, dem es nur um eins geht, nämlich um sich selbst und das heißt er verspricht allen alles, um eben sich selbst egomanisch voranzubringen.
Degenhardt: Weil Sie immer wieder Lafontaine erwähnen, da muss ich jetzt doch noch mal nachfragen. Kurz vor der Bundestagswahl wird im Saarland gewählt. Angenommen Saarland oder Lafontaine stellt dort mit der Linken die stärkste Kraft, was sagen Sie dann Ihrem Kollegen Herrn Maas? Soll er sich dann als Juniorpartner in diese Koalition begeben oder dann doch eher mit der CDU eine Große Koalition machen?
Bodewig: Wenn er sich als Juniorpartner mit Oskar Lafontaine ins Bett legt, dann ist das für die Partei dort sehr gefährlich. Ich glaube das geht nicht, denn Oskar Lafontaine wird das sein was er bisher war: ein destruktiver Punkt in der deutschen Bundespolitik.
Degenhardt: Vielen Dank für das Gespräch. Das war der SPD-Politiker und ehemalige Bundesverkehrsminister Herr Bodewig.
Der Tanker SPD ist in unsicheres Fahrwasser geraten. Über die Stimmung an Bord und den Kurs des Kapitäns wollen wir jetzt reden. Kurt Bodewig ist am Telefon. Der SPD-Politiker war unter Gerhard Schröder mal Verkehrsminister. Er gehörte zum Kompetenzteam von Michael Naumann, dem SPD-Spitzenkandidaten für Hamburg, und in seiner Partei gehört er zu den sogenannten Netzwerkern. Das ist ein Verbund aus jüngeren und pragmatisch orientierten Bundestagsabgeordneten und Landespolitikern. Guten Morgen Herr Bodewig!
Kurt Bodewig: Guten Morgen Herr Degenhardt!
Degenhardt: Gibt es denn heute vom Parteirat, der ja den Vorstand in wichtigen Fragen berät, weiteren Gegenwind für Beck? Was vermuten Sie?
Bodewig: Ich glaube, dass intensiv darüber diskutiert wird, wie das Verhältnis zur Linken sein wird. Aber ansonsten wünsche ich erst mal Kurt Beck gute Besserung und glaube, dass er wirklich gesundheitlich wieder auf den Damm kommen wird. Er ist wirklich krank, und das wird gelegentlich in der Presse etwas negativ dargestellt, aber es hat ihn schwer erwischt.
Degenhardt: Drei Fünftel aller Deutschen halten Beck als Kanzlerkandidat für ungeeignet. Keine Nachricht, die ihn wirklich wieder schneller gesund werden lässt. Wird er es trotzdem bleiben? Wie sieht das die SPD selbst?
Bodewig: Wir haben eine klare Regelung in der SPD. Der Parteivorsitzende hat das Vorschlagsrecht. Aber es gibt aber auch die Vereinbarung, dass wir erst im kommenden Jahr entscheiden wollen, wer der Kanzlerkandidat sein wird. Das wird dann der Kandidat sein, der die besten Chancen auch bekommt, denn wir wollen die Bundestagswahl gewinnen.
Degenhardt: Ist das Kurt Beck zurzeit?
Bodewig: Ich glaube, dass es ganz gut ist, dass wir diese Frage zurzeit lösen. Es gibt im Moment so eine Aufgeregtheit, die mit Sicherheit nicht mit Sachlichkeit zu tun hat. Kurt Beck hat leider ein Kommunikationsdesaster vor der Hamburg-Wahl ausgelöst. Das war auch zumindest für Hamburg wahlentscheidend. Aber es ist im Moment nicht die Debatte über die Kanzlerkandidatur.
Degenhardt: Gut! Dann zum inhaltlichen: Kurt Beck will die SPD Richtung Linkspartei öffnen. Was ist falsch daran, außer wie Sie es schon gesagt haben die Art und Weise, wie er das kommuniziert hat?
Bodewig: Also ich glaube, dass die Linkspartei eine zutiefst antieuropäische populistische Partei ist und auch außenpolitisch auf einem abenteuerlichen Kurs ist. Wer die Kollegen der Linkspartei im Bundestag hört, für die ist Chávez in Venezuela ein Vorbild oder Kuba als Gesellschaftsmodell. Das ist nicht akzeptabel für die Bundesrepublik Deutschland.
Zudem - auch das muss man sagen -, die Linkspartei als populistische Partei macht viele Versprechungen und diese Versprechungen gehen in der Regel auf Pump. Das heißt also, man muss den Bürgern sagen, was geht und was nicht geht, und das macht diese Partei mit Sicherheit nicht.
Degenhardt: Aber gehören nicht links und links zusammen? Ich meine für einen demokratischen Sozialismus sind doch beide Parteien – also Ihre doch auch?
