Techno- und Queer-Szene in der Ukraine

Party und Protest in ungewisser Zukunft

Tobias Zielonys Foto "Make up" aus der Serie Maskirovka, aufgenommen 2017 in Kiew.
Zigarettenpause auf dem Balkon: Das Foto "Make up" von Tobias Zielony. © Tobias Zielony und KOW, Berlin
Gesa Ufer im Gespräch mit Tobias Zielony · 08.09.2017
In Kiew flüchten Jugendliche vor einer ungewissen Zukunft ihres Landes in die Welt der Techno- und Queer-Szene. Fotograf Tobias Zielony zeigt in einer Ausstellung in Wuppertal Einblicke in ihr Leben - und in die Hinterhausclubs der ukrainischen Hauptstadt.
"Maskirovka" nennt Fotograf Tobias Zielony seine neuesten Arbeiten, Fotografien aus der Techno- und Queer-Szene in Kiew. Der Begriff heißt so viel wie "verdeckte Kriegsführung" oder auch "militärische Täuschung" und tauche "jetzt wieder häufiger auf, um die russische Intervention in der Ukraine nach der Maidan-Revolution zu beschreiben, wie der Bürgerkrieg in der Ost-Ukraine ein 'nicht erklärter Krieg'", sagt Zielony.
Mittendrin in diesem politischen Maskenspiel sucht eine Generation nach der Identität – und greift selbst auf Masken- und Rollenspiel zurück. Sei es in der Techno-Szene oder bei der Suche nach der eigenen sexuellen Identität in der Queer-Community.
Ausschnitt aus Tobias Zielonys Foto "Mask" aus der Serie Maskirovka, aufgenommen 2017 in Kiew.
Um das Maskenspiel geht es in Tobias Zielonys Foto-Serie "Maskirovka".© Tobias Zielony und KOW, Berlin
Eine Menschenschlange vor dem Club, Jugendliche, die im Park rumhängen oder die Zigarettenpause auf dem Balkon: Beiläufig kommen die Aufnahmen Zielonys daher, die in der Von-der-Heydt-Kunsthalle in Wuppertal unter dem Ausstellungstitel "Haus der Jugend" zu sehen sind. Damit knüpft der Künstler an die Streetart Fotografie von Künstlern wie Nan Goldin, Wolfgang Tillmans oder auch an die Fotografien Larry Clarks an.
Ausgangspunkt der Bilderserie seien Gedanken über Europa gewesen – und die Frage, "wo sich die großen Krisen in Europa manifestieren". Dank einer jungen Frau aus Kiew habe Zielony dann die Undergroundszene in Kiew kennengelernt. Eine Szene, "die man irgendwie finden muss". Denn die Clubs oder spontane Graffiti-Events im Park seien für einen Außenstehenden nicht ohne weiteres zugänglich.
Das Leben der Jugendlichen spielt sich an Nicht-Orten ab und erzählt von der Suche nach Identität und Selbstbewusstsein. In Kiew, wo viele nicht einmal wissen, "was in der nächsten Woche passiert, wie sie dann Geld verdienen", verdichtet sich dieses Gefühl, mischt sich mit der gesellschaftspolitischen Situation des Landes. Die Bilder Zielonys – Schnappschüssen gleich – erzählen von diesem flüchtigen Jetzt und einer ungewissen Zukunft.
(lk)
Die von uns gezeigten Fotos von Tobias Zielony sind zugeschnitten und entsprechen nicht dem Original-Format.
Mehr zum Thema