Bestes Restaurant der Welt

Essen oder nicht?

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Das dänische Restaurant "Noma" mit Chefkoch René Redzepi (vorne) wurde bereits vier Mal zum besten Restaurant der Welt gekürt. © picture alliance / dpa
Von Holger Hettinger · 29.04.2014
Es gibt Moos und lebende Garnelen, auf jeden Fall ist alles streng aus der Region. Das Restaurant "Noma" in Kopenhagen ist zum besten Restaurant der Welt gewählt worden. Dabei wird Essen dort auch zur Philosophie.
Ganz zu Beginn steht eine Art Kreuzung aus Wasserbecher und Einmachglas vor dem Gast, darin: Eiswürfel. Und noch während man darüber rätselt, ob da gleich noch ein Kellner vorbeikommt und Campari oder Sekt oder sowas aufgießt, krabbeln winzig kleine Fjord-Garnelen zwischen den Eisstücken hervor. Was tun? Das Ganze als surreales Ballett auffassen? Die Garnelen essen? Was auf den ersten Blick wie ein ziemlich dekadenter Gag erscheinen könnte, ist einer der Räume, die ein Menü im "Noma" idealerweise öffnet. Unsere Lebens-Mittel sind Lebe-Wesen, und die Frage "Esse ich das jetzt oder esse ich es nicht" ist keine bräsige Wahl eines Gerichts, sondern eine Entscheidung auf Leben und Tod.
Kulinarische Lehrstücke
Auch andere Gerichte - besser ist es, von "Kleinigkeiten" zu sprechen, denn ein Essen im Noma besteht aus vielen, vielen Kleinigkeiten - sind kulinarische Lehrstücke: jener Bund Frühlingszwiebeln etwa, deren Wurzeln frittiert sind; sie sind der einzige Teil, den man isst, also eigentlich das, was man abschneidet und wegwirft. Dann: rohes Gemüse, das wie in einem Blumentopf eingepflanzt scheint. In Wirklichkeit ist die „Blumenerde" ein Malz, das eine leuchtend grüne Creme bedeckt, die wie eine Art Dip funktioniert.
Man braucht eine Weile, bis man durchschaut hat, wie das funktioniert, wie man das isst. Man tastet sich an die Gerichte heran. René Redzepi, der Chefkoch und Ideengeber des Restaurants, verwendet regionale Kräuter und Früchte. Überhaupt ist Regionalität das Leitmotiv – der Name des Restaurants bedeutet übersetzt "Nordische Mahlzeiten". Und weil Kopenhagen nun mal nicht die Provence ist, muss Redzepi einiges mit den Zutaten anstellen, um ein breites Bild aus Geschmäckern und Texturen zu zaubern: Da wird viel fermentiert, eingelegt, mitunter auch dekonstruiert.
Dabei trägt die Optik des Restaurants ganz wesentlich zum Gesamteindruck bei: Das - vermeintlich - beste Restaurant der Welt ist kein kristallprunkender Protzpalast, sondern eine Art Schuppen, so klar und schmucklos wie die Gerichte auf den Tellern.