Bernecker: Die Spanier sind auf alles vorbereitet
Mit einer aktiven EU-Ratspräsidentschaft durch Spanien ab dem 1. Januar rechnet der Auslandswissenschaftler Walter Bernecker. Eines der Vorhaben sei die Verbesserung der Beziehungen zu Lateinamerika. Torpediert werden könnte der Vorsitz durch die zwar geschwächte, aber noch aktive Untergrundorganisation ETA.
Christopher Ricke: In der Silvesternacht wechselt die EU-Ratspräsidentschaft von Schweden nach Spanien. Und die Themen der Spanier für das erste Halbjahr 2010 werden sein der Kampf gegen die Krise und die Arbeitslosigkeit, die Lösung des Problems der illegalen Einwanderung, die Verbesserung der Beziehungen der EU zu den USA, zu Russland und zu Lateinamerika. Und es gibt eine große Sorge in Spanien, dass sich die Terrororganisation ETA mit einer spektakulären Aktion zurückmelden könnte. Ich spreche jetzt mit Walter Bernecker, er ist Professor für Auslandswissenschaften an der Uni Erlangen-Nürnberg. Herr Bernecker, die politischen Ziele habe ich aufgezählt, auffällig ist da die Verbesserung der Beziehungen zu Lateinamerika. Ist das ein spanisches Bemühen um ehemalige Kolonien?
Walter Bernecker: Eigentlich ist es ja gar nicht neu. Auch bei früheren Ratspräsidentschaften, die ja Spanien schon zweimal innehatte, war die Verbesserung der Beziehungen zu Lateinamerika eines der Ziele Spaniens. Und in diesem Jahr kommt ja dazu, dass Lateinamerika also 2010/1810 die 200 Jahre der Unabhängigkeit oder des Beginns der Unabhängigkeitskämpfe feiert, und da möchte Spanien an erster Stelle mit dabei sein, möchte mitfeiern, wenn auch in einer gewissermaßen etwas zurückgezogenen Position. Aber dass es darum geht, die Beziehungen zu verbessern, vor allem, wo ja auch Spanien selber eher kritische Beziehungen zu Venezuela, zu Bolivien, zu Ecuador, also zu den Linksregimen hat, das ist durchaus verständlich.
Ricke: Da gibt es ja noch ein Linksregime, da gibt es ja Kuba, und da gibt es auch in Spanien einen politischen Streit. Die sozialistische Regierung von Ministerpräsident Zapatero will erreichen, dass die EU ihre Beziehungen zum Castro-Regime normalisiert, das will die Opposition nicht. Glauben Sie, dass in Europa etwas gelingen kann, was nicht mal im eigenen Land vermittelbar ist?
Bernecker: Ich halte das für sehr schwierig. Kuba scheint überhaupt nicht bereit zu sein, die Avancen, die ja Spanien schon wiederholt gemacht hat, zu honorieren. Wir sehen das ja jetzt auch an der Reaktion von Raúl Castro gegenüber den Avancen von Obama. Von daher denke ich, dass in der Kuba-Politik wahrscheinlich keine substanziellen Änderungen erfolgen können.
Ricke: Wenden wir den Blick von West nach Ost im kommenden Jahr: Werden wir in der EU eine Erweiterungsdebatte haben? Kroatien steht vor der Tür, die anderen Balkanstaaten haben sich längst angemeldet, auch die Türkei begehrt Einlass. Und wenn man an die letzte spanische Ratspräsidentschaft erinnert, dann erinnert man sich ja eher ans Bremsen bei Erweiterungsthemen denn als Gasgeben. Wird das auch im kommenden Jahr so sein?
Bernecker: Nein, es wird wahrscheinlich eher umgekehrt sein. Zapatero hat bereits bekannt gegeben und auch sein Außenminister Moratinos, dass sie die Verhandlungen mit der Türkei forcieren wollen, neue Kapitel sollen andiskutiert werden und die Verhandlungen mit Kroatien sollen ebenfalls intensiviert werden. Das sind konkret die zwei Beispiele, die die Spanier bisher benannt haben, möglicherweise kommen weitere hinzu.
Ricke: Ist das in Spanien so vermittelbar? Wenn man sich an 2002, an die damalige Ratspräsidentschaft erinnert, ging es ja auch darum, dass Subventionen, dass Gelder eher nach Osten abfließen denn nach Spanien?
Bernecker: Ja, aber 2002 war Aznar an der Regierung, jetzt ist Zapatero an der Regierung. Es gibt einen großen Unterschied zwischen den Konservativen und den Sozialisten in Spanien, und die Sozialisten sind sich der enormen Hilfe, die die EU beim Aufbau dieses Landes in den letzten 20 Jahren geleistet hat, durchaus bewusst. Die Spanier sind offen für Erweiterungen, sie haben das immer gesagt, Umfragen haben das auch belegt, sodass ich denke, dass diese Ratspräsidentschaft sich von der letzten deutlich unterscheidet.
Ricke: Es gibt eine Bedrohung, die darf man nicht vergessen, das ist die ETA. Die Terrorgruppe könnte sich mit einer spektakulären Aktion ins Bewusstsein der Menschen zurückrufen. Das hat gerade erst Spaniens Innenminister Rubalcaba gesagt. Worauf bereitet man sich denn vor – auf Anschläge, auf Entführungen?
