Berlinalefilme "Marighella" und "Amazing Grace"

Amerika der Gegensätze

The Queen of Soul, Aretha Franklin sings at a Labor Day event which featured US President Barack Obama outside of the Renaissance center in Detroit, Michigan USA on 05 September 2011.
Aretha Franklin bei einem Auftritt in Detroit im Jahr 2011. Der Dokumentarfilm "Amazing Grace" setzt der 2018 verstorbenen Soulikone ein filmisches Denkmal © EPA/JEFF KOWALSKY
Jörg Taszman im Gespräch mit Sigrid Brinkmann · 15.02.2019
Ins Amerika vor fünfzig Jahren führen die Filme "Marighella" und "Amazing Grace". Der 1972 entstandene Musikfilm "Amazing Grace" zeige, welche Menschen die Soullegende Aretha Franklin besonders beeinflusst haben, findet Jörg Taszman.
"Amazing Grace" und "Marighella" liefen auf der Berlinale außer Konkurrenz. "Marighella" zeige mit brutalen Szenen den Kampf des Revolutionärs Carlos Marighella gegen die Militärdiktatur Brasiliens der 1960er Jahre, sagte Filmkritiker Jörg Taszman im Gespräch mit Deutschlandfunk Kultur.
MARIGHELLA Brasilien 2019 Regie: Wagner Moura
Das Regiedebüt "Marighella" des bekannten brasilianischen Schauspielers Wagner Moura ("Tropa d’Elite", "Narcos") setzt dem marxistischen Politiker, Kämpfer und Schriftsteller Carlos Marighella ein filmisches Denkmal. Nach dem Putsch der Generäle 1964 und der Einführung einer Militärdiktatur, beschloss Marighella in den Untergrund zu gehen und zusammen mit vornehmlich jungen Studenten die Diktatur militärisch zu bekämpfen. Wagner Moura porträtiert ihn als einen idealistischen Kämpfer, der auch mit der kommunistischen Partei bricht, um sich aktiv zu wehren. Aber gegen die brutale Geheimpolizei hat seine Widerstandsgruppe keine Chance und gerät selber in einen Strudel der Gewalt.
Das packende Politdrama zeigt Haltung und schlägt sich durchaus auf die Seite der Revolutionäre. Dabei greift der Regisseur mitunter auch zu dramaturgisch vereinfachenden Mitteln und die vielen Folterszenen hätten auch nicht sein müssen. Aber dieses für uns Europäer unbekannte Kapitel aus Brasilien stellt implizit auch immer die Frage, wie moralisch oder unmoralisch Gewalt auch für Unterdrückte wird, wenn sie gegen eine brutale Diktatur ankämpfen. Sehenswertes Kino für ein breites Publikum in Zeiten, in denen in Brasilien politisch ein massiver Rechtsruck herrscht.
15.02.2019, Berlin: 69. Berlinale, Photocall "Marighella", Wettbewerb: Seu Jorge (l-r), Schauspieler, Wagner Moura, Regisseur, Bruno Gagliasso, Schauspieler und die Schauspielerin Bella Camero
"Marighella" - Regisseur Wagner Moura (Mitte) mit seinen Schauspielern Seu Jorge, Bruno Gagliasso und Bella Camero (vlnr) auf der Berlinale am 15.02.2019© Foto: Ralf Hirschberger/dpa
AMAZING GRACE USA 2019
Aretha Franklin stand mit nur 29 Jahren schon an einem Höhepunkt ihrer Karriere, hatte diverse Number One Hits und kehrte dann in einer Baptistenkirche an zwei Abenden 1972 zu ihren Ursprüngen zurück. Sie gab zwei legendäre Gospelkonzerte die in Bild und Ton mitgeschnitten wurden. Das Album verkaufte sich zum erfolgreichsten Gospelalbum aller Zeiten. Der Film kam jedoch wegen technischer Probleme nie in die Kinos. Dabei war Sydney Pollack als Regisseur vorgesehen.
Nun entdeckt man mehr als 45 Jahre später ein wirklich mitreißendes Konzert, das viel über Aretha Franklin Preis gibt. So haben der Reverend James Cleveland aber auch ihr eigener Vater, der selber Priester war, einen großen Einfluss auf die Sängerin ausgeübt. Als Konzertfilm ist das nicht der große Wurf, weil es filmisch einfach nicht mit den großen Klassikern des Musikfilms mithalten kann, als Dokument ist dieser Film dennoch aufschlussreich und mitunter berührend. Die Tonspur ist hervorragend restauriert und die Musik packend.
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