Bilder vom Wandel in Südafrika
Andrew Tshabangu dokumentiert die Lebensverhältnisse von Schwarzen in seiner Heimatstadt Johannesburg. Sein Blick konfrontiert uns mit der Realität seines Landes, das sich auch viele Jahre nach dem Ende der Apartheid noch immer im Umbruch befindet. Seine Arbeiten sind zurzeit im Kunstforum Niederrhein im Emmerich zu sehen.
Der Minibus ins Zentrum von Johannesburg steht mehr als er fährt – ständig steigen Leute ein und aus. Kaum hat Andrew Tshabangu Platz genommen, sammelt er auch schon mit geübten Griffen das Geld der anderen Fahrgäste ein.
"Ich habe unser Geld und das der Frau neben uns nach vorne durch gereicht. Kommt dann Wechselgeld zurück, verteile ich das wieder unter uns. Da gewöhnt man sich schnell dran."
Wie Millionen andere Johannesburger verbringt auch der Fotograf viel Zeit in den Sammeltaxis, um von A nach B zu kommen. Der 42-Jährige lebt seit seiner Geburt in den South Western Townships – den ehemals von der Apartheidregierung errichteten Wohnvierteln für Schwarze. Der Mann mit der sympathischen Zahnlücke zwischen den Schneidezähnen ist ein Einzelgänger – seit die Mutter gestorben ist, lebt er alleine. Zu seinem Zwillingsbruder hat er schon lange keinen Kontakt mehr.
Im Minibus legt Andrew vorsichtig einen neuen Film ein.
"So bin ich bereit, wenn ich drinnen oder draußen was Interessantes sehe. Nachmittags, wenn die Leute von der Arbeit kommen, mache ich am meisten Fotos."
Mit einem Blick durch die zerbrochene Windschutzscheibe oder einem Ausschnitt im Rückspiegel fängt der Fotograf Momente des bewegten Johannesburger Straßenlebens ein: Menschen, die in die Minibusse ein- oder aussteigen, auf dem Bürgersteig mit ihren Waren auf dem Kopf balancierend vorbeihuschen oder geduldig in einer langen Schlange auf den nächsten Bus warten.
"”We are getting off here.”"
Der schmächtige Schwarze lässt sich auf den Bree Street Taxi Rank zutreiben – den zentralen Sammeltaxi-Platz in der Johannesburger Innenstadt. Drinnen steuert er zielsicher durch die Gänge des ehemaligen Parkhauses. Ein umsichtiger Blick über die Schulter, zwei, drei Schnappschüsse und schon steckt Andrew die Kamera wieder zurück in den unscheinbaren, alten Rucksack. Der Fotograf will um keinen Preis auffallen. Vom ersten Stock des Taxibahnhofs fotografiert er die Blechlawine und den nicht abreißenden Menschenstrom, der sich im Takt der Ampeln über die Straße schiebt. Alles ist in Bewegung – der Rhythmus der Innenstadt ist atemberaubend.
Andrew selbst ist manchmal fassungslos angesichts des raschen Wandels in Südafrika. Während unter der Apartheid Schwarze gezwungen waren in bestimmten, meist ländlichen Gebieten zu wohnen, machen sich heute immer mehr auf der Suche nach Arbeit und ihrem Glück in die Städte auf. Mit viel Feingefühl dokumentiert der Fotograf das Alltagsleben in der Millionenmetropole, deren Gesicht sich ebenfalls stetig wandelt.
"Joubert Park war unter der Apartheid ein Ort für Weiße, um sich zu vergnügen. Seit dem politischen Wandel aber strömen immer mehr Menschen in die Stadt, die nicht wissen, wovon sie leben sollen. Und so haben einige angefangen, im Park Essen zu kochen und zu verkaufen. Heute sind die Garküchen dort, wo früher sonntags weiße Liebespaare und Familien flanieren gingen."
