Bisky schließt Landeskoalition mit CDU nicht vollständig aus
Der Vorsitzende der Partei „Die Linke“, Lothar Bisky, hat eine Koalition mit der CDU auf Landesebene, wie sie jüngst CDU-Ministerpräsident Böhmer in Sachsen-Anhalt in Betracht gezogen hat, nicht vollständig ausgeschlossen. Dennoch sei selbst die Vorstellung, in Sachsen-Anhalt zusammen mit der CDU zu regieren, für seine Partei „etwas fern“, betonte Bisky.
Leonie March: In Bayern ist das Feindbild noch ganz lebendig: Die CSU warnt im Landtagswahlkampf vor jeglicher Kooperation mit der Linken, weil man mit Extremisten und Radikalen nie zusammenarbeiten dürfe. Anders in Sachsen-Anhalt: Dort zollt der CDU-Ministerpräsident Wolfgang Böhmer der Linken Respekt für ihre Basisarbeit und denkt laut über eine mögliche Koalition nach. Denn – so seine Argumentation – demokratische Parteien müssten grundsätzlich koalitionsfähig sein.
Wie er diese Signale deutet, darüber habe ich mit Lothar Bisky gesprochen, dem Vorsitzenden der Partei „Die Linke“. Und ich habe ihn zuerst gefragt, wie er Böhmers Äußerungen bewertet.
Lothar Bisky: Böhmer ist ein sachlicher Politiker und für Sachsen-Anhalt denkt er halt über Möglichkeiten nach, und da stellt er sich vor, möglicherweise könnte er auch mit der Linken von Sachsen-Anhalt zusammengehen. Das ist übrigens eine Vorstellung, die nicht außerhalb der Welt liegt, wenn man in Rechnung stellt, dass CDU und SPD ja ohnehin immer ähnlicher werden und dass die SPD ja Angst hat, mit der Linken etwas zu machen, weil die CDU dann immer schimpft. Also ist der Böhmer ganz klug und sagt, na, dann stelle ich mich mal an die Spitze der Bewegung.
Im Übrigen, glaube ich, ist es auch ein normaler Vorgang, dass Parteien darüber nachdenken, mit wem sie denn könnten. Für uns ist die Vorstellung, mit der CDU zusammen zu regieren, selbst in Sachsen-Anhalt, etwas – wie soll ich mal sagen – fern und bedarf weiterer Diskussionen, das ist wohl klar. Aber ich würde so etwas nicht gänzlich ad absurdum führen. Man weiß ja nicht, ob es nicht Notsituationen geben kann, in denen es ums Land geht und wo man tatsächlich, um zwei, drei Sachen durchzusetzen, auch mal mit einer Partei etwas zusammen macht, mit der man sonst wenig zu tun hat.
March: Aber die inhaltlichen Schnittmengen mit der CDU muss man doch mit der Lupe suchen.
Bisky: Na ja, sehen Sie, wo gibt es denn jetzt bei der SPD so viele inhaltliche Schnittmengen? Die ist hier im Osten ja Juniorpartner der CDU, wird durch Böhmer dominiert in Sachsen-Anhalt, in Sachsen ohnehin, in Thüringen, ja, gut, das kennen wir alles. Da bemerke ich von einer eigenständigen Politik der SPD also wirklich gar nichts. Und deshalb sage ich, darüber wird man nachdenken können.
Allerdings will ich auch sagen: Dieses Ausgrenzungsgehabe der Hassprediger von der CDU, das müsste irgendwann auch mal beendet werden, um zu einem sachlichen Streit zu kommen. Aber dieses Ausgrenzungsgehabe, das ist ja bisher die Doppelzüngigkeit, mit der die CDU operiert: Auf der einen Seite siehe Huber in Bayern, also der Teufel kommt, wenn er was von den Linken hört, und auf der anderen Seite kann man sich anderswo – ob auf der Landratsebene, in der Kommunalebene oder auch in Sachsen-Anhalt im Land – kann man sich durchaus eine Zusammenarbeit mit der Linken vorstellen. Das ist eine Doppelzüngigkeit, die ganz offensichtlich ist.
