Berliner Antidiskriminierungsgesetz

Die soziale Herkunft soll kein Stigma sein

07:10 Minuten
Jugendliche posieren in Berlin für ein Foto, manche davon mit Migrationshintergrund.
Das Berliner Abgeordnetenhaus stimmt über ein Landesantidiskriminierungsgesetz ab, das weiter gehen soll als das des Bundes und erstmals auch die Diskrminierung wegen der sozialen Herkunft erfasst. © Picture Alliance / dpa / Wolfram Steinberg
Andreas Kemper im Gespräch mit Stephan Karkowsky · 04.06.2020
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Nicht nur Religion, Geschlecht oder Hautfarbe sind Diskriminierungsgründe, sondern auch die soziale Herkunft. So sieht es das geplante Berliner Antidiskriminierungsgesetz. Ein symbolischer, aber wichtiger Schritt, sagt der Soziologe Andreas Kemper.
Nicht nur Hautfarbe, Religion, Geschlecht – auch die soziale Herkunft oder der soziale Status eines Menschen können Diskriminierungsgründe sein. So sieht es das Antidiskriminierungsgesetz, das die rot-rot-grüne Landesregierung ins Berliner Abgeordnetenhaus eingebracht hat und über das heute abgestimmt wird.
Der Soziologe Andreas Kemper begrüßt das: Denn unter Diskriminierung würden bisher nur Tatbestände wie Rassismus, Sexismus oder Behindertenfeindlichkeit gefasst. Arbeits- und Obdachlosigkeit oder ein niedriger sozialer Status würden dagegen ausgeblendet.
"Allein schon, dass es jetzt anerkannt wird, dass es auch eine Armutsdiskriminierung gibt – abgesehen davon, dass Armut sowieso schlimm ist – das ist ein erster Schritt."

Schulnoten werden nicht nach Leistung vergeben

Sichtbar werde eine Diskriminierung aufgrund von sozialer Herkunft beispielsweise im Bildungsbereich, so Kemper, mit Blick auf die PISA-Studien: "Seit 20 Jahren wird immer wieder festgestellt, dass es eine Diskriminierung aufgrund der sozialen Herkunft gibt, dass nicht einfach nach Leistung benotet wird, dass nicht einfach nach Leistung die Gymnasialplätze vergeben werden, sondern dass die soziale Herkunft eine wichtige Rolle spielt." So gebe es nicht einmal bei gleichen Noten die gleiche Gymnasialempfehlung für Kinder aus sozial schwachen Elternhäusern.
Auch einen Namen, der mit niedrigem sozialen Status assoziiert wird, kann zur Diskriminierung führen, erläutert Kemper: "Wir kennen das, diese Zuschreibung – Chantal und Kevin – allein über die Vornamen finden bestimmte Bewertungen statt. Oder wenn jemand aus einem bestimmten Stadtviertel kommt."
(uko)
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