Besuch in DDR-Museen

Ist das Geschichte oder kann das weg?

Eine komplette Kaufhalle steht in Radebeul im 2006 eröffneten DDR-Museum "Zeitreise".
Eine komplette Kaufhalle steht in Radebeul im 2006 eröffneten DDR-Museum "Zeitreise". © picture alliance/Matthias Hiekel/ZB
Von Nadine Lindner · 29.09.2015
Das DDR-Museum "Zeitreise" in Radebeul bei Dresden ist eins von etwa 30 deutschen DDR-Museen. Durch den Erhalt von Alltagsgegenständen werden auch ostdeutsche Leben konserviert.
In diesem Moment hat Raimund Kirchner wieder was entdeckt, diesen kleinen Gruß aus seiner eigenen Vergangenheit, in der Vitrine zur Nationalen Volksarmee...
"Schützenschnur, die hab ich entdeckt. Die hatte ich. Das war die Schützenschnur, wenn man gut schießen konnte. Auszeichnung. Das sind Erinnerungen."
Kirchner ist ein hagerer Mann, 60 Jahre alt, mit großen Händen, die von viel harter Arbeit erzählen, bei der Eisenbahn oder der Müllabfuhr. Heute besucht er die Dauer-Ausstellung im DDR-Museum Radebeul.
Seit seiner Flucht aus der DDR lebt Kirchner am Bodensee. Die Ausreise über Ungarn 1989, war ein Fehler, findet er heute:
"Ich sage, ich möchte das wieder haben. Aber ohne Grenzen. Die Grenze war kacke."
Obwohl er Mauer und Stasi damals ablehnte, verklärt er heute die DDR und den damaligen Zusammenhalt unter Nachbarn und Freunden. Nachdenklich geht er weiter durch die Ausstellung. Er war schon öfter in DDR-Museen, er braucht das, es zieht ihn immer wieder zurück.
"Wie eine Reise in die Vergangenheit"
Etwas heiterer nähert sich Maik Seldmann seiner Vergangenheit. Leise kichernd steht er vor der Vitrine mit Exponaten der FDJ, der Jugendorganisation der DDR.
"Sind so alte Erinnerungen, ich hab grad festgestellt, dass es eigentlich mehrere Abzeichen und Aufkleber gab, die ich selber hatte, wie Gruppenratsvorsitzender, an der FDF-Bluse. Das kam aber jetzt erst wieder hoch. Die ich aber total vergessen hab. Wie eine Reise in die Vergangenheit, eigentlich."
Der 42-Jährige kommt aus einer Kleinstadt im Erzgebirge, und ist heute zum ersten Mal in einem DDR-Museum. Es ist eine Entdeckungsreise in seine eigene Vergangenheit.
Was auf lange Sicht übrig bleiben wird von der DDR? Nicht viel, glaubt Seldmann.
"Es ist eine Episode, ne Sackgasse. Ein Seitenzweig der Geschichte gewesen. Aber es geht halt weiter."
Das Haus in Radebeul bei Dresden ist eins von etwa 30 deutschen DDR-Museen, eine private Sammlung. Daneben gibt es staatliche Ausstellungen, Wie das Haus der Geschichte legen sie den Fokus auf den Unterschied zwischen Demokratie und Diktatur.
"Sein Leben nicht einfach auf den Müll schmeißen"
In der Außenstelle, dem Zeitgeschichtlichen Forum in Leipzig, arbeitet Kerstin Langwagen. Sie hat ihre Doktorarbeit über DDR-Museen geschrieben. Langwagen findet, dass die Dauerausstellungen wichtig sind für die kollektive Erinnerung der Ostdeutschen, die Verluste kompensieren wollen. Denn direkt nach der Wende habe es eine Euphorie des Wegschmeißens gegeben.
"Und da wurde klar, dass man das sammeln muss und das nicht einfach wegschmeißen kann. Sein eigenes Leben nicht einfach auf den Müll schmeißen kann. Und in dem Zuge fing man an, zu sagen, es ist wichtig, dass insbesondere die Alltagsgegenstände, dass die erhalten bleiben."
"Das Symbol für den DDR-Alltag: der Trabi. Oder auch Trabant. Der Trabi war für jeden DDR-Bürger etwas ganz Besonderes..."
Das private DDR-Museum in Berlin setzt vor allem auf moderne Präsentation: Besucher können sich hier spielerisch dem Thema DDR nähern. Zum Beispiel über eine simulierte Trabifahrt.
Das machen Charlotte Herbers und Josephine Schmitz, zwei Schülerinnen auf Klassenfahrt. Sie kommen aus Baden-Württemberg, sind 15 Jahre alt, lange nach der deutschen Einheit geboren. Vorher haben sie beide schon das ehemalige Stasi-Gefängnis in Hohenschönhausen besucht. Die Ausstellung dort hat sie sehr nachdenklich gestimmt.
"Da denkt man, das ist doch nicht unsere Generation"
"Man hat das Gefühl, dass man im Mittelalter angekommen ist. So etwas kann es doch nicht gegeben haben vor 30 oder 40 Jahren. Da denkt man wirklich, das ist doch nicht mehr unsere Generation."
Neben den beiden Teenagern steht der Geschichtslehrer, Tobias Frank. Auch er ist mit seiner Klasse hier unterwegs. Nach der Fahrt, will er das Thema DDR noch mal im Unterricht aufgreifen. Damit nicht nur holzschnittartig die Stasi und der bunte Trabi aus dem Museum im Gedächtnis der Schüler hängen bleiben.
"Zumal das eine Generation ist, die noch keinen eigenen Kontakt hatte. Für die macht es keinen Unterschied, ob ich die DDR unterrichte, oder sagen wir mal, das Kaiserreich. Das ist einfach beides wahnsinnig weit weg."
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