Betrug mit Kryptowährungen

Reiten auf der Bitcoin-Welle

Das Archivbild von 2014 zeigt das Bitcoin-Logo, ein weißes "B" auf orangefarbenem Grund.
Bitcoin, die bekannteste Kryptowährung © dpa-Bildfunk / AP / Marc Lennihan
Von Philipp Banse · 13.02.2018
Bitcoin ist die bekannteste Kryptowährung, doch es gibt mittlerweile Tausende von ihnen, die kleiner und unbekannter sind. Das Investment in sie alle ist riskant - und auch viele Betrüger tummeln sich auf diesem Feld.
"Hallo und herzlich willkommen auf meinem Kanal. Ich stelle euch heute ein neues High Yield Investment Program namens Bitsequence vor."
Ein YouTuber, der sich als "Fabio K." bezeichnet, versuchte seine Zuschauer zu bewegen, ihr Kryptogeld in Bitsequence zu investieren, eine Webseite, die Investoren eine enorme Rendite zusicherte – dank angeblich schlauer Algorithmen und automatisierten An- und Verkaufs verschiedener Kryptowährungen:
"Hier winken drei Prozent täglich und das auf eine Lebensdauer, so lange, wie das Programm läuft."
Und das war dann leider nicht sehr lange: genau 50 Tage.
"Wir sind mittwochs rausgekommen, Donnerstag in der gedruckten Zeitung und Dienstagmittag war die Plattform abgeschaltet und ist komplett spurlos verschwunden."
Jens Tönnesmann ist Redakteur bei der Wochenzeitung Die ZEIT. Seine Recherchen dürften maßgeblich dazu geführt haben, dass Bitsequence eingestellt wurde. Tönnesmann hatte zu Recherchezwecken selbst Kryptowährung im Wert von 25 Euro bei Bitsequence investiert.
"Und tatsächlich habe ich dann jeden Tag eine Mail bekommen, in der stand: Aus deinem Einsatz, den Du hier investiert hast, wurden Dir wieder drei Prozent gutgeschrieben. Und so konnte ich dabei zusehen, wie sich mein Geld vermehrt – allerdings nur auf der Plattform Bitsequence. Und es wäre relativ kompliziert gewesen, das dann wieder zurück zu überweisen. Also, man konnte schon sehen, da sind Leute am Werk und keine schlauen Algorithmen, wie vorgegaukelt."

