"Besser vier, fünf Mal darüber nachdenken"

Michael Wolffsohn, Historiker an der Bundeswehruniversität in München, hat vor schnellen Entscheidungen über Auslandseinsätze der Bundeswehr etwa im Nahen Osten gewarnt. Die "interkulturelle Kompetenz" der Bundeswehr sei "eher unterentwickelt", äußerte er. Der Konflikt im Nahen Osten werde auch mit der geplanten internationalen Schutztruppe eskalieren.
Der Historiker an der Bundeswehruniversität in München, Michael Wolffsohn, hat vor schnellen Entscheidungen über Auslandseinsätze der Bundeswehr etwa im Nahen Osten gewarnt. Die Bundeswehr sei auf solche Einsätze nicht ausreichend vorbereitet, sagte Wolffsohn am Dienstag im Deutschlandradio Kultur.

Die Bundeswehr müsse ihre internationalen Einsätze überdenken, forderte Wolffsohn: "Man sollte zwei, drei Mal, besser vier und fünf Mal darüber nachdenken, ob man die Bundeswehr noch woanders hinschickt." Die "interkulturelle Kompetenz" der Bundeswehr sei "eher unterentwickelt", äußerte er und verwies auf den Einsatz in Nordafghanistan. Dort trage die Bundeswehr zur Konfliktlösung überhaupt nichts bei, sondern sei gegenwärtig vor allem damit beschäftigt, sich selbst zu schützen.

Seiner Meinung nach werde der Konflikt im Nahen Osten eskalieren und selbst mit der geplanten internationalen Schutztruppe von 15.000 Soldaten sei er nicht in den Griff zu bekommen. Wolffsohn mahnte zur Vorsicht, weil sowohl ein politisches als auch ein operatives Konzept für den Nahost-Konflikt fehle.

Die Forderung nach Auslandseinsätzen der Bundeswehr sei ein Zeichen dafür, dass die internationale Gemeinschaft Deutschland trotz seiner Geschichte heute außerordentlich schätze, betonte Wolffsohn. Es gebe heute keine historischen Gründe mehr, die gegen solche Einsätze sprächen: "Wenn Deutschland sich jetzt hinter der Geschichte versteckt, dann ist das natürlich ein Versteckspiel, weil man Verantwortung nicht übernehmen will und die Geschichte ein bequemes Argument ist, um sich der Verantwortung zu entziehen", sagte er.

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