Bilder der Liebe

Von Katalin Fischer |
Blutende Herzen, Amors Pfeil - diese Metaphern der Liebe sind keine Erfindungen der Werbe- und Filmindustrie. Ihre Wurzeln reichen weit zurück zu den Anfängen der neuzeitlichen abendländischen Kultur. Die Ausstellung "True Romance" zeigt die Entwicklung einer Bildsprache der Liebe von der Renaissance bis heute.
"Wenn Feuer niemals Feuer überwand,
und niemals noch versiegte Flut in Flut,
Glut heißer noch erglüht in neuer Glut,
ja oft der Gegensatz erhitzt den Brand.
Amor in uns so mächtig süßer Drang,
dass in zwei Körpern eine Seele ward,
warum in unerhörter neuer Art
machst du das Sehnen stumpf vor Überschwang?"


Im Grunde sagen sie alle dasselbe, die Beatles im 20. und der Dichter Francesco Petrarca im 14. Jahrhundert. Die Liebe berührt und interessiert alle Menschen zu allen Zeiten. So gesehen ist es nur folgerichtig, dieses ewig schöne und ewig schmerzliche Thema auch in einer Kunstausstellung anzupacken, was jetzt unter dem Titel "True Romance - Allegorien der Liebe" in der Münchener Villa Stuck geschieht.

Belinda Grace Gardner: "Der Ausgangspunkt der Ausstellung ist der Dichter Francesco Petrarca, aber eben in Bezug auf eine Initialzündung der Worte oder der Sprachbilder, in denen wir bis heute immer noch über die Liebe reflektieren, das geht einher mit dem Neoplatonismus in der Renaissance, wo man das Antikenbild beibehalten hat in der Kunst, wo die Schönheit und die Liebe thematisiert werden als Kräfte, die den Menschen verfeinern sollen und dann durch die Jahrhunderte hinweg durchdeklinierbar werden, wobei das Liebesthema auch in der Kunst erst wirklich losgeht in der Folge nach Petrarca."

Das sagt die Kuratorin der Schau, Belinda Grace Gardner. Etwa 150 Werke von 80 Künstlerinnen und Künstlern eröffnen uns den Blick auf die Liebe in den Räumen des Jahrhundertwende-Malerfürsten Franz von Stuck. Er selbst ist in der Ausstellung mit seinem romantischen Werk "Der Abendstern" vertreten: Vor nachtdämmernder Landschaft küsst sich rechts unten im Bild ein Liebespaar, während von links oben spannungsvoll kontrapunktierend der Abendstern leuchtet.

Das Museum Villa Stuck bietet einen kostbaren Rahmen für die Liebesschau. Zeitgenössische Arbeiten werden in historischen Wohnräumen ausgestellt, in hohen Sälen, deren Decke den Himmel mit allen Gestirnen nachbildet, deren Boden mit feinsten Intarsien geschmückt ist und das Tageslicht von olivgrün oder korallenrot lasierten Wänden sanft reflektiert wird.

Im erneuerten Galerieteil des Hauses wandelt man von unten in die oberen Stockwerke von der Renaissance bis in die Gegenwart.

Zunächst sind da der Renaissancegeist und Frühhumanist Francesco Petrarca und seine ideale Geliebte Laura. Er kannte sie nur vom Sehen, widmete ihr aber 366 Liebesgedichte. Der Dichter und seine Muse erscheinen in kostbaren Stichen, Illustrationen alter Bücher. Auf einem Kupferstich von Albrecht Dürer lauert der Tod hinter einem Baum versteckt dem ahnungslosen Liebespaar auf.

Weiter geht es in die Welt der rosafleischigen Venusbildnisse des 17. und 18. Jahrhunderts. Amors Triumphzug dominiert die Szenerie - und von da aus führt die Ausstellung in einem ungeheuren Sog weiter bis in die heutige Zeit.

Belinda Grace Gardner: "Die Realitätswerdung der Liebe hat zur Folge, dass man es in den Bildern mit Ansichten zu tun hat, die auch das Problematische, die Schattenseiten der Liebe thematisieren, das Auseinanderbrechen der Liebe, das Auseinandergehen, das aneinander vorbei Leben, das nicht mehr kommunizieren Können und ähnliche Themen mehr. Das finden wir bei Kirchner zum Beispiel, wir finden es später auch bei Fotos von Nan Goldin, die beides zeigt, die Feier der Liebe und Scheitern der Liebe."

Zu den Höhepunkten der Ausstellung zählen märchenhafte präraffaelitische Malereien, Max Klingers Träume vom Liebesglück, Perlen des Jugendstils von Gustav Klimt, eine kraftvolle Liebesumarmung von Egon Schiele, ein früher Kandinsky mit einem Liebespaar, das an der schillernden nächtlichen Kulisse einer Stadt vorbeireitet.

Liebe in allen Sphären, in Malerei, Zeichnung, Skulptur, in Filmen, Fotos, Dias und Installationen.

Einer der Räume ist das Kuss-Zimmer. Hier wird in einer Endlosschleife immer weiter geküsst. Im nächsten geht die Liebe in Flammen auf, und im obersten Stockwerk schließlich thront das Scheitern: Mitten im Liebesnest sitzt die kleine Guillotine. Die Schmetterlinge im Bauch sind von Damien Hirst in Kunstharz gegossen worden. Eine Rieseninstallation von Michael Sailsdorfer mahnt an die Liebe auf Reisen, die nicht wirklich zueinanderfinden, sich aber auch nicht trennen kann.

Und was sagt uns prachtvoll üppige Schau? Kuratorin Belinda Grace Gardner jedenfalls gewann eine Erkenntnis:

"Ich denke, dass tatsächlich die Liebe wirklich immer Siegerin ist. Ich glaube, dass sie an Kraft nichts eingebüßt hat und selbst in unserer Zeit, selbst in unserer doch von Medienoverflow und Entleerung der Bilder und der Worte, dass wir es immer noch mit einer Kraft zu tun haben, die offensichtlich nicht wirklich nachlässt."

Service:
Die Ausstellung "True Romance - Allegorien der Liebe, von der Renaissance bis heute" ist vom 21. Februar bis 12. Mai 2008 im Museum Villa Stuck in München zu sehen.