BND-NSA-Affäre

Opposition droht mit juristischen Schritten

Blick auf das Gebäude der neuen Zentrale des Bundesnachrichtendienstes (BND) am 27.04.2015 in Berlin.
Die Spionage-Affäre um den Bundesnachrichtendienst und den US-Geheimdienst NSA setzt zunehmend auch das Bundeskanzleramt unter Druck. © picture-alliance / dpa / Jörg Carstensen
Von Gerhard Schröder · 03.05.2015
Grüne und Linke sind sich einig: Wenn die Regierung nicht die Liste der Selektoren herausgebe, die der BND zum Ausspähen genutzt habe, dann folgen rechtliche Schritte. Die Jusos fordern sogar den Rücktritt eines ehemaligen Kanzleramtsministers.
Die Opposition fordert Aufklärung – und droht der Bundesregierung schon mal vorsorglich mit einer Klage vor Gericht. Wenn wir keine Einsicht erhalten, werden wir juristisch dagegen vorgehen, kündigte Constantin von Notz, der Obmann der Grünen im NSA-Untersuchungsausschuss, in der "Welt am Sonntag" an. Auch die Obfrau der Linkspartei, Martina Renner, droht mit juristischen Schritten. Die Regierung muss sich entscheiden, auf welcher Seite sie steht, sagte sie.
Es geht um die Liste der ominösen Selektoren, der Suchbegriffe also, nach denen der Bundesnachrichtendienst den Datenverkehr für die amerikanische NSA durchforstet und ausgespäht hat. Die abgeschöpften Daten – nach jüngsten Berichten der komplette Inhalt von Telefonaten, E-Mails, Ton- und Textdateien handeln – soll der deutsche Auslandsgeheimdienst nicht nur an die amerikanischen Kollegen weitergegeben haben, sondern auch für eigene Zwecke genutzt haben.
"Wir müssen auf jeden Fall diese Selektorenlisten sehen. Frau Merkel hat Aufklärung versprochen. Bis heute sind diese Selektorenlisten, die extra für den Untersuchungsausschuss erstellt wurden, nicht da", sagte der Grünen-Obman von Notz dem ARD-Fernsehen.
Ehemalige Kanzleramtsminister sollen befragt werden
Der NSA-Untersuchungsausschuss tagt am kommenden Donnerstag, dann müssten die Listen vorliegen, forderte Notz. Linken-Parteichef Bernd Riexinger will zudem die für die Kontrolle der Geheimdienste zuständigen Kanzleramtsminister der vergangenen Jahre unter Eid befragen lassen. Neben dem derzeitigen Innenminister Thomas de Maizière, CDU, auch dessen Vorgänger im Kanzleramt, Frank-Walter Steinmeier, SPD, sowie seine Nachfolger Ronald Pofalla und Peter Altmaier, beide CDU.
Auch Patrick Sensburg, der Vorsitzende des NSA Untersuchungsausschuss, drängt auf Aufklärung:
"Wir müssen jetzt genau hinschauen, ob wirklich mehrere Jahre eine größere Zahl von Selektoren mit aktiv waren, die deutsche Interessen betreffen. Dann muss gefragt werden, wenn das so ist, wer hat zu welchem Zeitpunkt davon gewusst. Das werden wir in der nächsten Woche, bereits am Donnerstag versuchen, herauszubekommen.
Führende Koalitionspolitiker drängen zudem auf eine bessere Kontrolle der Geheimdienste. Die Reformschritte vom letzten Jahr reichen bei Weitem nicht aus, sagte die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Eva Högl "Spiegel Online". Vor allem das für die Aufsicht zuständige Parlamentarische Kontrollgremium müsse gestärkt werden. Wir brauchen mehr Leute, mehr Geld und einen leitenden Beamten, der die Geheimdienstkontrolle Vollzeit koordiniert, sagte die Sozialdemokratin. Ihr Parteikollege Christian Flisek sieht die Kanzlerin in der Pflicht:
"Deswegen darf sich die Kanzlerin auch nicht wegducken. Sie muss ein sehr klares Wort mit den Amerikanern hier führen. Sie muss vor allem sicherstellen, dass die Aufsicht über die Geheimdienste funktioniert. Alles andere wäre gegen deutsche Interessen und das ist nicht hinzunehmen."
Jusos fordern Rücktritt von de Maizière
Eine wirkungsvolle parlamentarische Kontrolle braucht mehr Zeit und mehr Personal, meint auch der stellvertretende Vorsitzender des Parlamentarischen Kontrollgremiums, Clemens Binninger, CDU.
Die Grünen drängen auf grundlegend neue Regeln, es müsse klarer werden, was der BND darf und was nicht, sagt Constantin von Notz. Den Jungsozialisten reicht das nicht aus, sie fordern den Rücktritt von Innenminister Thomas de Maizière. Er habe als Kanzleramtschef Spionage und Ausspähung durch fremde Geheimdienste gedeckt oder sogar befördert, sagte die Juso-Chefin Johanne Uekermann der Welt am Sonntag. Er sei als Innenminister nicht einen Tag länger tragbar.
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