Mehrere Millionen Dollar innerhalb weniger Wochen

Tönnesmann rief Telefonnummern an, die kurz darauf von der Webseite verschwanden; er reiste nach Leeds in England, wo die Firma hinter Bitsequence registriert war.
"Und in der Tat war niemand da. Und in dem Gebäude und in den Nachbargebäuden kannte niemand Bitsequence. Im Gegenteil: Die Leute sind in Panik verfallen, als sie gesehen haben, dass ihre Adresse da angeben ist."
Tönnesmann veröffentlichte also seine Recherchen. Und eine knappe Woche später wollten Menschen, die Bitsequence Kryptogeld anvertraut hatten, ihr Guthaben checken, öffneten die Seite und stellten fest, das sie verschwunden war.
Webseite weg. Geld weg. Täter weg. Zu Lebzeiten hatte Bitsequence genaue Statistiken veröffentlicht. Waren die – wofür einiges spricht, sagt Journalist Tönnesmann – korrekt, ...
"...dann hat die Plattform mehrere Millionen Dollar innerhalb weniger Wochen eingesammelt und einen deutlich geringen Betrag wieder ausgezahlt. Man muss also befürchten, dass damit ein einstelliger Millionenschaden verbunden war und die Leute hinter Bitsquence mit einem einstelligen Millionenbetrag getürmt sind. Für die hat sich das also gelohnt."
Sido: "Bitcoin! Aus nem Hunni ne Million! Das ist Litlight Coin! Opfer reden von irgendwelchen Blasen. Ich kauf mir ne Villa und Du mähst meinen Rasen."
Die Kurse digitaler Kryptowährungen sind steil gestiegen; überall hört man Geschichten von Menschen, die über Nacht zu Millionären geworden sein sollen. Das weckt Träume und Gier, die Betrüger ausnutzen wollen. Die Beschwerden über Betrugsmaschen rund um Kryptowährungen nähmen zu, sagt Wolf Brandes von der Verbraucherzentrale Hessen.
"Ein Modell ist beispielsweise, dass Verbraucher angesprochen werden und auf Nebenverdienstmöglichkeiten hingewiesen werden, dass man rund um Bitcoin irgendwelche Tätigkeiten erbringen soll, die dann gut entlohnt werden."
Verbraucherschützer Brandes weist jedoch darauf hin, dass vor allem viele Angebote rund um Kryptowährungen nach Betrug riechen. Kryptowährungen wie Bitcoin und Ether selbst seien zwar extrem riskant, aber kein Betrug.
Richtig, sagt Friedemann Brenneis, Journalist und Betreiber von Coinspondent.de, einem Blog, das über Kryptowährungen berichtet. Brenneis sagt, Bitcoin und Ether seien große, auch gesellschaftspolitisch ambitionierte Digitalwährungen. Allerdings gibt es neben diesen bekannten mittlerweile weit über 1500 andere Kryptowährungen:
"Es geht auf jeden Fall ums Geld bei der Sache. Und es sind viele Projekte dabei, wo das im Vordergrund steht, wo eine Kryptowährung ins Leben gerufen wird, die zwar verkauft und gehandelt werden kann und technisch funktioniert, wo aber das eigentliche Ziel ist, das Geld von denjenigen, die damit handeln, in die Taschen derjenigen, die diese Kryptowährung ins Leben gerufen haben, wandern zu lassen."

Die Ermittlungen wegen Betruges laufen noch

Sehr umstritten etwa ist OneCoin, ein schwer zu durchschauendes Produkt, das ihre Vermarkter als Kryptowährung bezeichnen. Das offizielle Produkt sind Informations-Pakete rund im Kryptowährungen, das teuerste kostet 55.555 Euro. Enthalten sein sollen "Tokens", eine Art Gutschein, mit denen dann die Kryptowährung geschürft werden können soll. Die angebliche OneCoin-Gründerin Ruja Ignatova sagte im Juli 2017 in einem Webinar: "Wir sind eine Firma, die Bildungspakte verkauft. Wir sind kein Investment, wir verkaufen keine OneCoins, wir verkaufen keine Kryptowährung. Wir sind eine völlig legale Firma."
Verbraucherschützer warnen davor, Geld in OneCoins zu stecken, weil das Produkt sehr undurchsichtig sei. Doch nach Erkenntnissen der deutschen Bankenaufsicht Bafin sammelte der deutsche Vertriebspartner im Jahr 2016 satte 360 Millionen Euro von deutschen Anlegern ein, die OneCoins erwerben wollten, und leitete das Geld ins Ausland weiter. Die Bankenaufsicht sperrte die Konten des Vertriebspartners. Den Firmen des OneCoin-Konglomerats verbot die Bankenaufsicht, OneCoins in Deutschland zu verkaufen oder für OneCoins zu werben. Die Staatsanwaltschaft Bielefeld hat OneCoin-Geschäftsräume in Bulgarien durchsuchen lassen, auch das Oberlandesgericht Hamm sieht einen begründeter Straftatverdacht, aber die Ermittlungen unter anderem wegen Betrugs laufen noch.
Sido: "Morgens erstmal Kurse checken, auf die Kurve wetten. Über Nacht noch reicher werden, ohne Rappen. Die Opfer sagen, dass sie Kohle hätten. Stimmt, dieses Papier kannst Du bald nur noch in den Ofen stecken. Wir reden jetzt nur noch auf Coinbasis. Beim Teutates."
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