Bienzle und der bigotte Frauenheld
Felix Huby schreibt seit 1976 Kriminalromane, Tatort-Drehbücher und Krimiserien. Aus seiner Feder stammen die Kommissare Bienzle, Palü, Schimanski und Peter Heiland. In seinem mittlerweile 19. "Bienzle-Krimi" schickt er den Württemberger Kommissar in Rente. Doch vorher muss der noch den Mord an seiner Patentante Gerlinde aufklären.
Welch ein Leben! Jahrzehntelang im Alter immer zwischen 50 und 60 ein rüstiger Schwabe sein: bodenständig, mit Hang zum Württemberger Weine und zur gepflegten Melancholie. Seit 1977 hat uns der Stuttgarter Erste Kriminalhauptkommissar Ernst Bienzle durch die Krimiwelt begleitet. Geschaffen einst auf einer Reiseschreibmaschine des damaligen baden-württembergischen "Spiegel"-Korrespondenten Eberhard Hungerbühler alias Felix Huby: Welch ein Leben!
"Adieu Bienzle" ist der 19. Bienzle-Roman. Und wohl auch der letzte. Nach jahrzehntelangem Kommissarsleben zwischen 50 und 60 kommt auch der rüstigste Schwabe ins Rentneralter. "Es kann ja auch ganz schön sein, endlich nicht mehr ständig gebraucht zu werden", schreibt Neffe Ernst an seine 85-jährige Patentante Gerlinde ins Örtchen Felsenbronn. Doch: "Sie kannte ihren Neffen. Für den war das ganz bestimmt nicht schön!" Aber vor den Ruhestand hat der Felix Huby noch einmal einen Mord gesetzt. Und das Opfer ist ausgerechnet Tante Gerlinde.
Die ersten Bienzle-Romane erschienen in den Siebzigern in der legendären schwarzgewandeten rororo-Krimi-Reihe: ein Hort von sozialkritischen Milieustudien. Es waren politische Krimis – mit "einer Sympathie für die Schwächeren auf der Welt", wie Felix Huby das einmal genannt hat. Und es lösten da ihre Fälle Kriminalisten mit psychologischem Feingefühl und ohne phallisches Waffenfuchteln. So wie unser Ernst Bienzle, der kurz vor der Pensionierung bilanziert: "Am Ende kam es wohl nur darauf an, ob man sich anständig benommen hatte". Und der dann noch einmal in seine und Felix Hubys Kinderzeit nach dem Zweiten Weltkrieg hinabsteigt – wo die Gründe für die Ermordung Tante Gerlindens liegen.
Natürlich fängt er den Mörder "mit ein paar historischen Fakten und einem Sack voller Ahnungen des Kommissars Bienzle", wie sein Kompagnon Günther Gächter sagt. Um einen Frauenhelden in der Nachkriegszeit geht es, der mehreren Frauen Kinder machte, und um viel katholische Heuchelei. Das geht alles gemächlich-dörflich zu, in allerbehaglichstem Moll: das Morden wie das Mörderermitteln. Das Aufregendste ist noch ein Autounfall, der Bienzle einschüchtern soll und seinen Kinderfreund tötet. Verglichen damit ist Felix Hubys jüngerer in Berlin ermittelnder Bienzle-Adept Peter Heiland ein Actionman aus Hollywood.
Aber Bienzle ist eben Bienzle. Bei ihm tragen nackte Frauen noch ein "Evaskostüm". Da mag in seinem Stuttgart mittlerweile ein grüner Ministerpräsident residieren – Bienzle strömt den milden Charme der ewigen Siebziger aus, der grünen und auch sonstigen Aufbruchsjahre. Den wilden Charme des dritten Jahrtausends überlässt er den coolen Waffen-Jungs, die vor Jahren auch schon den "Tatort"-Kommissar Bienzle in den Ruhestand verdrängt haben. Doch: Welch ein Leben! Vor Jahren schon wurden Bienzles Mantel und Hut als Exponate feierlich in das Stuttgarter Haus der Geschichte aufgenommen. Adieu Bienzle…
Besprochen von Klaus Pokatzky
Felix Huby: Adieu, Bienzle
S. Fischer Verlag, Frankfurt / Main 2011
224 Seiten, 8,99 Euro
"Adieu Bienzle" ist der 19. Bienzle-Roman. Und wohl auch der letzte. Nach jahrzehntelangem Kommissarsleben zwischen 50 und 60 kommt auch der rüstigste Schwabe ins Rentneralter. "Es kann ja auch ganz schön sein, endlich nicht mehr ständig gebraucht zu werden", schreibt Neffe Ernst an seine 85-jährige Patentante Gerlinde ins Örtchen Felsenbronn. Doch: "Sie kannte ihren Neffen. Für den war das ganz bestimmt nicht schön!" Aber vor den Ruhestand hat der Felix Huby noch einmal einen Mord gesetzt. Und das Opfer ist ausgerechnet Tante Gerlinde.
Die ersten Bienzle-Romane erschienen in den Siebzigern in der legendären schwarzgewandeten rororo-Krimi-Reihe: ein Hort von sozialkritischen Milieustudien. Es waren politische Krimis – mit "einer Sympathie für die Schwächeren auf der Welt", wie Felix Huby das einmal genannt hat. Und es lösten da ihre Fälle Kriminalisten mit psychologischem Feingefühl und ohne phallisches Waffenfuchteln. So wie unser Ernst Bienzle, der kurz vor der Pensionierung bilanziert: "Am Ende kam es wohl nur darauf an, ob man sich anständig benommen hatte". Und der dann noch einmal in seine und Felix Hubys Kinderzeit nach dem Zweiten Weltkrieg hinabsteigt – wo die Gründe für die Ermordung Tante Gerlindens liegen.
Natürlich fängt er den Mörder "mit ein paar historischen Fakten und einem Sack voller Ahnungen des Kommissars Bienzle", wie sein Kompagnon Günther Gächter sagt. Um einen Frauenhelden in der Nachkriegszeit geht es, der mehreren Frauen Kinder machte, und um viel katholische Heuchelei. Das geht alles gemächlich-dörflich zu, in allerbehaglichstem Moll: das Morden wie das Mörderermitteln. Das Aufregendste ist noch ein Autounfall, der Bienzle einschüchtern soll und seinen Kinderfreund tötet. Verglichen damit ist Felix Hubys jüngerer in Berlin ermittelnder Bienzle-Adept Peter Heiland ein Actionman aus Hollywood.
Aber Bienzle ist eben Bienzle. Bei ihm tragen nackte Frauen noch ein "Evaskostüm". Da mag in seinem Stuttgart mittlerweile ein grüner Ministerpräsident residieren – Bienzle strömt den milden Charme der ewigen Siebziger aus, der grünen und auch sonstigen Aufbruchsjahre. Den wilden Charme des dritten Jahrtausends überlässt er den coolen Waffen-Jungs, die vor Jahren auch schon den "Tatort"-Kommissar Bienzle in den Ruhestand verdrängt haben. Doch: Welch ein Leben! Vor Jahren schon wurden Bienzles Mantel und Hut als Exponate feierlich in das Stuttgarter Haus der Geschichte aufgenommen. Adieu Bienzle…
Besprochen von Klaus Pokatzky
Felix Huby: Adieu, Bienzle
S. Fischer Verlag, Frankfurt / Main 2011
224 Seiten, 8,99 Euro