Blick zurück

Von Markus Böggemann · 17.06.2010
Retrospektivität lässt sich auch in Alfred Schnittkes 1978 entstandener 1. Sonate für Violoncello und Klavier ausfindig machen: Das häufig als "postmodern" apostrophierte Verfahren des Komponisten, sich der Klanglichkeit vergangener Epochen zitathaft zu bedienen, tritt hier freilich nicht in demselben Maße hervor wie in anderen Werken des Komponisten. Einzelne terzengesättigte Melodielinien und ganz allgemein der emphatische Gesang des Streichinstruments beschwören weit eher die Ruinen einer Vergangenheit, als diese Vergangenheit selbst.
Damit ist die Ausdrucksebene des Stücks angesprochen: Sein expressiver Gestus bestimmt bereits die Satzfolge, in der das Langsame dominiert. Eingeklammert von zwei ausgreifenden instrumentalen Elegien, die sich motivisch vielfältig aufeinander beziehen, scheint der schnelle Satz nicht mehr als ein – freilich alles andere als harmlos daherkommendes – Intermezzo innerhalb der Gesamtanlage zu sein.

Das Gravitationszentrum des Werkes liegt hingegen im letzten Satz, einem nachtschwarzen Largo von bohrender Intensität und beträchtlicher Länge. Dem Schlussbild von Andrej Tarkowskijs Film "Nostalghia" gleich, siedelt diese Musik in den Überresten der Tradition, die im Gesang des Violoncellos noch einmal beschworen wird.