Bermuda, Namibia, Yoruba

Ihre Hörerwünsche 2020

26:30 Minuten
Der Horseshoe Bay Strand auf Bermuda
Die Bermuda-Inseln sind ein britisches Überseegebiet im Nordatlantik. Etwa 70.000 Menschen leben hier. © picture alliance / robertharding / Michael DeFreitas
Moderation: Andre Zantow · 28.12.2020
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Philipp möchte, dass wir über seine Wahlheimat Bermuda berichten: ein Natur- und Steuerparadies. Claudia will mehr über die Religion der Yoruba erfahren. Frank hilft den schnellsten, blinden Sprintern Afrikas: auch ein Hörerwunsch-Thema für die Weltzeit.
Nachdem wir gefragt haben, über welche Themen und Regionen im Ausland Sie mehr erfahren wollen, haben uns viele tolle Vorschläge erreicht. Ausgewählt für die Wunschweltzeit 2020 haben wir den Aralsee. Weitere Ideen versuchen wir umzusetzen.

Bermuda: Reich an Geschichte und Steuerschlupflöchern

So schrieb uns Philipp: "Ich würde gerne, dass die Menschen mehr über Bermuda erfahren. Liebe Grüße aus Bermuda." Er arbeitet als Kapitän für die Bermuda Sloop Foundation. Dort geht er mit Achtklässlern auf längere Segelausflüge, "damit sie etwas für das Leben lernen". Seit etwa drei Jahren lebt er in dem britischen Überseegebiet im Nordatlantik mit knapp 70.000 Einwohnern, das er als "paradiesisch" beschreibt, mit "weißen beziehungsweise rosa Stränden, schönen Buchten und tropischem Klima".
Hinzu komme die lange Seefahrergeschichte, die für eine Inselgemeinschaft sorge, mit verschiedenen Kulturen und "einer interessanten Mischung von Leuten". Bermuda wird seit etwa vier Jahrhunderten bewohnt und war einer der ersten Außenposten der britischen Krone im Westen: ein Ausgangspunkt für die Expansion der europäischen Welt.
Die Verbindungen nach Europa und in die USA ragen heute aber über die Kolonialgeschichte hinaus. Steuervermeidungsfachleute sitzen auf Bermuda und ermöglichen es Firmen, weltweit möglichst wenig Abgaben zu zahlen. Recherchiert hat dazu Petra Blum. Die freie Journalistin arbeitet unter anderem für das WDR-Investigativ-Team und war im vergangenen Jahr auf Bermuda für einen Monitor-Bericht.
Sie erklärt, wie internationale Konzerne und reiche Privatpersonen die Steuerschlumpflöcher nutzen, dem Inselstaat eines der höchsten Bruttoinlandsprodukte pro Kopf der Welt bescheren, aber gleichzeitig ein Teil der lokalen Bevölkerung unter den hohen Preisen für Miete und Nahrungsmittel leidet – bis hin zur Obdachlosigkeit. Auf Bermuda gebe es ein krasses Zusammentreffen von Armut und Reichtum, so Petra Blum.

Namibia: Unterstützung für Afrikas blinde Topsprinter

Für einen historischen Moment sorgte 2016 Ananias Shikongo. Der blinde Sprinter holte als erster Mann aus Namibia eine Goldmedaille bei olympischen oder paralympischen Spielen. Über 200 Meter in der Klasse T11 besiegte er sensationell die Konkurrenz.
Mitgejubelt hat auch Frank Gschwender. Der Mitarbeiter der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit lebte fast 20 Jahre in Namibia und traf 2015 erstmals mit Shikongo zusammen:
"Ananias hat durch zwei tragische Unfälle in seiner Kindheit nacheinander beide Augen verloren und hat dann einen neuen Weg finden müssen. Den hat er gefunden. Irgendjemand hat festgestellt, dass er ein unglaubliches Talent hat."
Seine persönliche und sportliche Geschichte sei so beeindruckend gewesen, dass er eine Anfrage zur Förderung nicht ablehnen konnte. So brachte Frank Gschwender die Unterstützungsinitiative Sport on the Move auf den Weg, die Shikongo und weiteren namibischen Sprintern hilft, ihren Sport trotz der widrigen Bedingungen im Land auszuüben.
Das große Ziel von Olympia in Tokio hatte für die Athleten in den vergangenen vier Jahren ihr Leben und Überleben gesichert, sagt Gschwender. Das Wegbrechen sei ein harter Schlag gewesen: "Da fällt das ganze Umfeld weg, weil alle – auch in der Familie – mit der Pandemie beschäftigt sind. Es gibt keine Wettkämpfe mehr, kaum Trainingsmöglichkeiten."
Die namibische Weitspringerin Lahja Ishitile schilderte es Gschwender so: "Meine mentale und körperliche Fitness, die ich für die kommenden Wettkämpfe bewahren wollte, ist schlagartig zerstört. Unser Traingingsfeld wurde von der Regierung besetzt, damit sie die Obdachlosen dort versorgen und vor Covid-19 schützen kann."
Trotz allem wollen Ananias Shikongo und die anderen aus seiner Trainingsgruppe hart an sich arbeiten, teilweise allein in staubigen Hinterhöfen, um 2021 in Tokio ihre Träume zu erfüllen.

Yoruba: Die Weltreligion aus Westafrika

Claudia meldete sich mit dem Wunsch: "Yoruba: Kultur, Ausbreitung, Hintergründe, Kulturtiefe-Religion und Auswirkung auf Frauen. Das würde mich interessieren."
Wir haben diese Fragen weitergegeben an Kofi Yakpo. Er ist Professor für Sprachwissenschaften an der University of Hongkong, derzeit Stipendiat der Alexander von Humboldt Stiftung und für ein Jahr am Institut für Afrikawissenschaften der Humboldt Universität in Berlin: "Yoruba wird von circa 50 Millionen Menschen in Nigeria gesprochen. Auch im Nachbarland Benin. Es ist eine Sprachgruppe. Ähnlich wie im Deutschen gibt es verschiedene Dialekte der Sprache, die sehr weit verbreitet ist in dieser Region Westafrikas."
Yoruba ist aber durch den europäischen Sklavenhandel in der Karibik und Südamerika verbreitet: "In Brasilien gibt es eine synkretistische Religion. Das heißt, eine Religion, die verschiedene Elemente in sich aufnimmt und vor allem auf der Yoruba-Religion beruht. Und dort wird während der Gottesdienste Yoruba gesprochen, als Religionssprache, so wie früher in Europa das Lateinische."
Frauen spielen als Priesterinnen und als Gottheiten eine ganz zentrale Rolle: "Auch in Kuba und Brasilien sind viele der mächtigsten Priester Frauen. Eine der Hauptgottheiten der Yoruba-Religion ist Yemayá: eine Frau. Sie ist die Göttin des Meeres und des Lebens in dem Sinne auch. Frauen haben immer in der Yoruba-Gesellschaft eine große Rolle gespielt. Das ist heute auch noch so."
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