Bodewig: Also Oskar Lafontaine hat die SPD systematisch verleumdet und er führt auch in der Linkspartei einen Kurs, der gegen die SPD gerichtet ist. Das passt nicht zusammen. Wer hört, wenn Oskar Lafontaine über die SPD spricht, der hört den puren Hass, und ich glaube das ist keine gute Basis für Zusammenarbeit. Aber für uns ist aber viel entscheidender, dass wir aufgrund inhaltlicher Punkte mit der Linkspartei nicht kooperieren können: außenpolitisch, europapolitisch oder auch in der Frage der demographischen Entwicklung.
Degenhardt: Hier geht es ja um Bündnisse auf Landesebene, und da könnte ich mir vorstellen zum Beispiel in Sachen Mindestlohn, dass sie da vielleicht mit der Linkspartei besser zusammenarbeiten könnten als etwa mit den Grünen.
Bodewig: Die SPD ist für soziale Gerechtigkeit, und wir wissen, dass wenn Europa zusammenwächst wir nach unten eine Absicherung brauchen. Deswegen sind wir für den Mindestlohn. Aber die Linkspartei hat ja sehr unterschiedliche Gesichter. In Berlin arbeiten sie sehr konstruktiv zusammen, aber in Mecklenburg-Vorpommern waren sie die Opposition in der Regierung mit einem großen destruktiven Faktor. Ich glaube, das muss man vor Ort in den Ländern entscheiden. Meine Einschätzung ist, dass die Linkspartei als Gänze überhaupt nicht regierungsfähig ist.
Degenhardt: Sie haben es angedeutet, Herr Bodewig; das hätte ich als nächstes fragen wollen. Im Osten hat sich die SPD ja bereits in Sachsen-Anhalt von der PdS dulden lassen, in Schwerin mit den SED-Nachfolgern zusammenregiert, macht das in Berlin noch immer und im Westen gibt es jetzt den großen Aufschrei wegen Hessen, obwohl da ja noch gar nichts passiert ist. Sind die Linken im Westen ja gefährlicher als die im Osten?
Bodewig: Ich glaube, dass die Linken im Westen eine ganz bunte Truppe ist. Da sind ehemalige kommunistische Sektierer zusammengekommen. Es sind natürlich auch ehemalige Sozialdemokraten. Deswegen will ich nicht die Menschen über einen Kamm kehren, aber in ihrer Politikkonzeption sind sie nicht regierungsfähig. Berlin ist ein progressives Beispiel dafür, dass sie Verantwortung übernehmen wollen, aber es ist auch nur noch ein kleiner Kern, der das will. Man sieht ja auch: Gerade aus Berlin kommt die heftigste Kritik an Lafontaine.
Aber weil Sie Hessen angesprochen haben: Ich glaube in Hessen ist das größte Problem eigentlich die Verweigerungshaltung der FDP. Wenn Westerwelle da weiter blockiert, dann ist das gefährlich für eine parlamentarische Demokratie, weil damit Mehrheiten für eine Regierungsbildung nicht mehr möglich ist. Mir wäre in Hessen die Ampel am liebsten!
Degenhardt: Wir bleiben aber noch mal bei Ihrer Partei, Herr Bodewig: bei der SPD. Was empfehlen Sie denn den Sozialdemokraten, damit endlich wieder Ruhe einkehrt? Ein Sonderparteitag vielleicht, um das Verhältnis zu den Linken endgültig zu klären?
Bodewig: Nein. Ich empfehle der SPD, dass sie sich mit den Linken inhaltlich auseinandersetzt. Die Linken sind ja nicht das, was Lafontaine vorgibt zu sein. Die Linken sind zutiefst populistisch. Und wenn Sie sich an die kurze Zeit von Lafontaine als Finanzminister erinnern; in dieser Zeit hat er die finanzielle Situation der Bundesrepublik ja nun massiv erschüttert. Erst Hans Eichel konnte wieder mit einem strikten Sparkurs eine Solidität der Bundesfinanzen wieder herstellen. So jemand wie Lafontaine ist jemand, dem es nur um eins geht, nämlich um sich selbst und das heißt er verspricht allen alles, um eben sich selbst egomanisch voranzubringen.
Degenhardt: Weil Sie immer wieder Lafontaine erwähnen, da muss ich jetzt doch noch mal nachfragen. Kurz vor der Bundestagswahl wird im Saarland gewählt. Angenommen Saarland oder Lafontaine stellt dort mit der Linken die stärkste Kraft, was sagen Sie dann Ihrem Kollegen Herrn Maas? Soll er sich dann als Juniorpartner in diese Koalition begeben oder dann doch eher mit der CDU eine Große Koalition machen?
Bodewig: Wenn er sich als Juniorpartner mit Oskar Lafontaine ins Bett legt, dann ist das für die Partei dort sehr gefährlich. Ich glaube das geht nicht, denn Oskar Lafontaine wird das sein was er bisher war: ein destruktiver Punkt in der deutschen Bundespolitik.
Degenhardt: Vielen Dank für das Gespräch. Das war der SPD-Politiker und ehemalige Bundesverkehrsminister Herr Bodewig.