Besitz von Dopingmittel soll bestraft werden

Moderation: Hanns Ostermann |
Der Vorsitzende der Sportministerkonferenz, Thomas Röwekamp, hat gefordert, den Besitz von Dopingmitteln unter Strafe zu stellen. Es gehe nicht darum, Sportler zu kriminalisieren, sondern nach den jüngsten Ereignissen deutlich zu machen, dass die Einnahme solcher Substanzen zur Leistungssteigerung mit erheblichen gesundheitlichen Risiken verbunden sei, sagte der CDU-Politiker.
Hanns Ostermann: Vieles erinnert an den Wettlauf zwischen Hase und Igel. Da mögen die Doping-Fahnder noch so viel kontrollieren, ein ums andere mal gehen ihnen Spitzensportler durchs Netz. Ob ihre zum Teil unglaublichen Leistungen sauber erzielt wurden oder Hilfsmitteln zu verdanken sind, das bleibt nicht selten offen. Der Sport muss um seine Glaubwürdigkeit fürchten und damit auch der Staat, der den Spitzensport fördert. Andererseits, in einigen Fällen klappt es ja mit der Kontrolle, Athleten werden überführt und gesperrt. Reichen diese Maßnahmen oder brauchen wir ein so genanntes Anti-Doping-Gesetz? Gestern trafen sich in Berlin Innenminister Schäuble, Thomas Bach, der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes, und Thomas Röwekamp von der CDU. Er ist Innenminister in Bremen und derzeit Vorsitzender der Sportministerkonferenz. Guten Morgen Herr Röwekamp!

Röwekamp: Guten Morgen!

Ostermann: Kommt denn jetzt ein Anti-Doping-Gesetz oder nicht?

Röwekamp: Es wird auf jeden Fall ein Gesetz geben, das den Kampf gegen das Doping maßgeblich verbessern wird, indem beispielsweise insbesondere für den gewerbs- und bandenmäßigen Handel von solchen Substanzen stärkere Strafen vereinbart werden. Wir haben gestern eine ganze Reihe von Punkten verabredet, die zum besseren Kampf gegen Doping genutzt werden sollen, und es geht bei Einzelheiten immer noch unterschiedlicher Auffassung.

Ostermann: Welche sind das zum Beispiel?

Röwekamp: Also nach dem gestrigen Gespräch scheint es sich zu konzentrieren auf die Frage, ob der Besitz solcher verbotener Substanzen ein eigener Straftatbestand werden soll. Es geht nicht darum, Sportler zu kriminalisieren, sondern insgesamt auch unter dem Eindruck der jüngsten Ereignisse nach außen hin deutlich zu machen, dass die Einnahme solcher Substanzen zur Leistungssteigerung mit erheblichen gesundheitlichen Risiken verbunden ist, also die so genannte Volksgesundheit, und das betrifft natürlich nicht nur die Sportler, sondern natürlich jedermann, jedes Fitnessstudio. Jeder Sportler, der meint, er müsste seine körperliche Leistungsfähigkeit durch solche Substanzen steigern, begibt sich in Gefahr und das kann ein Grund sein, daraus einen eigenen Straftatbestand zu machen.

Ostermann: Wir kommen gleich noch mal auf den so genannten Breitensport zurück. Aber lassen Sie uns über die Athleten sprechen. Wer offensichtlich betrügt, also Medikamente, leistungsfördernde Medikamente nimmt, das ist doch ein Täter und nicht nur ein Opfer. Das heißt, warum tut man sich hier so schwer auch ihn entsprechend zu bestrafen?

Röwekamp: Naja, es gibt ja eine Form der Bestrafung.

Ostermann: Das ist die sportliche Sperre.

Röwekamp: Das ist die sportliche Sperre, die ja für viele sehr viel drastischer wirkt als ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren. Aber nehmen Sie sich den Fall Ullrich. Es kann für mich nicht das Ergebnis sein, dass die Betreuer und Ärzte, die das Doping ermöglicht haben, der strafrechtlichen Sanktionierung zugeführt werden. Der einzige, der nicht bestraft wird, der Sportler selbst ist und da haben sie völlig Recht, natürlich ist Jan Ulrich nicht das Opfer von Doping, sondern eigentlich der Täter und deswegen spricht sehr vieles dafür, dass man das Doping auch zu einem Straftatbestand führt…

Ostermann: Dagegen ist aber, entschuldigen Sie bitte, dagegen ist ja der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes und auch Innenminister Schäuble scheint sich schwer zu tun.

