Thomas Marent (Fotografien) / Fritz Jantschke (Text): Affen der Welt - Welt der Affen
Mit einem Vorwort von Jane Goodall
Frederking & Thaler, München 2014
240 Seiten, 49,99 Euro
Bedrohte Primaten
In seinem umwerfenden Bildband zeigt der Fotograf Thomas Marent die nicht immer affentypischen Protagonisten innerhalb ihrer Lebenswelt: von winzigen Mausmakis über Brillenlanguren bis hin zu aggressiven Löwenäffchen.
Diesen Gesellen hätte der Laie nicht unbedingt als Affen erkannt. Mit seinem gelbgrauen Fell, den roten Augen, der spitzen Nase und den überdimensionierten Ohren gleicht der kleine Pelzträger eher einem Nagetierchen. Auch sind seine Finger – extrem lang und mit klöppelartigen Verdickungen zum Ende hin – nicht unbedingt affentypisch. Sie erinnern vielmehr an E.T.
Doch stammt das Buschbaby, das Senegal-Galago, nicht aus einer anderen Welt, es ist in den Waldgebieten Afrikas zu Hause. Mit einer Länge von 13 bis 25 Zentimetern und einem Gewicht von höchstens 500 Gramm zählt es zu den kleinsten Primaten und damit zu den "Affen der Welt" oder anders gesagt zu der "Welt der Affen", wie der Tierfotograf Thomas Marent seinen umwerfenden Bildband genannt hat.
Seit mehr als 25 Jahren bereist der Schweizer die Regenwälder Asiens, Südamerikas, Afrikas, Australiens und Neuseelands. In dieser Zeit bekam der Fotograf über 100 von heute etwa 500 bekannten Primatenarten vor die Linse - von winzigen Mausmakis über Brillenlanguren bis hin zu Orang-Utans. Auch extrem seltene Tiere wie die Seidensifakas oder extrem scheue wie die Drills spürte Marent auf.
Charakterstudien und Familienporträts
Alle Affen werden innerhalb ihrer Lebenswelt gezeigt. So turnt eine Gruppe von Berggorillas in luftiger Höhe, Japan-Makaken sind mit schneebedeckten Köpfen in heißen Quellen badend zu sehen und Kapuzineraffen beim Flug durchs Geäst.
Viele dieser Aufnahmen sind nicht nur herausragende Dokumentarfotografien, sondern kunstvolle Bildnisse. Marent fängt Szenen ein, die an Familienporträts erinnern, und zeichnet bisweilen wahre Charakterstudien. So lugt etwa ein neugieriger Kronenmaki aus dem Blätterwald, ein Lisztäffchen zeigt sich sprungbereit oder ein aggressives Löwenäffchen bleckt seine Zähne. Den einen würde man gerne kennenlernen, die anderen beiden lieber nicht.
Für die Systematik des Buches konnte Marent den renommierten Zoologen Fritz Jantschke gewinnen. Unterteilt in vier Kapitel (Halbaffen, Neuweltaffen, Altweltaffen und Menschenaffen) beschreibt dieser anschaulich die Lebenswelt der Primaten. So erfährt man, dass das Buschbaby aufrecht hüpfend Jagd auf Insekten macht, während das Aye-Aye gerne Kokosnüsse auslöffelt. Dass Halbaffen einzelgängerisch veranlagt sind, während fast alle anderen Arten in Gruppen leben. Und dass die Goldstumpfnasenaffen zu den farbenprächtigsten Primaten gehören, während Wieselmakis einfarbig daherkommen.
Eines jedoch gilt für alle Primaten, und das wird an vielen Stellen in diesem herausragend schönen und lehrreichen Buch wiederholt: Affen sind extrem bedroht. Wegen des drastischen Verlustes ihres natürlichen Lebensraumes steht jede zweite Art vor dem Aussterben. Pro Minute verschwindet ein Stück Regenwald, das der Fläche von etwa 35 Fußballfeldern gleicht. Thomas Marent und Fritz Jantschke geht es mit diesem Buch daher nicht nur um eine Liebeserklärung an eine faszinierende Welt, sie treten vielmehr auch als Mahner an. Umso überzeugender, dass sie eine Jane Goodall für ihr Vorwort gewinnen konnten.