Bikers Helpline
Mit dem Motorrad durch die Landschaft zu fahren, macht Spaß - ist aber auch gefährlich: Unfälle sind meist schwere Unfälle. Wenn dann das Leben aus den Fugen gerät, bietet die Notfallseelsorge Hilfe an. Die Nummer der Bikers Helpline ist rund um die Uhr erreichbar.
Es ist der 29. August 1991, der Dieter Merker aus der Bahn wirft. Der Schlosser ist mit seinem Motorrad unterwegs, als ihn ein Auto anfährt. Schwer verletzt wird er ins Krankenhaus gebracht. Sein erster Gedanke:
"Ich war erst mal für mich selber nur Krüppel. Das, was vorher war, war nicht mehr. Vorher hatte ich Arbeit gehabt, vorher, da war mein Leben eigentlich gut sortiert gewesen. Dieser Unfall, der reißt eben doch ganz schöne Löcher."
Und die Gedanken kreisen:
"Ich hab mir dann wirklich den Film geschoben: Was taugst du jetzt noch, wer bist du noch, hat dein Leben überhaupt noch Wert?"
Sein rechtes Bein zieht der 51-Jährige auch heute noch leicht nach. Doch den Sinn im Leben - den hat Dieter Merker wieder gefunden. Geholfen hat ihm dabei "Bikers Helpline" - ein Notfalltelefon für Motorradfahrer. Der Hamburger Pastor Holger Janke leitet das Projekt:
"Bikers Helpline ist ein Notruf, der bundesweit geschaltet ist, 0180 44 fünf Mal die Drei. Da ist rund um die Uhr jemand erreichbar, der ausgebildet ist, Seelsorger oder Psychologe, weil wir gemerkt haben, als Motorradfahrerinnen und -fahrer, dass wir ganz viele Gottesdienste machen, aber wenn dann was passiert, sind wir schlecht erreichbar, weil wir alle noch in der Gemeinde sind. Und dann haben wir gesagt: Es muss eine Anlaufstelle geben. Das ist ein Projekt, was vor 15 Jahren aus dem Hamburger Motorradgottesdienst entstanden ist."
400 Anrufe gehen jedes Jahr bei der Notfallnummer ein. 23 Helfer nehmen sie entgegen, doppelt so viele Freiwillige besuchen die Unfallopfer und deren Angehörige auch daheim - wenn sie es wollen.
Dass Dieter Merker nach seinem Unfall bei Bikers Helpline gelandet ist, und heute anderen Motorradfahrern in Not hilft, nennen manche Zufall - für ihn ist es göttlicher Wille. Der Mann aus Apolda in Thüringen berichtet:
"Ich war früher ein ganz normaler DDR-Bürger, sag ich jetzt einfach mal. Mit Gott hatten wir gar nichts am Hut. Es war alles erklärbar, durch Wissenschaft und so, und was nicht erklärbar war, das wird eben erst erforscht. Nach dem Unfall hat sich mein Wertesystem völlig verändert."
Der 51-Jährige nimmt seine Behinderung an, schult zum Arbeitspädagogen um - und fährt weiter leidenschaftlich Motorrad. Mit ein paar Umbauten an der Maschine kann er das wieder. Von Apolda hat er sich auf nach Hamburg gemacht, um beim Motorradgottesdienst von Holger Janke dabei zu sein.
Die Kirche "Zum guten Hirten" ist voll. Dicht an dicht sitzen die Biker in speckiger Lederkluft und schützenden Funktionsjacken. Neben dem Altar stehen zwei Motorräder, auf dem Boden liegen ein paar Helme. Pastor Holger Janke ist selbst begeisterter Biker und hat sogar den Weg nach Santiago de Compostela schon auf dem Bock zurückgelegt. "Wie viel Bock braucht der Mensch?", fragt der evangelische Geistliche deswegen auch in seiner Predigt. Den Psalm 23 vom guten Hirten hat Janke in eine Bikerversion umgeschrieben:
"Und ob ich auch rutschte im nassen Tal, fürchte ich kein Unglück, denn du bist bei mir. Dein Engel und Rat trösten mich."
