Biografie über Franz Marc zum 100. Todestag

"Fatale Verschränkung von Kunst und Krieg"

Das Bild "Weidende Pferde IV, 1911" von Franz Marc wird im Essener Folkwang Museum ausgestellt (handout). Mit einer umfangreichen Ausstellung erinnert das Essener Museum Folkwang an seine großen Verluste durch die Beschlagnahme «entarteter» Kunst während der NS-Zeit. In der ab 20. März geöffneten Präsentation «Das schönste Museum der Welt» werden rund 30 Meisterwerke moderner Malerei als Leihgaben aus aller Welt nach über 70 Jahren wieder erstmals in Essen zu sehen sein
Eines der berühmten Tierbilder von Franz Marc: "Weidende Pferde IV, 1911" © picture alliance/dpa/Folkwang Museum Essen
Wilfried F. Schoeller im Gespräch mit Frank Meyer und Katja Schlesinger · 04.03.2016
Den Ersten Weltkrieg sah der Maler Franz Marc als Möglichkeit, Europa zu "reinigen" und zu einigen. Diese bizarren Vorstellungen des Künstlers greift Wilfried F. Schoeller in seiner Marc-Biografie auf und betont zugleich: Marc sei ein Europäer ohne Deutschtümelei gewesen.
Mit Franz Marc zog die moderne Kunst auf Postern in Deutschlands Wohnzimmer ein. Wer aber war dieser Franz Marc, der vor 100 Jahren, gerade einmal 36 Jahre alt, auf dem Kriegsschlachtfeld von Verdun ums Leben kam?
Vielen gilt er als kriegsbegeistert, weil er sich freiwillig an die Front meldete. Doch welche Beziehung hatte er wirklich zum Krieg? Eine sehr bizarre, sagt Wilfried F. Schoeller, der gerade eine neue Biografie über Franz Marc veröffentlicht hat und nach eigenem Bekunden damit "den Legendenschutt" wegräumen wollte, der sich gebildet habe.

Blutvergießen für die europäische Einigung

Schoeller spricht von einer "fatalen Verschränkung von Kunst und Krieg" bei Marc. Denn Krieg und Versöhnung sei für Marc kein Widerspruch gewesen. Das Blutvergießen auf den Schlachtfeldern habe er als Möglichkeit der "Reinigung und Einigung" eines zerstrittenen Europas betrachtet.
Durch Tod und Verstümmelung von Millionen Menschen sollte ein neues, "sauberes" Europa entstehen – das erscheint aus heutiger Sicht tatsächlich äußerst bizarr. Schoeller nimmt Marc in seiner Biografie jedoch in Schutz: Marc sei Volkstümelei fremd gewesen, er habe sich stets als jungen Europäer betrachtet. "Dass er diese europäische Vorstellung hatte, zeichnet ihn aus und lässt es also nicht mehr zu, von einem deutschen Helden zu sprechen."

Familienalbum der europäischen Moderne

Schoeller sagte weiter, in der Vorkriegszeit habe Franz Marc Kontakte mit Künstlern in ganz Europa gepflegt. "Manchmal, wenn ich an dem Buch geschrieben habe, dachte ich, ich schreibe an einem Familienalbum der europäischen Moderne, der modernen Kunst."

Wilfried F. Schoeller. "Franz Marc: Eine Biographie"
Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG, München, 2016
400 Seiten, 26,00 Euro

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