Skaterschule im finnischen Tampere

Berufsziel Profiskateboarder

05:10 Minuten
Sakura Yosozumi im olympischen Vorkampf beim Skateboard in Tokio
Skateboarden war in Tokio erstmals olympische Sportart (hier die Japanerin Sakura Yosozumi). © dpa /picture alliance / Marijan Murat
Von Michael Frantzen · 23.01.2022
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Lange Zeit galt Skaten als Untergrund-Sportart, doch das ändert sich gerade: In Tokio kämpften Skater erstmals um olympische Medaillen - und im finnischen Tampere hat nun sogar eine staatliche Skaterschule eröffnet. Dort geht es nicht nur um technische Kniffe.
Jetzt bloß nicht die Nerven verlieren. Mehrere Male hat sich Jussi Surinen am „Hard Flip“ versucht – doch irgendwie will es nicht klappen. Das Skateboard macht einfach nicht das, was der 16-Jährige will. Doch so schnell gibt der finnische Teenager nicht auf. Schließlich hat er einen Traum: Mit 18 würde er gerne Profi werden.

"Ich kann mir das schon vorstellen. Aber es hängt davon ab, wie gut ich mal sein werde. Kann ja sein, dass ich in zwei Jahren feststelle: Es reicht nicht. Aber ich lasse es auf jeden Fall auf einen Versuch ankommen. Schon cool, wenn ich Geld dafür bekäme, mein Hobby auszuüben.“

Jussi, Schüler

Berufsziel Profiskateboarder: Am „Samke“, dem Sport-Gymnasium von Tampere, Finnlands drittgrößter Stadt, nichts Ungewöhnliches. Spätestens, seitdem im August die hauseigene Skateboardschule aufgemacht hat.

Tampere als inoffizielle Skater-Hauptstadt

Jussi musste nicht lange überlegen, ob er von seiner alten Schule ans „Samke“ wechselt. Schließlich skatet er schon seit seiner Kindheit. Will an den Olympischen Spielen teilnehmen, Skateboarding ist ja seit Tokio olympisch.

Es macht es viel einfacher. Wobei: Einfacher ist nicht das richtige Wort. Dass Skateboarding olympisch ist, sorgt dafür, dass unsere Sportart mehr Aufmerksamkeit bekommt. Mehr Aufmerksamkeit bedeutet mehr Geld für die Skateboardindustrie. Und mehr Geld für die Skateboardindustrie bedeutet, dass sie sich mehr Skater in ihren Teams leisten können.“

Jussi, Schüler

In Finnland gilt Tampere als inoffizielle Skater-Hauptstadt. Das hat die Industrie-Stadt auch Teemu Grönlund zu verdanken, Jussis Lehrer.
Ohne den Anfang 40-Jährigen gäbe es weder die Skateranlage in der alten Papierfabrik, in der seine Schützlinge trainieren, während es draußen schneit. Noch die Skaterschule.

In der Unterrichtseinheit gleich geht es um Arto Saari, den einflussreichsten und bekanntesten Profiskater Finnlands. Er lebt inzwischen als Fotograf auf Hawaii. Nach der Theorie kommt die Praxis. Dann skaten wir zusammen, haben Spaß - und ich versuche, den Jugendlichen neue Tricks beizubringen.

Teemu, Skateboard-Lehrer

Die Idee für die Skateboardschule hatte der Mann mit den volltätowierten Armen vor sechs Jahren, vor drei Jahren gab der Stadtrat von Tampere grünes Licht. Zeitweilig stand das Projekt auf der Kippe.
Lehrer Teemu Grönlund an der Skater-Schule im finnischen Tampere
Lehrer Teemu hatte die Idee für die Skater-Schule in Tampere.© Deutschlandradio / Michael Frantzen
Doch dann holte der gelernte Molekularbiologe den „Skateboard-Verband Finnlands“ mit ins Boot, später das „Finnische Olympische Komitee“. Alles prima, wenn da nicht Corona wäre.  

Es geht auch um die Skater-Kultur

"Es hat nicht den Lehrplan durcheinandergebracht, aber dafür gesorgt, dass weniger Schüler und Schülerinnen nach Tampere gezogen sind, um auf unsere Schule zu gehen. Wir hätten 20 Leute aufnehmen können. Wegen Corona sind es nur neun. Aber ehrlich gesagt bin ganz froh darüber. So können wir uns intensiver um jeden Einzelnen kümmern. Für den Anfang ist das perfekt."

Teemu schaut auf sein Handy. Zehn Minuten noch, dann müssen die Jugendlichen runter von den Skateboards – und sich auf einen der abgewetzten Sessel setzen, zum Theorie-Block.
Ihm ist das wichtig. Schließlich sollen Jussi und Co. in zwei Jahren nicht nur das Skateboard-Diplom in der Tasche haben, sondern bis dahin auch etwas über die Skaterkultur erfahren.

Einer der Gründe, warum Skateboarding so populär geworden ist, ist, dass gerade überall Skateboardanlagen gebaut werden. In fast jeder Stadt gibt es mindestens einen Skateboardpark, in Tampere gleich mehrere. Du hast viel leichteren Zugang. Das war in meiner Jugend noch anders. Da konntest du nur im Parkhaus skaten. Die Kids heute haben ganz andere Möglichkeiten, sich technisch weiterzuentwickeln und in die Skater-Kultur einzutauchen.“

Teemu, Lehrer

Es ist später Nachmittag geworden. Eine Viertelstunde noch, dann war’s das für heute. Lukas, einer der Skateboardschüler, schaut entgeistert hoch. Der 16-Jährige könnte noch stundenlang weiter skaten.
Schüler der Skater-Schule im finnischen Tampere, darunter Lukas (links) und Jussi (Mitte)
Lukas (links) und Jussi (Mitte) besuchen die Skaterschule in Tampere und trainieren hart in ihrem Sport.© Deutschlandradio / Michael Frantzen
"Du lernst nicht über Nacht, vernünftig zu skaten. Du musst hart trainieren. Selbst bei einfachen Tricks wie dem 'Pop-Shop' dauert es mindestens zwei Monate, bis du es drauf hast", seint Lukas, ehe er Anlauf nimmt – und mit breitem Grinsen auf sein Skateboard springt. Übung macht den Meister.

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