Janke kommt mit seiner Predigt gut an, seine Witze zünden. Etwa, wenn er von der Fahrt zum schicken BMW-Motorradhändler erzählt, auf seinem alten Knatter-Moped:
"Als fleißiger Stadtpfarrer wollte ich mir mal dieses coole Bike ankucken. Und setzte mich auf meine schöne MZ - Stalins letzte Rache, auch im Westen noch vertreten."
"Ich war erst mal für mich selber nur Krüppel. Das, was vorher war, war nicht mehr. Vorher hatte ich Arbeit gehabt, vorher, da war mein Leben eigentlich gut sortiert gewesen. Dieser Unfall, der reißt eben doch ganz schöne Löcher."
Und die Gedanken kreisen:
"Ich hab mir dann wirklich den Film geschoben: Was taugst du jetzt noch, wer bist du noch, hat dein Leben überhaupt noch Wert?"
Sein rechtes Bein zieht der 51-Jährige auch heute noch leicht nach. Doch den Sinn im Leben - den hat Dieter Merker wieder gefunden. Geholfen hat ihm dabei "Bikers Helpline" - ein Notfalltelefon für Motorradfahrer. Der Hamburger Pastor Holger Janke leitet das Projekt:
"Bikers Helpline ist ein Notruf, der bundesweit geschaltet ist, 0180 44 fünf Mal die Drei. Da ist rund um die Uhr jemand erreichbar, der ausgebildet ist, Seelsorger oder Psychologe, weil wir gemerkt haben, als Motorradfahrerinnen und -fahrer, dass wir ganz viele Gottesdienste machen, aber wenn dann was passiert, sind wir schlecht erreichbar, weil wir alle noch in der Gemeinde sind. Und dann haben wir gesagt: Es muss eine Anlaufstelle geben. Das ist ein Projekt, was vor 15 Jahren aus dem Hamburger Motorradgottesdienst entstanden ist."
400 Anrufe gehen jedes Jahr bei der Notfallnummer ein. 23 Helfer nehmen sie entgegen, doppelt so viele Freiwillige besuchen die Unfallopfer und deren Angehörige auch daheim - wenn sie es wollen.
Dass Dieter Merker nach seinem Unfall bei Bikers Helpline gelandet ist, und heute anderen Motorradfahrern in Not hilft, nennen manche Zufall - für ihn ist es göttlicher Wille. Der Mann aus Apolda in Thüringen berichtet:
"Ich war früher ein ganz normaler DDR-Bürger, sag ich jetzt einfach mal. Mit Gott hatten wir gar nichts am Hut. Es war alles erklärbar, durch Wissenschaft und so, und was nicht erklärbar war, das wird eben erst erforscht. Nach dem Unfall hat sich mein Wertesystem völlig verändert."
Der 51-Jährige nimmt seine Behinderung an, schult zum Arbeitspädagogen um - und fährt weiter leidenschaftlich Motorrad. Mit ein paar Umbauten an der Maschine kann er das wieder. Von Apolda hat er sich auf nach Hamburg gemacht, um beim Motorradgottesdienst von Holger Janke dabei zu sein.
Die Kirche "Zum guten Hirten" ist voll. Dicht an dicht sitzen die Biker in speckiger Lederkluft und schützenden Funktionsjacken. Neben dem Altar stehen zwei Motorräder, auf dem Boden liegen ein paar Helme. Pastor Holger Janke ist selbst begeisterter Biker und hat sogar den Weg nach Santiago de Compostela schon auf dem Bock zurückgelegt. "Wie viel Bock braucht der Mensch?", fragt der evangelische Geistliche deswegen auch in seiner Predigt. Den Psalm 23 vom guten Hirten hat Janke in eine Bikerversion umgeschrieben:
"Und ob ich auch rutschte im nassen Tal, fürchte ich kein Unglück, denn du bist bei mir. Dein Engel und Rat trösten mich."
Janke kommt mit seiner Predigt gut an, seine Witze zünden. Etwa, wenn er von der Fahrt zum schicken BMW-Motorradhändler erzählt, auf seinem alten Knatter-Moped:
"Als fleißiger Stadtpfarrer wollte ich mir mal dieses coole Bike ankucken. Und setzte mich auf meine schöne MZ - Stalins letzte Rache, auch im Westen noch vertreten."
