Bewertungsportale im Netz

Das strenge Auge der Verbraucher

Von Po Keung Cheung  · 01.07.2014
Restaurants, Hotels, Dienstleistungen und Produkte jeglicher Art - es gibt kaum etwas, was nicht im Internet bewertet wird. Doch was taugen die Bewertungsportale, worauf ist zu achten und wo liegen die Grenzen?
Eine junge Patientin zieht eine Stange in regelmäßigen Abständen herunter und lässt sie wieder los. Lloyd Lawson gibt dazu Anweisungen. Der 48-jährige Physiotherapeut hat im Berliner Stadtteil Moabit seine Praxis. Klassische Werbung, etwa in Zeitungen oder auf Plakaten betreibt er nicht. Seine Kunden kennen Lawson vor allem aus dem Internet.
"Ja, man hat einfach festgestellt, dass die meisten Leute eben viel im Internet forschen, suchen und ja, da ist einfach Google die beste Möglichkeit eben, das zu finden, was man will und so habe ich auch die meisten Kunden."
Neben der Suchmaschine hat der Physiotherapeut auch Online-Bewertungsportale für sich entdeckt. Dabei hatte er diese anfangs gar nicht so richtig ernst genommen.
"Dann habe ich auch mal reingeschaut und hab gesehen, dass also viele, sehr viele positive Bewertungen waren, dass immer mehr Leute über dieses Portal speziell auch reingekommen sind und was für mich natürlich auch hervorragend war, weil gerade als Kleinunternehmer hat man natürlich auch nicht das Budget, um groß Werbung zu machen."
Dienstleistungen, Restaurants, Produkte, Hotels, es gibt kaum etwas, was nicht im Internet bewertet werden kann. Anders als bei Werbung wollen die Online-Portale mit unabhängigen Meinungen punkten. Wie gut ist der Service? Wie haltbar ist das Gerät? Wie hat es geschmeckt? Der künftige Kunde kann sich schon ein Bild machen, bevor er bucht, kauft oder besucht. Und anschließend kann er selbst mit einer Bewertung zur Idee beitragen.
Der Physiotherapeut Lloyd Lawson hat sich so über Jahre eine gute Reputation erarbeitet. Beim Bewertungsportal "Qype" beispielsweise sind von insgesamt 30 Meinungen gerade einmal zwei negativ.
Im Café "Schwartzsche Villa" im Berliner Stadtteil Steglitz sitzt Ruprecht Frieling und trinkt einen Tee. Der Autor und Verleger ist eifriger Nutzer von Bewertungsportalen, schreibt seine Meinung über Produkte, Bücher, Reisen und Restaurants. Und im Gegenzug nutzt er gerne die Kommentare anderer für seine Käufe, Buchungen und Besuche.
Trickserei bei den Bewertungen
"Es handelt sich ja um Benutzer, es handelt sich um reale Gäste, es handelt sich um Menschen, die einfach dort mal gegessen, geschlafen, gewohnt, benutzt oder was auch immer haben. Unterm Strich finde ich es eine ganz tolle Sache. Ich benutze es, egal wo ich bin, immer, wenn ich unterwegs bin, in anderen Ländern und mich nicht auskenne, dann suche ich gerne auf solchen Plattformen, nach schönen Restaurants, nach Hotels und ich buche das dann auch."
Vorausgesetzt, alle halten sich an die Regeln. Aber manche schummeln, schreiben gute Eigen-Bewertungen oder machen die Konkurrenz mit negativen Äußerungen nieder. Ruprecht Frieling empfiehlt, auffällig schlechte oder übertrieben gute Bewertungen kritisch zu hinterfragen.
"Wertvoll ist sicherlich auch, wenn es sich um viele Rezensionen handelt, denn je mehr Rezensionen es sind, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass also dort auch echte Menschen hinter stecken und dass man sich also einem Teil der Rezensenten tatsächlich anschließen kann."
Auch die Betreiber der Portale wissen, dass Qualität wichtig ist. Deshalb setzen einige auf Redaktionen, die sich Kommentare anschauen und frei schalten. Beim Ärzte-Bewertungsportal "Jameda" müssen Nutzer ihre Bewertung mit einem Code bestätigen, der per SMS aufs Mobiltelefon kommt. So sollen Manipulationen erschwert werden. Andere Anbieter arbeiten mit automatischen Filtersystemen. Doch hier steckt der Teufel im Detail, denn es gibt noch Kinderkrankheiten. So führt die Software auch schon einmal falsche Löschungen von Bewertungen durch.
Sebastian Dramburg sitzt in seinem Büro in Berlin-Kreuzberg. Der Fachanwalt für Medien- und Internetrecht sieht ein weiteres Problem bei Bewertungsportalen: Nicht jeder kennt die Grenzen der Meinungsäußerung. Wer etwa beleidigt oder sogar etwas behauptet, was gar nicht stimmt, kann vor Gericht landen. Deshalb rät Sebastian Dramburg zur Sachlichkeit.
"Wenn ich meine persönliche Meinung mitteile und meine Erfahrungen damit schildere, dann ist dies aus rechtlicher Sicht nicht angreifbar, solange ich nicht die Schwelle überschreite und versuche, beispielsweise ein Unternehmen in Misskredit zu bringen, indem ich vielleicht üble Nachrede ausübe oder jemanden beleidige. Solange ich meine Meinung, auch wenn es vielleicht eine harsche Kritik ist, klar als subjektive Meinung kennzeichne und eben auch die eventuell begründe, ist es eben damit dann möglich und damit müssen die Betroffen eben auch entsprechend umgehen."
Die bewerteten Händler und Dienstleister müssen also damit leben, dass ihre Kunden ein strenges Auge auf sie werfen. Der Leiter des bereits genannten Cafés "Schwartzsche Villa", Lutz Richter, hat damit kein Problem. Seine Bewertungen sind gut. Aber: Wenn es doch mal Ärger gibt, ist ihm das persönliche Gespräch lieber, als die spätere Kritik im Internet.
"Dann hat man halt den Chef verlangt, dann bin ich auch gerne gekommen und ich hab mich auch entschuldigt, wenn es berechtigt war und dann ist die Sache eigentlich vom Tisch und alle gehen zufrieden nach Hause und der Gast wird mit einem positiven Bauchgefühl nach Hause gehen und sagen: 'Ich wurde verstanden.'"