Blumige Subventionen

Von Udo Pollmer · 18.05.2013
Die Agrarpolitik hat die Blumenwiese entdeckt. Aus der Kulturlandschaft soll wieder eine Naturlandschaft werden. Doch die üppigen Subventionen und die damit verbunden Vorschriften führen vor allem dazu, dass statt des bunten Blümchens das wilde Unkraut wächst.
Die EU hat ihr Herz für die Natur entdeckt. Deshalb schüttet sie 30 Prozent ihrer Agrarsubventionen für Umweltleistungen aus. Dabei dürfen die Staaten mitentschieden, wofür sie das Geld ausgeben wollen. Diese sogenannten Greening-Programme sollen das Ökosystem schützen und die Biodiversität erhöhen, damit endlich die Blümelein und Häslein wieder aufatmen können. Für jedes Öko-Detail gibt’s etwas Geld, bei geschickter Kombination springen für den Landwirt im Jahr pro Hektar bis zu 1000 Euro heraus.

Eine wichtige und prinzipiell richtige Forderung der Umweltschützer war der Verzicht auf den Umbruch von Grünland, also ein Verbot Wiesen in Ackerland umzuwandeln. Viele Flächen eigneten sich bisher nicht zum Ackerbau, aber als Weiden trugen sie zur Nahrungsversorgung bei. Nun bietet der Anbau von Energiemais den Landwirten eine neue Perspektive. Denn Mais braucht keine guten Böden, sondern nur viel Dünger. Um dem Verbot des Grundlandumbruchs zuvorzukommen, haben viele Landwirte in den letzten Jahren alle Flächen unter den Pflug genommen, die sich irgendwie für Mais eignen könnten. So hatte die Forderung nach Schutz des Grünlandes leider den gegenteiligen Effekt.

Besonders herzig sind die Subventionen fürs Anlegen von Blumenwiesen. Mit solchen Aktionen erblüht auch das Image der Agrarpolitik. Weil aber heute nichts ohne Formular blühen darf und der Landwirt womöglich auf seinen Randstreifen womöglich Rosen züchtet, wird ihm das Saatgut von Naturschützern vorgeschrieben: Malven, Sonnenblumen, Ringelblumen oder Mariendisteln – und dazu allerlei Gräser und Kräutlein. Wenn die auf einen vorbereiteten, nährstoffreichen Acker gesät werden, blüht das zunächst sehr hübsch. Wer nun glaubt, auf diesem Wege ließe sich eine richtige Wiese anlegen, irrt. Denn im Folgejahr wuchert dort nur noch Unkraut – egal ob mit oder ohne Subvention. Die Blumensamen keimen vielleicht noch aus, aber es fehlt ihnen an Licht. Nun erkämpfen sich üble Unkräuter wie Ampfer oder Disteln den Acker zurück.

So wüst kann das natürliche Gleichgewicht aussehen, wenn empfindliche Kulturpflanzen wie Sonnenblumen auf Unkräuter treffen. Dann siegt der Stärkere, der Vitalere. Aggressive Unkräuter nehmen der Konkurrenz das Licht und die Nährstoffe weg oder vergiften sie mit natürlichen Pestiziden. Soll auf solchen Flächen wieder etwas Hübsches blühen oder Nahrhaftes wachsen, muss der Acker erst mal mit Totalherbiziden klargemacht werden. Die Samen von Disteln verbreiten sich nach dem Verblühen in Windeseile und erhöhen so auch ringsherum den Absatz von Pestiziden. Ein hessischer Landwirt bekommt für derartige "Unkrautflächen" sechs Jahre lang pro Hektar jährlich 800 Euro aufs Konto.

Seit das Mulchen als bodenschonende Methode über den grünen Klee gelobt wird, gibt’s auch dafür Knete vom Staat. Beim Mulchen verzichtet der Landwirt auf das Unterpflügen der Stoppeln und Pflanzenreste, nachdem er die Ernte abgefahren hat. Wenn alles gut geht, unterdrückt das Mulchen diverse Unkräuter, reguliert den Wasserhaushalt und verringert die Bodenerosion. Aber man muss genau wissen, wann und wo das Verfahren angebracht ist. Seit der Landwirt reichlich Mäuse dafür bekommt, wenn er sich das Pflügen spart, wächst der ökologische Schaden.

Viele Unkräuter lieben das Mulchen. Würde man sie unterpflügen, hätten sie in 20 Zentimeter Tiefe keine Chance mehr das Tageslicht zu erblicken. Die pfluglose Bodenbearbeitung verschafft nicht nur Unkräutern Vorteile, sondern ist das ideale Biotop für Schimmelpilze, Nacktschnecken und Mäuse. Die unterirdischen Bauten der Mäuse bleiben erhalten, der Mulch bietet ihnen Schutz vor Raubvögeln und ringsum gibt’s satt Futter. In Thüringen konnten zwei von drei Landwirten dem Ruf des Grünen Geldes nicht widerstehen – jetzt leiden sie unter einer Mäuseplage. Teilweise so massiv, dass es sich wohl lohnen würde, aus den Fellen der Schadnager eine Kollektion von Pelzmänteln zu schneidern – Essbares gibt’s von solchen Umwelt-Subventions-Äckern nicht mehr zu holen. Mahlzeit!


Literatur:
Ifab, zalf, HFR: Gemeinsame Agrarpolitik ab 2014: Perspektiven für mehr Biodiversitäts- und Umweltleistungen der Landwirtschaft? Empfehlungen für die Politik aus dem F&E Vorhaben "Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) 2013 und Erreichung der Biodiversitäts- und Umweltziele". Gefördert vom BfN, Oktober 2012
(tls): Zwei Drittel des Ackerlandes in Thüringen wurden zur Ernte 2010 pfluglos bestellt. Proplanta-Nachrichten 25.11.2011
Grothey V: Qualifizierung für das Kooperationsprogramm Naturschutz und andere Agrarumweltmaßnahmen. Landwirtschaftskammer Niedersachsen