Bildungsidee aus den USA

Die nächsten Zuckerbergs

Kinder
Symbolbild: "Spark Tank" heißt ein Innovationsprogramm einer privaten Schule in New York, bei der Kinder als Unternehmer geschult werden. © imago/Westend61
Von Heike Wipperfürth · 04.04.2016
Eine Elfjährige präsentiert eine Kostenkalkulation für ihre eigene Kleiderkollektion und wirkt dabei so souverän wie Erwachsene. In den USA wird Kindern das Einmaleins der Firmengründung beigebracht. Nicht alle sind von dieser Entwicklung begeistert.
"Close your eyes!"
Ein Wettbewerb für junge Firmengründer in der Dwight School, eine Privatschule in New York. Maria Guerrero ist ganz in ihrem Element. Die Elfjährige steht neben einem selbst gefertigten Kostüm auf einer Schneiderpuppe und präsentiert eine Kostenkalkulation für neue Gewänder, um die Juroren von ihrer Geschäftsidee zu überzeugen: Eine Kleiderkollektion für junge Mädchen.
"Hier sind die Fakten: Das Gewebe kostet 431,00 Dollar, die Borte 82,00 Dollar und die Herstellung 277,00 Dollar. Ich lasse alles in Kolumbien herstellen, weil das nicht so teuer ist und ich dort Freunde habe."
Die zukünftige Modechefin mit der Blume hinter dem Ohr ist eine Fünftklässlerin. An diesem Abend stellen fast 20 Schüler der Dwight School im Alter von elf bis 17 ihre Gründerideen vor. Die nächste Generation von Entrepeneuren auf der Jagd nach Innovationen zu beflügeln – das ist das heißeste Thema in US amerikanischen Bildungsstätten. Um ganz vorne mitzuspielen, hat die New Yorker Privat-Schule ein Innovationsprogramm erdacht – nach Schulschluss. Es heißt "Spark Tank" also frei übersetzt eine Art Treffpunkt für zündende Ideen. Am Ende soll möglichst der nächste Bill Gates oder Mark Zuckerberg gefördert werden. Auch wenn das für deutsche Ohren etwas übertrieben klingt – die Elfjährige Maria Guerrero ist Feuer und Flamme.
"Bei Spark Tank dreht sich alles darum, seinen Träumen zu folgen. Alle Schulen sollten so ein Programm haben. Ich will beweisen, dass man nicht erwachsen sein muss, um etwas zu erreichen. Es ist völlig egal, wie alt ich bin und dass ich kein Mann bin."
Seit acht Monaten gibt es "Spark Tank" an der Schule. Zum Start wurde das Programm von den Eltern mit Spenden von 180.000 Dollar unterstützt. Damit werden die Kosten für Materialien oder Reisen bestritten, aber auch Erfolge belohnt: Schüler, die es schaffen, ein fertiges Produkt auf den Markt zu bringen, erhalten ein Collegestipendium von 5000 Dollar. Und die Eltern helfen, wo sie können. Dave Lindsay, Vater, erfolgreicher Entrepeneur – und Juror des Wettbewerbs für junge Firmengründer.
"Wir hatten gerade unsere zweite Veranstaltung und ich bin sehr beeindruckt von den großen Fortschritten, die die Schüler gemacht haben, seit wir uns zum ersten Mal getroffen haben."

Zwei Mal in der Woche Meeting für die Jungunternehmer

Machen, ausprobieren, Fehler riskieren – unter diesem Motto setzen sich die Lehrer des Spark Tank Programms zwei Mal in der Woche nach der Schule mit den jungen Gründern zusammen, um ihnen bei der Entwicklung unterschiedlichster Ideen zu helfen. Es gab schon: Ein Gerät für Schwerhörige, das Sprache in Text umwandelt. Ein Spezialstift für Schüler mit Schreibschwäche. Eine App, die vor zu viel Computergebrauch warnt. Es gibt nur eine Grenze: Geld ausgeben dürfen die Schüler nicht, sagt Susan Beyrle, Entwicklungsleiterin der Dwight School.
"Wir haben viel über Minderjährige und Geld nachgedacht und uns entschieden, dass Erwachsene das Geld verwalten. Unsere Schüler bekommen keine Kreditkarten, treffen aber die Entscheidung über die Ausgaben. "
Es klingt gut, dass US Schulen wie Dwight Wagnis und Gründergeist unterstützen, doch Experten warnen vor der Erweckung falscher Hoffnungen.
"Ich habe die Sorge, dass Gründertum als so eine Art schneller Weg zu Ruhm und Reichtum gesehen wird. In einigen wenigen Fällen trifft das zu, in den meisten aber nicht",
sagt Jonathan Jacobs, ein Philosophieprofessor am John Jay College in New York.
Eine Warnung, die vier Fünftklässler der privaten Dwight School gewiss nicht nötig haben. Gemeinsam haben sie ein Geschäftsmodell erstellt, um Musikunterricht in Schulen zu bringen, die sich keinen leisten können – und dabei etwas erfahren, das kein Lehrplan vermittelt. Winnie Tan, ein elfjähriges Mitglied des Teams:
"Ich wusste nicht, dass öffentliche Schulen keinen Musikunterricht geben. Ich dachte, alle haben Musikunterricht. Ich finde, das ist nicht fair."
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