March: Auf Landesebene gab und gibt es ja bereits mehrere Koalitionen der Linken mit der SPD. Sehen Sie auf Bundesebene mehr Übereinstimmungen oder mehr Differenzen?
Bisky: Im Moment sehe ich mehr Differenzen. Die SPD macht ja alles mit, das betrifft empfindliche Bereiche der militärischen Operationen außerhalb Europas und auch in Europa selbst, das betrifft Sozialdumping, das betrifft Kürzungen von Sozialleistungen, Rentenstillstand und so weiter und so fort. Da macht die SPD in der großen Koalition einige Purzelbäume, die mit uns überhaupt nicht zu machen wären.
March: Nun sagen ja einige Ihrer Genossen auch, wir wollen im Bund gar nicht regieren, wir sehen uns ausschließlich in der Rolle der Opposition. Gibt es da inzwischen einen Bewusstseinswandel?
Bisky: Es gibt keinen Bewusstseinswandel. Wir sind in der Opposition, die Opposition bekommt uns auch gut, aber wer sich der Wahl stellt – das ist meine feste Position –, der muss auch sagen: Wenn es denn nötig ist, dann bin ich auch bereit, Verantwortung über die Oppositionsrolle hinaus zu übernehmen. Anders wird das mit den Wahlen nie ganz glaubwürdig.
March: Auf Landesebene in Berlin regiert Ihre Partei ja gemeinsam mit der SPD, dort musste die Linke auch schmerzhafte Einschnitte vor den Wählern verantworten. Entzaubert die Regierungsverantwortung also Ihre Politik?
Bisky: Na ja, ein bisschen schon. In Berlin haben wir in der ersten Periode verloren an Zustimmung, das ist wahr, wir legen im Moment aber wieder zu, weil auch deutlicher wird, wo das Profil der Linken in Berlin ist. Das freut mich besonders, und die Linke ist in Berlin wieder erkennbar.
March: Sie versprechen ja eine andere, eine bessere Politik, und Sie wollen bundesweit wirken, das haben Sie gerade auch noch mal bekräftigt. Ein Parteiprogramm aber hat Ihre Partei noch nicht, es gibt lediglich programmatische Eckpunkte, mit denen Sie auch in den Bundestagswahlkampf gehen wollen. Kommt Ihnen das entgegen, mit einer gewissen inhaltlichen Unschärfe um die Wähler zu werben?
Bisky: Wir sind inhaltlich sehr scharf. Wenn Sie die Wahlprogramme von 2005 nebeneinander legen, dann sind wir die Partei, die bei ihren Wahlaussagen von 2005 geblieben ist. Gucken Sie sich die Wahlaussagen der CDU und der SPD an, es ist einfach lächerlich! Die sind bei nichts geblieben! Die haben beliebig hin- und hergespielt, und sogar mit der Mehrwertsteuer, was die SPD damals „Merkelsteuer“ genannt hat, und so weiter und so fort ... Wir sind bei unseren Wahlaussagen geblieben.
Die programmatischen Eckpunkte sind ein Programm, sie sind in Urabstimmung in beiden Parteien – damals PDS und WASG – angenommen worden. Nennen Sie mir eine andere Partei, wo in der Urabstimmung ein Programm angenommen wurde. Diese Eckpunkte sind für uns schon sehr wichtig und auf ihrer Grundlage und im Zusammenhang mit unserem gegenwärtigen Wahlprogramm werden wir das neue Wahlprogramm 2009 erstellen, und darauf ist dann wieder Verlass, wie beim gegenwärtigen auch. Wir werden uns daran halten und das wissen unsere Wählerinnen und Wähler.
March: Trotzdem – warum streben Sie es gar nicht erst an, ein offizielles Parteiprogramm bis zur Bundestagswahl fertig zu haben?