Die Schwarz-Weiß Fotos aus dem Joubert Park zeigen die Härte des Alltags: In den grauen Rauchschwaden der offenen Feuerstellen zeichnen sich schemenhaft gebeugte Frauenkörper ab, die Holz nachlegen und in Töpfen rühren. Doch mit den Lichtreflexen der Sonnenstrahlen, die sich durch den Rauch kämpfen, kommen auch Poesie und Würde in die Bilder.
Andrew hatte davon geträumt, Schauspieler zu werden. Doch unter der Apartheid waren die Schul- und Ausbildungsmöglichkeiten für Schwarze sehr begrenzt. Schließlich landete er im Alexandra Community Art Centre – einem Township-Kulturzentrum – nicht in der Schauspiel-, sondern in der Fotografie-Klasse. Er hatte sein Ausdrucksmittel gefunden, doch ohne die Unterstützung seiner Mutter hätte er seinen Weg als Fotograf wohl nicht machen können.
"Ich habe wirklich Glück, dass ich immer auf die emotionale Unterstützung meiner Mutter zählen konnte. In den Zeiten, in denen ich kein Geld verdiente, lebte ich von ihrem. Obwohl sie selbst nicht viel hatte, beschwerte sie sich nie, dass ich mir einen ordentlichen Job suchen solle."
Den anfänglichen Versuch, sich mit Auftragsfotos für Zeitungen ein Zubrot zu verdienen, gab er schnell auf. Er sei einfach nicht schnell genug, stellt er verlegen fest. Allzu selbstbewusst ist Andrew nicht, dafür scheint sein Durchhaltevermögen unerschöpflich. Er fotografiert zielstrebig weiter, auch wenn für längere Zeit die Verkäufe seiner Fotos ausbleiben – denn die Fotografie ist längst fester Bestandteil seines Lebens.
"Mir sind vor allem die Menschen wichtig. Die Fotografie ermöglicht mir, viele Menschen zu treffen und in ihre Leben einzutauchen. Wir leben in einer Welt mit großen Herausforderungen. Meine Kamera hilft mir ein bisschen, diesen Herausforderungen zu begegnen."
Service:
Die Fotoausstellung "Johannesburg Transitions" ist am 14. März 2009 im Kunstforum Niederrhein im Emmerich eröffnet worden, wo sie bis zum 17. Mai 2009 zu sehen sein wird. Danach wandert sie weiter nach Köln und Sylt.
"Ich habe unser Geld und das der Frau neben uns nach vorne durch gereicht. Kommt dann Wechselgeld zurück, verteile ich das wieder unter uns. Da gewöhnt man sich schnell dran."
Wie Millionen andere Johannesburger verbringt auch der Fotograf viel Zeit in den Sammeltaxis, um von A nach B zu kommen. Der 42-Jährige lebt seit seiner Geburt in den South Western Townships – den ehemals von der Apartheidregierung errichteten Wohnvierteln für Schwarze. Der Mann mit der sympathischen Zahnlücke zwischen den Schneidezähnen ist ein Einzelgänger – seit die Mutter gestorben ist, lebt er alleine. Zu seinem Zwillingsbruder hat er schon lange keinen Kontakt mehr.
Im Minibus legt Andrew vorsichtig einen neuen Film ein.
"So bin ich bereit, wenn ich drinnen oder draußen was Interessantes sehe. Nachmittags, wenn die Leute von der Arbeit kommen, mache ich am meisten Fotos."
Mit einem Blick durch die zerbrochene Windschutzscheibe oder einem Ausschnitt im Rückspiegel fängt der Fotograf Momente des bewegten Johannesburger Straßenlebens ein: Menschen, die in die Minibusse ein- oder aussteigen, auf dem Bürgersteig mit ihren Waren auf dem Kopf balancierend vorbeihuschen oder geduldig in einer langen Schlange auf den nächsten Bus warten.
"”We are getting off here.”"
