Bettel-Orden der Karmelitinnen

Abgeschieden von der Außenwelt

Mystikerin Teresa von Avila
Zeitgenössische Darstellung der katholischen Karmeliterin und Mystikerin Teresa von Avila, genannt Theresia die Große © picture alliance / dpa / Foto: efe
Von Franz Michael Rohm · 22.03.2015
Teresa von Avila gilt als eine der wichtigsten Heiligen im Katholizismus. Am heutigen Sonntag wäre sie 500 Jahre alt geworden. Noch existieren die von ihr gegründeten Klöster - doch die "Unbeschuhten Karmelitinnen", wie sich die Ordensfrauen nennen, werden immer weniger.
"Wir saßen immer in der Kirche. Und wussten, hinter dem Altar, da liegt sie. Ich betete immer zu ihr, aber sie war weit weg. Und dann öffnete die Kirche diesen Raum hinter dem Altar und wir durften hinein, ganz nah zu ihr."
Wie viele Menschen in Alba de Tormes ist Nuria Perez tief religiös. Die 38-Jährige arbeitet als Webdesignerin und engagiert sich in der Kirchengemeinde. In dem kleinen Ort nicht weit entfernt von Salamanca hatte die Heilige Teresa von Ávila eines ihrer letzten Klöster gegründet und hier starb sie im Oktober 1582. In vielen Ländern wird sie bis heute als wichtigste Kirchenheilige und große Mystikerin der katholischen Kirche verehrt.
In Alba de Tormes besaß der Herzog von Alba, einer der einflussreichsten und zugleich grausamsten Feldherren von Karl V. und Philipp II., ein riesiges Schloss. Er und seine Frau unterstützten Teresa und veranlassten, dass sie in der Klosterkirche begraben wurde. Zuvor wurden ihr Herz und ihr linker Arm entnommen und in kostbare Gefäße eingefasst. Diese Reliquien sind seit einigen Jahren in der Grabeskirche zu besichtigen.
"Das ist der Saal der Reliquien. Für Teresa als Kirchentochter war der Tod eine Erfüllung. Denn sie war überzeugt, danach würde sie bei Jesus sein."
Heiligsprechung schon 40 Jahre nach ihrem Tod
Möglicherweise geht ihre noch heute überall in der katholischen Welt spürbare Strahlkraft auf ihre besondere Geschichte zurück. Denn Teresas Glaubensweg war anfangs von quälenden Selbstzweifeln geprägt. Erst im Alter von mehr als vierzig Jahren erlangte sie Gewissheit über ihren Glauben und ihre Bestimmung. Dann aber setzte sie sich mit aller Kraft ein und es gelang ihr auf kämpferische Weise, in der von Männern dominierten mittelalterlichen Gesellschaft Spaniens ihre Prinzipien von Demut und Glauben durchzusetzen. Sie schrieb unzählige Briefe, Aufsätze und Meditationen. Zu ihren meistgelesenen Büchern zählen ihre Biografie "Vida" und das Hauptwerk der Mystikerin, "Moradas del Castillo Interior", Wohnungen der Inneren Burg. Bereits vierzig Jahre nach ihrem Tod wurde die Gründerin des reformierten Bettelordens der Unbeschuhten Karmelitinnen im Jahr 1622 heiliggesprochen. Heute ist sie die Schutzpatronin Spaniens.
Begonnen hatte Teresas Leben am 28. März 1515 in dem kastilischen Ort Ávila. Täglich um zwölf Uhr mittags beten die Nonnen der Unbeschuhten Karmeliterinnen im Gründungskloster der Heiligen Teresa von Ávila das Angelusgebet.
Ordensgründerin Teresa von Avila (1515-1582)
Ordensgründerin Teresa von Avila (1515-1582)© imago / Michael Westermann
In der mittelalterlichen Stadt etwa hundert Kilometer nordwestlich von Madrid wurde die heilige Teresa als eines von zehn Kindern eines Tuchhändlers geboren, dessen jüdischer Vater zum Christentum konvertiert war. Victoria Hernández führt in Ávila zu den Stätten der Heiligen Teresa: dem Museum, der Kirche und dem ersten Kloster.
