Birgit-Jürgenssen-Werkschau in Tübingen

Zeitgemäße Sinnlichkeit

Das Bild zeigt das Gesicht einer Frau, das von der Stirn bis zur Nase mit einem Fuchsfell bedeckt ist.
Die Fotografie "Ohne Titel (Selbst mit Fellchen)" von Birgit Jürgenssen. © Bildrecht Vienna, 2018
Nicole Fritz und Natascha Burger im Gespräch mit Eckhard Roelcke · 11.11.2018
Ihre Fotografien, Zeichnungen und Installationen beschäftigen sich oft mit der Rolle der Frau. Trotzdem ist das Werk der österreichischen Künstlerin Birgit Jürgenssen nicht nur feministisch. Das will die Werkschau "ICH BIN" in Tübingen zeigen.
Ein fleischfarbener, blutbefleckter Pumps, eine Kochschürze, die ein umhängbarer Herd ist oder Frauen, die in sexy Pose putzen – mit ihren Fotografien, Installationen und Zeichnungen wirft die Künstlerin Birgit Jürgenssen immer wieder einen ironischen Blick auf Frauenrollen. In Tübingen ist jetzt zum ersten Mal eine umfassende Werkschau der Österreicherin in Deutschland zu sehen.

Ironische Reflexion der Rolle der Frau

Dabei ist die Küchenschürze ein Hauptwerk der Künstlerin der 70er-Jahre, sagt die Direktorin der Stiftung Kunsthalle Tübingen, Nicole Fritz, die zusammen mit Natascha Burger die Ausstellung kuratiert hat.
Hier reflektiere Birgit Jürgenssen die Rolle der Frau als Gebärende ironisch. Diese habe sich "einen Herd umgeschnallt, man hat einen Braten im Ofen - diese umgangssprachlichen, metaphorischen Aussagen reflektiert sie sehr selbstironisch und sehr subversiv."

Nicht nur feministisch

Trotzdem wolle die Ausstellung "ICH BIN" mehr zeigen als den feministischen Aspekt des Werkes der Künstlerin, die 2003 verstarb, sagt die Co-Kuratorin Natascha Burger, Direktorin des Estate Birgit Jürgenssen. "Wir wollen Birgit jetzt ganz klar in ihrer vollen Bandbreite zeigen." So seien Werke von den frühen 60ern bis zu den späten 90er-Jahren präsentiert.
Die Themenschwerpunkte sind laut Burger in Räume aufgeteilt. Ein sehr großes Thema, das die Künstlerin beschäftigt habe, sei die Natur. "Das Tier, der Mensch, Verwandlung, Identitätsrollen", so die Kuratorin.

Das Sinnliche ist das Zeitgemäße

Das Werk der Künstlerin sei "facettenreich", so Fritz. Es überzeuge durch seine Sinnlichkeit. "'Als Verführte will ich verführen und mit meinen Werken Sinnlichkeit erzeugen', hat Birgit Jürgenssen mal gesagt, und das ist sicherlich das Zeitgemäße an ihren Arbeiten heute. Wo wir alle nur noch auf Knöpfe drücken und in Monitore starren, hat das Analoge, die Sinnlichkeit, das Authentische eine neue Ausdruckskraft, eine neue Ausstrahlung."
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