Röwekamp: Naja, es tun sich alle ein bisschen schwer, weil es immer für einen neuen Straftatbestand auch eine gute Begründung geben muss und wir müssen auch aufpassen, dass wir uns international an dieser Frage nicht isolieren. Der organisierte Sport hat gestern insbesondere eingewandt, dass wir aufpassen müssen, dass wir hier die gut funktionierende Sportgerichtsbarkeit nicht außer Kraft setzten. Die Gefahr wird gesehen, dass wenn wir ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren haben, sich niemand mehr in dem Maße wie bisher traut, Sofortmaßnahmen, wie die sofortige und dauerhafte Sperre zu verhängen, weil man sagt, wir müssen erst einmal das Ermittlungsverfahren abwarten. Das sind nicht ganz unbegründete Einwände, die jetzt im weiteren Verfahren auch geprüft werden sollen. Das Thema ist aber auch nicht beendet und auch nicht beerdigt, sondern es wird weiter auf der Tagesordnung stehen. Die Sportminister kommen im September zu ihrer Konferenz hier in Bremen zusammen und dann wird das Thema ganz oben auf der Tagesordnung stehen und auch das Bayrische Kabinett wird sich mit dieser Frage beschäftigen. Nach unserer Information soll am 12.09. der Entwurf eines solchen Anti-Doping-Gesetzes im Kabinett beraten und dann auch in den Bundesrat eingebracht werden, so dass das Thema auf jeden Fall auf der Tagesordnung bleibt.

Ostermann: Der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber macht sich in dieser Richtung ausgesprochen stark. Ohne die Sportler entschuldigen zu wollen, wie kommt man schneller und effektiver an die Hintermänner?

Röwekamp: Das hängt, wie gesagt, auch mit dieser Strafbarkeit des Besitzes zusammen. Zwei ganz wesentliche Maßnahmen der Strafjustiz sind ja Durchsuchung und auch Telefonüberwachung. Diese beiden Maßnahmen können wir bisher in Dopingfällen nur sehr eingeschränkt einsetzten, eben weil es kein eigenständiger Straftatbestand ist und deswegen spricht vieles dafür auch den Besitz unter Strafe zu stellen, um auch mit der ganzen Kraft des Gesetzes und der Strafprozessordnung solche Ermittlungsverfahren führen zu können.

Ostermann: Beim Doping muss man auch daran denken, dass in Fitnessstudios mit Mitteln und Präparaten gearbeitet wird oder dort gehandelt wird. Das hat ja auch eine Durchsuchung von Fitnessstudios in Berlin-Brandenburg und im polnischen Grenzgebiet jetzt gerade gezeigt. Die grundsätzliche Frage, sind die Staatsanwaltschaften in diesem Bereich eigentlich entsprechend ausgerüstet oder sind sie umgekehrt restlos überfordert?

Röwekamp: Nein, nach unserem Eindruck sind die Staatsanwaltschaften sehr gut in der Lage und das zeigt auch offensichtlich dieses Verfahren, das, was ihnen angezeigt wird, und das, was ihnen zur Kenntnis gelangt, auch mit aller notwendigen Härte zu verfolgen. Das Problem ist nur, dass beispielsweise von den Verbänden aus dem organisierten Sport viel zu wenig solcher Straftaten und Verdachtsmomente aufgezeigt werden, so dass die Staatsanwaltschaft selber sehr wenig Anhaltspunkte hat, hier in großräumige Ermittlungen einzutreten. Am Ende brauchen sie immer einen, der sich offenbart. Ein Sportler oder jemand, der an einem solchen Doping-Verfahren beteiligt ist. Hier geht es immer um eine riesige Summe Geld. Es ist ein richtig gewerbsmäßiger Markt, der da stattfindet, und deswegen glaube ich, kann auch so eine Besitzstrafbarkeit dazu führen, dass der Sportler sich eher dazu veranlasst sieht eine Strafanzeige zu erstatten, weil er selber aus dem Verdachtsmoment gegebenenfalls herauskommt. Die Athleten selbst haben ja ein Interesse daran, dass nicht der gesamte Wettkampfsport jetzt unter den Generalverdacht des Dopings gestellt wird. Zur Zeit erleben wir so etwas und es gibt viele tausende von Sportlern, die an Wettkämpfen teilnehmen, ohne solche Substanzen zur Leistungsförderung einzunehmen, und auch im Interesse derer müssen wir den Kampf gegen das Doping verschärfen und intensivieren.

Ostermann: Völlig klar. Herr Röwekamp aber Sie haben eben gesagt, von den Verbänden kommt noch viel zu wenig. Eine klare Kritik an den Sport ist das.

Röwekamp: Von einigen Verbänden ist das so, wir…

Ostermann: Konkret, an wen denken Sie da?

Röwekamp: Na ich kann ja nicht feststellen, dass uns nicht alles gemeldet wird. Ich kann nur sagen, dass unserer Ansicht nach wir zu wenig Verfahren an die Staatsanwaltschaft gemeldet bekommen und das sind dann Verfahren, die wir natürlich nicht kennen. Wir haben ja die Nationale Agentur gegen Doping, die NADA, und wir müssen auch darauf achten, dass diese Agentur handlungsfähiger wird. Es gibt Sportler, die werden vielleicht einmal im Jahr auf illegale Substanzen getestet, und es gibt welche, die sind überhaupt noch nicht getestet worden. Deswegen müssen wir auch darauf achten, dass das Netz der Kontrollen engmaschiger wird und dass aus den Kontrollen eben auch die entsprechenden Strafverfahren herausgelöst werden.

Ostermann: Thomas Röwekamp von der CDU, Innenminister in Bremen und derzeit Vorsitzender der Sportministerkonferenz. Danke Ihnen für das Gespräch im Deutschlandradio Kultur!