Der Pastor weiß, auf was seine Jungs stehen - und wie sie ticken
"Bikers Helpline ist Männerarbeit, wir Männer ticken schon anders als Frauen. Ja, man spricht nicht so viel über Gefühle, sondern man hat erst mal so seine äußerliche Rolle und seine Kutte und seinen Anzug und ist immer ganz cool, aber wir sind ja nicht gefühllose Wesen. Natürlich geht es einem Mann unter die Haut, wenn seine Frau eine Krankheit diagnostiziert bekommt oder sogar verstirbt. Am Telefon kullern da schon auch die Tränen."
Durch Bikers Helpline kommen häufig Menschen zur Kirche, die vorher mit dem Glauben nichts zu tun hatten. Auch Jürgen Heß aus Schleswig ist heute unter den Helfern. Der 56-Jährige mit weißem Vollbart ist der Meinung, dass er gut an Gott und Odin gleichzeitig glauben könne. Seine Thorshammer-Kette hat er heute allerdings daheim gelassen. Manch einem mag die Bikerhilfe wie eine geschickte PR-Aktion der Kirche vorkommen. Pastor Holger Jahnke widerspricht dem vehement:
"Im Gegenteil, die Kirche hat eigentlich totale Berührungsängste, weil sie sagen, das ist nicht Volkskirche, das ist nicht Ortsgemeinde, da kann ja - was weiß ich - demnächst auch der Golfclub kommen."
Trotzdem: Holger Janke macht weiter. Der Erfolg gibt ihm recht. Es sind Geschichten wie die von Dieter Merker, dem Biker aus Apolda, die Janke immer wieder Kraft geben. Der Dieter Merker, dessen Leben nach dem Unfall vorbei war, der sich nur als Krüppel gesehen hat, ist Vergangenheit. Merker ist heute ein neuer, ein anderer Mensch:
"Ich bin ein Mensch, der zufrieden ist, der andere Menschen gerne weiterbringen möchte, dadurch, dass ich auch in der Behindertenhilfe arbeite. Und ich glaube, ich bin auch ein ganz dankbarer Mensch."
Bikers Helpline: Das Seelsorgetelefon ist rund um die Uhr erreichbar unter 0180-44 333 33 - oder online unter bikershelpline.de
Durch Bikers Helpline kommen häufig Menschen zur Kirche, die vorher mit dem Glauben nichts zu tun hatten. Auch Jürgen Heß aus Schleswig ist heute unter den Helfern. Der 56-Jährige mit weißem Vollbart ist der Meinung, dass er gut an Gott und Odin gleichzeitig glauben könne. Seine Thorshammer-Kette hat er heute allerdings daheim gelassen. Manch einem mag die Bikerhilfe wie eine geschickte PR-Aktion der Kirche vorkommen. Pastor Holger Jahnke widerspricht dem vehement:
"Im Gegenteil, die Kirche hat eigentlich totale Berührungsängste, weil sie sagen, das ist nicht Volkskirche, das ist nicht Ortsgemeinde, da kann ja - was weiß ich - demnächst auch der Golfclub kommen."
Trotzdem: Holger Janke macht weiter. Der Erfolg gibt ihm recht. Es sind Geschichten wie die von Dieter Merker, dem Biker aus Apolda, die Janke immer wieder Kraft geben. Der Dieter Merker, dessen Leben nach dem Unfall vorbei war, der sich nur als Krüppel gesehen hat, ist Vergangenheit. Merker ist heute ein neuer, ein anderer Mensch:
"Ich bin ein Mensch, der zufrieden ist, der andere Menschen gerne weiterbringen möchte, dadurch, dass ich auch in der Behindertenhilfe arbeite. Und ich glaube, ich bin auch ein ganz dankbarer Mensch."
Bikers Helpline: Das Seelsorgetelefon ist rund um die Uhr erreichbar unter 0180-44 333 33 - oder online unter bikershelpline.de