Billy Bragg: "The Million Things That Never Happened"

Politischer Pandemie-Pop

05:42 Minuten
Mal in Rockerpose: Folksänger Billy Bragg bei einem Auftritt in London 2019.
Auf "The Million Things That Never Happened" ist Billy Bragg nicht nur politisch unterwegs, es wird auch emotional. Seine Lebensgefährtin ist an Brustkrebs erkrankt. © picture alliance / Robin Pope
Von Götz Steeger · 06.10.2021
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In der 80er-Jahren sang Billy Bragg gegen Thatcher, bis heute positioniert er sich gegen den Rechtsruck. Auf seinem neuen Album thematisiert der Singer-Songwriter nun die Pandemie. Aber auch diesmal verkneift er sich nicht die politischen Kommentare.
"The Million Things That Never Happened" heißt das zehnte Studioalbum von Billy Bragg. Das klingt zwar unverkennbar nach dem Songwriter, dennoch ist hier vieles anders als sonst. Es dreht sich – wie könnte es aktuell anders sein – um Corona. Das ist auf eine Art neu für den Musiker:
"Normalerweise versucht man als Songwriter das Publikum auf ein bestimmtes Thema aufmerksam zu machen, über das es bislang nicht nachgedacht hat. Aber die Pandemie ist eine Erfahrung, die jeder gemacht hat, da ist das anders: Man versucht Gefühle auszulösen, aber ohne andauernd die Pandemie zu erwähnen. Manche Menschen haben darunter enorm zu leiden gehabt, sowohl psychisch als auch physisch und darum ging es mir beim Schreiben der Songs."
Der Titelsong des Albums "The Million Things That Never Happened" ist eine Metapher für die Entbehrungen und das Fehlen von Nähe in pandemischen Zeiten. Bragg glaubt, dass alle nach dem Ende der Pandemie einen Verlust empfinden werden. Nicht nur weil Leute gestorben sind, sondern auch durch die sozialen Anlässe, die ausfallen mussten, wie das Bier mit Freunden.

Emotional und roh

Billy Braggs Stimme klingt auf dem Album oft ungewöhnlich fragil und nahe. Das dürfte auch daran liegen, dass beispielsweise beim Song "Good Days & Bad" dem der Gesang von der allerersten Demo-Version stammt. Die hat er mitten im Lockdown und ohne auf Perfektion zu achten, zu Hause aufgenommen.
Überhaupt hatten die beiden Produzenten und Arrangeure Romeo Stodart und Dave Izumi ein glückliches Händchen in puncto Atmosphäre. Zum Beispiel auch durch den Sound eines alten Mellotrons, bei dem ja durch Tastendruck Tonbandspulen mit aufgenommenen Stimmen oder Flöten in Bewegung gesetzt werden.
Auf dem Album geht es um persönliche Schicksale, wie die Brustkrebsdiagnose seiner Managerin und Lebensgefährtin Juliet. Aber auch die politischen Kommentare verkneift sich Billy Bragg keineswegs. Dabei scheint auch sein Humor immer wieder durch. Zum Beispiel bei dem Song "Ten Mysterious Photos That Can’t Be Explained" über Verschwörungsmythen und Desinformation. Mitgeschrieben hat den Song übrigens sein Sohn Jack Valero, der auf dem Album auch als Gitarrist zu hören ist.
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