Bisky: Doch, wir streben, wir sind ja dabei, wir haben eine Programmkommission, die sehr intensiv arbeitet. Aber wir haben gesagt, wir sind diesmal in einer Situation, wo wir das ausdiskutieren wollen und wir lassen uns dort auch nicht selbst oder unter Zeitdruck setzen oder setzen uns selbst unter Zeitzwänge. Wir wollen, dass wir uns eine Identität als die neue Linke in Deutschland aneignen. Wir haben das 21. Jahrhundert mit neuen Problemen. Das braucht etwas Zeit, vielleicht werden wir 2010 fertig, vielleicht 2011, auf jeden Fall werden wir das in Ruhe ausdiskutieren. Die Grundpositionen, die in den programmatischen Eckpunkten enthalten sind, die werden bleiben, sie werden hier und da ergänzt, sie werden sicher hier und da auch präzisiert, aber programmatisch sind wir klar erkennbar und klar unterscheidbar von den anderen Parteien.
Wie er diese Signale deutet, darüber habe ich mit Lothar Bisky gesprochen, dem Vorsitzenden der Partei „Die Linke“. Und ich habe ihn zuerst gefragt, wie er Böhmers Äußerungen bewertet.
Lothar Bisky: Böhmer ist ein sachlicher Politiker und für Sachsen-Anhalt denkt er halt über Möglichkeiten nach, und da stellt er sich vor, möglicherweise könnte er auch mit der Linken von Sachsen-Anhalt zusammengehen. Das ist übrigens eine Vorstellung, die nicht außerhalb der Welt liegt, wenn man in Rechnung stellt, dass CDU und SPD ja ohnehin immer ähnlicher werden und dass die SPD ja Angst hat, mit der Linken etwas zu machen, weil die CDU dann immer schimpft. Also ist der Böhmer ganz klug und sagt, na, dann stelle ich mich mal an die Spitze der Bewegung.
Im Übrigen, glaube ich, ist es auch ein normaler Vorgang, dass Parteien darüber nachdenken, mit wem sie denn könnten. Für uns ist die Vorstellung, mit der CDU zusammen zu regieren, selbst in Sachsen-Anhalt, etwas – wie soll ich mal sagen – fern und bedarf weiterer Diskussionen, das ist wohl klar. Aber ich würde so etwas nicht gänzlich ad absurdum führen. Man weiß ja nicht, ob es nicht Notsituationen geben kann, in denen es ums Land geht und wo man tatsächlich, um zwei, drei Sachen durchzusetzen, auch mal mit einer Partei etwas zusammen macht, mit der man sonst wenig zu tun hat.
March: Aber die inhaltlichen Schnittmengen mit der CDU muss man doch mit der Lupe suchen.
Bisky: Na ja, sehen Sie, wo gibt es denn jetzt bei der SPD so viele inhaltliche Schnittmengen? Die ist hier im Osten ja Juniorpartner der CDU, wird durch Böhmer dominiert in Sachsen-Anhalt, in Sachsen ohnehin, in Thüringen, ja, gut, das kennen wir alles. Da bemerke ich von einer eigenständigen Politik der SPD also wirklich gar nichts. Und deshalb sage ich, darüber wird man nachdenken können.
Allerdings will ich auch sagen: Dieses Ausgrenzungsgehabe der Hassprediger von der CDU, das müsste irgendwann auch mal beendet werden, um zu einem sachlichen Streit zu kommen. Aber dieses Ausgrenzungsgehabe, das ist ja bisher die Doppelzüngigkeit, mit der die CDU operiert: Auf der einen Seite siehe Huber in Bayern, also der Teufel kommt, wenn er was von den Linken hört, und auf der anderen Seite kann man sich anderswo – ob auf der Landratsebene, in der Kommunalebene oder auch in Sachsen-Anhalt im Land – kann man sich durchaus eine Zusammenarbeit mit der Linken vorstellen. Das ist eine Doppelzüngigkeit, die ganz offensichtlich ist.
March: Auf Landesebene gab und gibt es ja bereits mehrere Koalitionen der Linken mit der SPD. Sehen Sie auf Bundesebene mehr Übereinstimmungen oder mehr Differenzen?
Bisky: Im Moment sehe ich mehr Differenzen. Die SPD macht ja alles mit, das betrifft empfindliche Bereiche der militärischen Operationen außerhalb Europas und auch in Europa selbst, das betrifft Sozialdumping, das betrifft Kürzungen von Sozialleistungen, Rentenstillstand und so weiter und so fort. Da macht die SPD in der großen Koalition einige Purzelbäume, die mit uns überhaupt nicht zu machen wären.
