Verschwörungstheorie "Birds aren't real"
Sie glauben, hier sitzen einfach ein paar Vögel auf einer Hochspannungsleitung? Eine populäre Verschwörungstheorie sagt etwas anderes. © imago images / Karina Hessland
Nein, Vögel sind keine Überwachungsdrohnen
14:02 Minuten
Milliarden Vögel wurden von der US-Regierung durch Überwachungsdrohnen in Vogelgestalt ersetzt – diese satirische Verschwörungstheorie verbreitet der US-Amerikaner Peter McIndoe im Netz. In den sozialen Medien folgen ihm Hunderttausende.
San Francisco im November 2021. Eine Gruppe überwiegend junger Leute mit Megafon und Transparenten: Immer wieder rufen sie "Birds aren't real!" Sie filmen sich selbst, laden die Clips später auf Social-Media-Plattformen hoch und geben Interviews, so wie der Begründer der Bewegung Peter McIndoe:
"Die Botschaft unserer Bewegung besteht im Wesentlichen darin, das Bewusstsein dafür zu verbreiten, dass die Regierung von 1959 bis 2001 über zwölf Milliarden Vögel gnadenlos ausgerottet und gleichzeitig durch getarnte Überwachungsdrohnen ersetzt hat, die uns jeden Tag filmen."
Vom Verschwörungsaufdecker zum Satiriker
Unzählige Male hat Peter McIndoe diese Story inzwischen erzählt. Heute folgen ihm auf Instagram etwa 400.000, auf Tiktok mehr als 650.00 Menschen. Neu ist, dass Peter McIndoe der New York Times kürzlich ein Interview gewährte, in dem er die Rolle des überzeugten Verschwörungsaufdeckers verlässt und sich zur Satire bekennt.
Im Podcast „The Daily“ von der New York Times erzählt McIndoe, wie alles begann: Im Januar 2017 sei er in Memphis gewesen, zufällig in eine Gegendemonstration eines Frauenprotestmarsches geraten und habe aus einer Laune heraus drei Worte auf ein Schild geschrieben – Worte, die möglichst keinen Sinn ergeben sollten: Birds aren’t real.
Ein Gag entwickelt ein Eigenleben
Mit dem Schild und einer absurden Theorie über Drohnen habe er sich unter die Gegendemonstranten, hauptsächlich Trump-Anhänger, gemischt. Er habe herumgeschrien und sei dabei gefilmt worden. Ein Gag, nicht mehr. Doch, so McIndoe, ein Video der Aktion ging viral. Und die Idee mit den künstlichen Vögeln begann ein Eigenleben zu entwickeln.
Sicher ist, das McIndoe kurze Zeit später zusammen mit einem Freund T-Shirts mit dem Slogan der Bewegung drucken lässt. Es folgen „Birds aren’t real“-Sticker, Mützen und so weiter. Das Geschäft läuft so gut, dass McIndoe seinen Collegeabschluss sausen lässt, diverse Social-Media-Konten für die Bewegung einrichtet und zunehmend Aktionen in der echten Welt organisiert.
So torpedieren er und seine Anhänger mit ihren Slogans etwa Anti-Abtreibungsdemonstrationen oder die Demos echter Verschwörungstheoretiker. Außerdem engagiert er beispielsweise einen Schauspieler, der als vermeintlicher Ex-CIA-Agent vor der Kamera zugibt, dass tatsächlich Millionen von Vögeln gegen Drohnen ausgetauscht worden seien. Immer detailreicher und absurder schmückt er seine Story aus, was die Bewegung noch bekannter macht.
Dem Wahnsinn mit Wahnsinn begegnen
Im Podcast der New York Times spricht McIndoe über seine Erfahrungen in dieser Zeit. Auf die Frage etwa, warum sich so viele vor allem junge Menschen von der Bewegung angezogen fühlten und tatsächlich mit diesen Parolen auf die Straße gingen, sagt er:
"Ich denke, dass es in gewisser Weise als eine Art sicherer Ort fungiert. Ich selbst wache ja auch jeden Tag auf, schalte das Handy ein und sehe nur Chaos. Unsere Generation ist einfach mit dem Internet aufgewachsen. Und nirgends gibt es so was wie gesellschaftliche Regeln, wie man mit dem Internet umgeht. Viele Leute spüren diesen Wahnsinn, finden aber keine Möglichkeit, das zu artikulieren.
Es ist vielleicht keine besonders gute Metapher, aber ich glaube, dass 'Birds Aren't Real' so was wie ein Iglu in einem Schneesturm ist. Ein Ort, an dem Menschen in der gleichen Art von Material Schutz suchen können, das dieses Chaos verursacht – aus Falschinformationen. Und: Er ermöglicht Leuten zusammenzukommen und über diese Dinge zu lachen, die im Alltag erschreckend sind."