"Im Alter von 20 Jahren tritt die Heilige Teresa in das Karmeliterinnen-Kloster Encarnación in Ávila ein. Allerdings findet sie hier nicht, was sie sucht. Die mehr als 200 Nonnen leben teilweise privilegiert, vor allem, wenn sie aus wohlhabenden Familien stammen. Das missfällt Teresa. Außerdem glaubt sie nicht an einen strafenden Gott. Sie sieht Christus als Begleiter, den sie direkt ansprechen kann, auf Spanisch, nicht auf Latein. Und zwar wie einen Freund, nicht wie ein höheres Wesen. Viele Jahre zweifelt Teresa an sich. Sie fürchtet, bestraft zu werden, weil sie auch Nonne wurde, um einer Heirat aus dem Wege zu gehen. Trotz ihrer Zweifel bleibt Teresa im Kloster."
"Unbeschuht" steht für Armut und Askese
Es dauert bis 1562. Dann erhält Teresa von Papst Pius VI. und dem Bischof von Ávila die Erlaubnis, nahe der Stadtmauer ein Kloster zu gründen. Die Nonnen nennen sich nun Unbeschuhte Karmelitinnen. Das Wort "Unbeschuht" steht für Armut, Demut, Askese und für die Erneuerung der katholischen Kirche. Bis zu ihrem Tod gründet die Mystikerin in 16 weiteren Städten im ganzen Land fast dreißig Klöster. Es geschieht meistens nach demselben Muster, wie Maria Leiceaga erklärt, die Besucher in der Stadt Segóvia auf den Spuren Teresas durch die Stadt führt.
"Sie kommen in der Nacht und schlafen in einer einfachen Herberge. Ganz früh am nächsten Morgen gehen sie zu dem Haus, das ihnen zur Verfügung gestellt wurde, und gründen das Kloster. Es war abenteuerlich. Die Nonnen kommen bei Nacht. Sie errichten einen Altar, läuten die Glocke, lesen die Messe und damit war die Klostergründung vollzogen."
Das fast verschwörerisch anmutende Vorgehen der Nonnen hatte einen konkreten Grund.
"Sie mussten im Geheimen vorgehen. Denn die Unbeschuhten Karmelitinnen waren nicht immer willkommen. Im Gegenteil. Oft standen sie in Konkurrenz zu anderen Orden wie den Franziskanern, Dominikanern, Jesuiten. Die waren genau wie die Karmelitinnen Bettelorden und alle warben in derselben Stadt um die Almosen von den reichen Familien."
Noch heute leben Nonnen nach den strengen Regeln der Heiligen Teresa: abgeschieden von der Außenwelt, in Armut und Klausur.
Das Kloster verlassen die Nonnen nur, wenn sie sehr krank sind
Eine davon ist Schwester María. Seit mehr als fünfzig Jahren lebt sie im Karmelitinnen-Kloster in Segóvia. Sie sitzt hinter dem "Torno", einer etwa 75 Zentimeter großen Drehtür, über die sie mit der Außenwelt Lebensmittel und andere alltägliche Dinge austauschen kann. Hinter dem Torno kann man sie hören, aber nicht sehen.
Das Kloster verlassen die Karmelitinnen nur, wenn sie sehr krank sind und zum Arzt oder ins Krankenhaus müssen. Für die Nonnen verlaufen die Tage nach einem strengen Reglement. Täglich um Viertel nach sechs stehen sie auf, beten das Morgengebet Laudes und den Rosenkranz. Anschließend gehen sie zur Messe, frühstücken, verbringen Zeit in ihrer Zelle, sticken, verrichten Hausarbeit, essen zu Mittag. Mehrmals täglich lesen sie gemeinsam religiöse Texte, aber auch aus der berühmten Biographie der Heiligen und Teresas Hauptwerk, den 'Moradas de Jesús'.
"Um sechs Uhr folgt das Abendgebet Vísperas, um halb acht wird gegessen. Nach einer halben Stunden Freizeit treffen wir uns erneut zur Handarbeit, gehen in die Zelle zur Stillen Einkehr und hören Texte der Heiligen. Um halb elf beten wir die Mette. Um elf geht es ins Bett."
Schwester María würde sich über neue Nonnen freuen. Nur noch elf leben im Karmelitinnen-Kloster der Heiligen Teresa.
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