March: Nun sagen ja einige Ihrer Genossen auch, wir wollen im Bund gar nicht regieren, wir sehen uns ausschließlich in der Rolle der Opposition. Gibt es da inzwischen einen Bewusstseinswandel?
Bisky: Es gibt keinen Bewusstseinswandel. Wir sind in der Opposition, die Opposition bekommt uns auch gut, aber wer sich der Wahl stellt – das ist meine feste Position –, der muss auch sagen: Wenn es denn nötig ist, dann bin ich auch bereit, Verantwortung über die Oppositionsrolle hinaus zu übernehmen. Anders wird das mit den Wahlen nie ganz glaubwürdig.
March: Auf Landesebene in Berlin regiert Ihre Partei ja gemeinsam mit der SPD, dort musste die Linke auch schmerzhafte Einschnitte vor den Wählern verantworten. Entzaubert die Regierungsverantwortung also Ihre Politik?
Bisky: Na ja, ein bisschen schon. In Berlin haben wir in der ersten Periode verloren an Zustimmung, das ist wahr, wir legen im Moment aber wieder zu, weil auch deutlicher wird, wo das Profil der Linken in Berlin ist. Das freut mich besonders, und die Linke ist in Berlin wieder erkennbar.
March: Sie versprechen ja eine andere, eine bessere Politik, und Sie wollen bundesweit wirken, das haben Sie gerade auch noch mal bekräftigt. Ein Parteiprogramm aber hat Ihre Partei noch nicht, es gibt lediglich programmatische Eckpunkte, mit denen Sie auch in den Bundestagswahlkampf gehen wollen. Kommt Ihnen das entgegen, mit einer gewissen inhaltlichen Unschärfe um die Wähler zu werben?
Bisky: Wir sind inhaltlich sehr scharf. Wenn Sie die Wahlprogramme von 2005 nebeneinander legen, dann sind wir die Partei, die bei ihren Wahlaussagen von 2005 geblieben ist. Gucken Sie sich die Wahlaussagen der CDU und der SPD an, es ist einfach lächerlich! Die sind bei nichts geblieben! Die haben beliebig hin- und hergespielt, und sogar mit der Mehrwertsteuer, was die SPD damals „Merkelsteuer“ genannt hat, und so weiter und so fort ... Wir sind bei unseren Wahlaussagen geblieben.
Die programmatischen Eckpunkte sind ein Programm, sie sind in Urabstimmung in beiden Parteien – damals PDS und WASG – angenommen worden. Nennen Sie mir eine andere Partei, wo in der Urabstimmung ein Programm angenommen wurde. Diese Eckpunkte sind für uns schon sehr wichtig und auf ihrer Grundlage und im Zusammenhang mit unserem gegenwärtigen Wahlprogramm werden wir das neue Wahlprogramm 2009 erstellen, und darauf ist dann wieder Verlass, wie beim gegenwärtigen auch. Wir werden uns daran halten und das wissen unsere Wählerinnen und Wähler.
March: Trotzdem – warum streben Sie es gar nicht erst an, ein offizielles Parteiprogramm bis zur Bundestagswahl fertig zu haben?
Bisky: Doch, wir streben, wir sind ja dabei, wir haben eine Programmkommission, die sehr intensiv arbeitet. Aber wir haben gesagt, wir sind diesmal in einer Situation, wo wir das ausdiskutieren wollen und wir lassen uns dort auch nicht selbst oder unter Zeitdruck setzen oder setzen uns selbst unter Zeitzwänge. Wir wollen, dass wir uns eine Identität als die neue Linke in Deutschland aneignen. Wir haben das 21. Jahrhundert mit neuen Problemen. Das braucht etwas Zeit, vielleicht werden wir 2010 fertig, vielleicht 2011, auf jeden Fall werden wir das in Ruhe ausdiskutieren. Die Grundpositionen, die in den programmatischen Eckpunkten enthalten sind, die werden bleiben, sie werden hier und da ergänzt, sie werden sicher hier und da auch präzisiert, aber programmatisch sind wir klar erkennbar und klar unterscheidbar von den anderen Parteien.