Der schmächtige Schwarze lässt sich auf den Bree Street Taxi Rank zutreiben – den zentralen Sammeltaxi-Platz in der Johannesburger Innenstadt. Drinnen steuert er zielsicher durch die Gänge des ehemaligen Parkhauses. Ein umsichtiger Blick über die Schulter, zwei, drei Schnappschüsse und schon steckt Andrew die Kamera wieder zurück in den unscheinbaren, alten Rucksack. Der Fotograf will um keinen Preis auffallen. Vom ersten Stock des Taxibahnhofs fotografiert er die Blechlawine und den nicht abreißenden Menschenstrom, der sich im Takt der Ampeln über die Straße schiebt. Alles ist in Bewegung – der Rhythmus der Innenstadt ist atemberaubend.
Andrew selbst ist manchmal fassungslos angesichts des raschen Wandels in Südafrika. Während unter der Apartheid Schwarze gezwungen waren in bestimmten, meist ländlichen Gebieten zu wohnen, machen sich heute immer mehr auf der Suche nach Arbeit und ihrem Glück in die Städte auf. Mit viel Feingefühl dokumentiert der Fotograf das Alltagsleben in der Millionenmetropole, deren Gesicht sich ebenfalls stetig wandelt.
"Joubert Park war unter der Apartheid ein Ort für Weiße, um sich zu vergnügen. Seit dem politischen Wandel aber strömen immer mehr Menschen in die Stadt, die nicht wissen, wovon sie leben sollen. Und so haben einige angefangen, im Park Essen zu kochen und zu verkaufen. Heute sind die Garküchen dort, wo früher sonntags weiße Liebespaare und Familien flanieren gingen."
Die Schwarz-Weiß Fotos aus dem Joubert Park zeigen die Härte des Alltags: In den grauen Rauchschwaden der offenen Feuerstellen zeichnen sich schemenhaft gebeugte Frauenkörper ab, die Holz nachlegen und in Töpfen rühren. Doch mit den Lichtreflexen der Sonnenstrahlen, die sich durch den Rauch kämpfen, kommen auch Poesie und Würde in die Bilder.
Andrew hatte davon geträumt, Schauspieler zu werden. Doch unter der Apartheid waren die Schul- und Ausbildungsmöglichkeiten für Schwarze sehr begrenzt. Schließlich landete er im Alexandra Community Art Centre – einem Township-Kulturzentrum – nicht in der Schauspiel-, sondern in der Fotografie-Klasse. Er hatte sein Ausdrucksmittel gefunden, doch ohne die Unterstützung seiner Mutter hätte er seinen Weg als Fotograf wohl nicht machen können.
"Ich habe wirklich Glück, dass ich immer auf die emotionale Unterstützung meiner Mutter zählen konnte. In den Zeiten, in denen ich kein Geld verdiente, lebte ich von ihrem. Obwohl sie selbst nicht viel hatte, beschwerte sie sich nie, dass ich mir einen ordentlichen Job suchen solle."
Den anfänglichen Versuch, sich mit Auftragsfotos für Zeitungen ein Zubrot zu verdienen, gab er schnell auf. Er sei einfach nicht schnell genug, stellt er verlegen fest. Allzu selbstbewusst ist Andrew nicht, dafür scheint sein Durchhaltevermögen unerschöpflich. Er fotografiert zielstrebig weiter, auch wenn für längere Zeit die Verkäufe seiner Fotos ausbleiben – denn die Fotografie ist längst fester Bestandteil seines Lebens.
"Mir sind vor allem die Menschen wichtig. Die Fotografie ermöglicht mir, viele Menschen zu treffen und in ihre Leben einzutauchen. Wir leben in einer Welt mit großen Herausforderungen. Meine Kamera hilft mir ein bisschen, diesen Herausforderungen zu begegnen."
Service:
Die Fotoausstellung "Johannesburg Transitions" ist am 14. März 2009 im Kunstforum Niederrhein im Emmerich eröffnet worden, wo sie bis zum 17. Mai 2009 zu sehen sein wird. Danach wandert sie weiter nach Köln und Sylt.