Beyoncé gestaltet September-"Vogue"

"Wichtig, dass andere Leute in Mainstream-Medien mitgestalten"

Die amerikanische Musikerin Beyoncé steht bei einem Auftritt im Jahr 2014 mit einem Mikrofon in der Hand auf einer Bühne, hinter ihr Nebel in verschiedenen Farben.
US-Musikerin Beyoncé: Mitverantwortung für die 648-Seiten starke September-Ausgabe © picture alliance / dpa / Frédéric Dugit
Olivera Stajic im Gespräch mit Max Oppel · 20.08.2018
Pop-Ikone Beyoncé gestaltet die wichtigste "Vogue"-Ausgabe des Jahres mit: Erstmals in deren 126-jähriger Geschichte schießt ein Schwarzer das Cover-Foto. Medienjournalistin Olivera Stajic sagt, das zeige, wie neue Leute einen neuen Blick in die Medien bringen.
Die September-Ausgabe der amerikanischen Vogue ist traditionell die wichtigste Ausgabe des Jahres. So auch das September-Blatt 2018. Diesmal allerdings ist es bereits jetzt, wenige Tage nach seinem Erscheinen, das wichtigste und das meistverkaufte Heft. Warum? Weil die legendäre Chefredakteurin Anna Wintour diesmal einen Teil ihrer Macht an die Sängerin Beyoncé abgegeben hat und der Pop-Ikone gestattet hat, Teile dieser Ausgabe zu gestalten.
Olivera Stajic ist Medienredakteurin bei der österreichischen Tageszeitung "Der Standard" und hat die opulente, 648-Seiten starke Ausgabe genauer studiert. Sie sagt, es sei schon öfter vorgekommen, dass celebrities als Gast-Chefredakteurin das Heft mitgestaltet hätten. An dieser Ausgabe sei aber doch einiges besonders.
So habe sich Beyoncé nicht interviewen lassen, was typisch gewesen wäre: "Wenn jemand auf dem Cover ist, dann gibt es meistens innen drin ein redaktionelles Interview. Diesmal ist es anders: Beyoncé hat einem Redakteur etwas erzählt und der hat es niedergeschrieben", sagt Stajic. "Und sie hat auch die fünf oder sechs Themen, die da vorkommen, selbst ausgesucht." Zudem heißt es, Beyoncé habe die Kleider selbst ausgesucht, die sie auf der mehrseitigen Mode-Fotostrecke in dem Heft trägt.

Erstes Coverfoto von einem schwarzen Fotografen

Das Heft sei historisch, weil das Cover-Foto erstmals von einem schwarzen Fotografen geschossen wurde: "Ob man es glauben will oder nicht: Es ist das allererste Mal in der 126-jährigen 'Vogue'-Geschichte, dass ein schwarzer Fotograf ein Coverfoto schießen darf."
Tyler Mitchell ist dieser Fotograf. Laut Stajic stand der 23-Jährige auf einer Liste von Fotografen, die man Beyoncé vorgeschlagen habe. Er habe auch schon für die "Teen Vogue" Fotos geschossen – war also nicht unbekannt, er hat vor allem Skaterfotos gemacht. Letztlich sei es aber die Künstlerin gewesen, die sich für ihn entschieden habe – und so wurde er der erste Schwarze, der ein Coverfoto für die Vogue gemacht hat:
Stajic sagt, sie halte es nicht für einen Zufall, dass das erst jetzt passiert und dass es so passiert, wie es jetzt passiert.
"Ich glaube nicht, dass das bisher jemand verhindert hat. Aber man sieht eben, wie wichtig es ist, dass andere Leute in Mainstream-Medien mitgestalten und mitreden dürfen und so auch einen anderen Blick hereinbringen."
Ein klassisches Model hätte sich Tyler Mitchell vielleicht nicht ausgesucht, weil es den jungen Fotografen vielleicht gar nicht gekannt hätte. Beyoncé kannte ihn dagegen wohl, weil sie sich auch für die Skaterszene interessiert, denn das seien auch ihre Fans.

Ein anderer Blick im Mainstream

"Wenn man jemanden reinholt – und da rede ich von allen Medien auch, das muss nicht Life-Style oder Fashion sein – wenn man jemanden von außen reinholt, dann bringt der einen ganz neuen Blick herein, er bringt seine Connections, seine Netzwerk, seine Ästhetik rein."
Bisher sei es die Krönung einer langen Karriere gewesen, das Cover der elitären Vogue zu schießen: "Jetzt sind auch die altehrwürdigen Print-Ausgaben darauf angewiesen, was Neues, was Frisches reinzubringen. Und so kommt es eben zustande, dass man einen Weltstar wie Beyoncé hereinholt. Und sie schreibt auch in diesem Text, ihr ist es ein Anliegen, für andere Leute und für andere Blicke mit anderem ethnischen Background den Mainstream zu öffnen."
Beyoncé habe ihre Popularität schon oft genutzt, politische Botschaften anzubringen, sagt Stajic, seien es feministische oder solche gegen die Diskriminierung der Afro-Amerikaner.
"Life-Style Zeitschriften – allen voran die 'Teen Vogue', aber die 'Vogue' zieht eben jetzt nach – werden zunehmend politischer, auch wenn das ein bisschen ungewöhnlich klingt. Aber es ist so. Sie werden politisch. Sie positionieren sich in diesen zweigeteilten USA. (...) Ich finde, dass ist ein großes Statement, dass das wichtigste Heft eine Frau wie Beyoncé ziert und dass ein schwarzer Fotograf das Shooting macht. Ich glaube, das ist ein großes politisches Statement momentan in den USA."

Das ökonomische Argument

Stajic meint, das liege nicht nur an einem Trend - weg von der weißen Dominanz in der Mode -, es hänge auch mit wirtschaftlichen Erwägungen zusammen:
"Ich denke, dass immer, wenn es darum geht, Diversity reinzubringen, dass das ökonomische Moment ein großes Argument ist – also, sei es "man will neue Leserschichten" oder sei es "man will sich neue Märkte erschließen" und so weiter. Allein aus emanzipatorischen Gründen tut man das ja nicht, denn die Chefredaktion, der Verlag und so weiter, ist ja noch immer weiß dominiert. Da hat sich ja nicht viel geändert."
(mf)
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