Bernecker: Ja, eigentlich auf alles. Man ist sehr darauf vorbereitet, dass etwas geschehen könnte, denn es ist zwar sicher, dass ETA gegenüber früheren Jahren außerordentlich geschwächt ist, aber andererseits stark genug, um immer noch Attentate verüben zu können. Das letzte Jahr hat einige traurige Beispiele gezeigt. Also, das ist durchaus denkbar, die Spanier sind sehr wachsam in der Hinsicht und sind gewissermaßen auf alles vorbereitet.
Ricke: Walter Bernecker ist Professor für Auslandswissenschaft an der Uni Erlangen-Nürnberg. Vielen Dank, Herr Bernecker!
Bernecker: Gern geschehen.
Walter Bernecker: Eigentlich ist es ja gar nicht neu. Auch bei früheren Ratspräsidentschaften, die ja Spanien schon zweimal innehatte, war die Verbesserung der Beziehungen zu Lateinamerika eines der Ziele Spaniens. Und in diesem Jahr kommt ja dazu, dass Lateinamerika also 2010/1810 die 200 Jahre der Unabhängigkeit oder des Beginns der Unabhängigkeitskämpfe feiert, und da möchte Spanien an erster Stelle mit dabei sein, möchte mitfeiern, wenn auch in einer gewissermaßen etwas zurückgezogenen Position. Aber dass es darum geht, die Beziehungen zu verbessern, vor allem, wo ja auch Spanien selber eher kritische Beziehungen zu Venezuela, zu Bolivien, zu Ecuador, also zu den Linksregimen hat, das ist durchaus verständlich.
Ricke: Da gibt es ja noch ein Linksregime, da gibt es ja Kuba, und da gibt es auch in Spanien einen politischen Streit. Die sozialistische Regierung von Ministerpräsident Zapatero will erreichen, dass die EU ihre Beziehungen zum Castro-Regime normalisiert, das will die Opposition nicht. Glauben Sie, dass in Europa etwas gelingen kann, was nicht mal im eigenen Land vermittelbar ist?
Bernecker: Ich halte das für sehr schwierig. Kuba scheint überhaupt nicht bereit zu sein, die Avancen, die ja Spanien schon wiederholt gemacht hat, zu honorieren. Wir sehen das ja jetzt auch an der Reaktion von Raúl Castro gegenüber den Avancen von Obama. Von daher denke ich, dass in der Kuba-Politik wahrscheinlich keine substanziellen Änderungen erfolgen können.
Ricke: Wenden wir den Blick von West nach Ost im kommenden Jahr: Werden wir in der EU eine Erweiterungsdebatte haben? Kroatien steht vor der Tür, die anderen Balkanstaaten haben sich längst angemeldet, auch die Türkei begehrt Einlass. Und wenn man an die letzte spanische Ratspräsidentschaft erinnert, dann erinnert man sich ja eher ans Bremsen bei Erweiterungsthemen denn als Gasgeben. Wird das auch im kommenden Jahr so sein?
Bernecker: Nein, es wird wahrscheinlich eher umgekehrt sein. Zapatero hat bereits bekannt gegeben und auch sein Außenminister Moratinos, dass sie die Verhandlungen mit der Türkei forcieren wollen, neue Kapitel sollen andiskutiert werden und die Verhandlungen mit Kroatien sollen ebenfalls intensiviert werden. Das sind konkret die zwei Beispiele, die die Spanier bisher benannt haben, möglicherweise kommen weitere hinzu.
Ricke: Ist das in Spanien so vermittelbar? Wenn man sich an 2002, an die damalige Ratspräsidentschaft erinnert, ging es ja auch darum, dass Subventionen, dass Gelder eher nach Osten abfließen denn nach Spanien?
Bernecker: Ja, aber 2002 war Aznar an der Regierung, jetzt ist Zapatero an der Regierung. Es gibt einen großen Unterschied zwischen den Konservativen und den Sozialisten in Spanien, und die Sozialisten sind sich der enormen Hilfe, die die EU beim Aufbau dieses Landes in den letzten 20 Jahren geleistet hat, durchaus bewusst. Die Spanier sind offen für Erweiterungen, sie haben das immer gesagt, Umfragen haben das auch belegt, sodass ich denke, dass diese Ratspräsidentschaft sich von der letzten deutlich unterscheidet.
Ricke: Es gibt eine Bedrohung, die darf man nicht vergessen, das ist die ETA. Die Terrorgruppe könnte sich mit einer spektakulären Aktion ins Bewusstsein der Menschen zurückrufen. Das hat gerade erst Spaniens Innenminister Rubalcaba gesagt. Worauf bereitet man sich denn vor – auf Anschläge, auf Entführungen?
Bernecker: Ja, eigentlich auf alles. Man ist sehr darauf vorbereitet, dass etwas geschehen könnte, denn es ist zwar sicher, dass ETA gegenüber früheren Jahren außerordentlich geschwächt ist, aber andererseits stark genug, um immer noch Attentate verüben zu können. Das letzte Jahr hat einige traurige Beispiele gezeigt. Also, das ist durchaus denkbar, die Spanier sind sehr wachsam in der Hinsicht und sind gewissermaßen auf alles vorbereitet.
Ricke: Walter Bernecker ist Professor für Auslandswissenschaft an der Uni Erlangen-Nürnberg. Vielen Dank, Herr Bernecker!
Bernecker: Gern geschehen.