Berlin Fashion Week

Hightech statt High Fashion

05:23 Minuten
Ein blondes Model in einem extravagant gestalteten, hellblauen Kleid auf einem Laufsteg.
Die Modeindustrie trotzt der Jogginghosen-Pandemie. Hier in einem Entwurf von Rebekka Ruetz, den das Model Anna Hiltrop präsentiert. © picture alliance/dpa/Annette Riedl
Jenni Zylka im Gespräch mit Gesa Ufer · 09.09.2021
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Wie tritt die Modeindustrie der Coronakrise entgegen? Um diese Frage dreht sich alles auf der Berlin Fashion Week. Die Veranstaltung macht Hoffnung: Wir werden uns bald wieder in Schale werfen – zur Not in eine aus Ananas.
Jede Menge Home Office, aber nur wenig Anlässe, sich in Schale werfen: Auch der Mode- und Textilindustrie hat die Coronapandemie finanziell schwer zugesetzt. Umso gespannter ist der Blick auf Branchentreffen wie die Berlin Fashion Week, die noch bis zum 12. September läuft – zwar zum großen Teil online, aber teils auch schon mit Veranstaltungen für Publikum vor Ort.
Wie will die Branche das Ruder rumreißen? Welche Impulse setzen die kreativen Köpfe? Mit was ist für die Zukunft zu rechnen? Anders als auf klassischen Modeschauen wie etwa in Paris, wo sich die Haute Couture der High Society präsentiert, ist die Berliner Fashion Week auch in diesem Jahr wieder eher ein Ort des regen Austausches und der Debatte.

Der lange Weg zur Nachhaltigkeit

Insbesondere nachhaltigere Produktion und die Potenziale neuer Technologien bestimmen die Diskussion, lautet das Zwischenfazit der Kulturjournalistin Jenni Zylka.
Dabei gehe es um Nachhaltigkeit auf allen Ebenen, von den verwendeten, nach Möglichkeit vielleicht sogar recycelten Stoffen über den Transportweg, den ein Kleidungsstück von seiner Fertigung bis zum Kleidungsladen zurücklegen muss, bis hin zur Tragedauer und Recycelbarkeit des fertigen Produkts.
"Da gibt es seit einiger Zeit den Begriff der 'circular fashion', ein Überbegriff für den Kreislauf eines Produkts, das nach Möglichkeit nicht nur nachhaltig hergestellt worde sein soll, sondern auch Second Hand wiederverkauft werden. Denn eines der größten Probleme der Modeindustrie ist ja nach wie vor die Überproduktion."

Fortschritt durch Technik

Neue Technologien sollen es der Industrie gestatten, nachhaltiger zu werden. Zum Beispiel wolle man auf diese Weise "immer mehr on demand produzieren", sagt Zylka: "Maßgeschneidert, aber nicht so teuer."
Dass man dabei auch normierte Größen hinter sich lasse, sei ein zweiter Vorteil. Nicht zuletzt ermögliche es der technische Fortschritt auch, Abfallprodukte anderer Industrien für die Textilproduktion zu verwerten.

Man wirft sich in Ananas-Schale

Aber natürlich spielt auf der Berlin Fashion Week die Kreativität eine große Rolle: Wie reagiert die Modeindustrie ästhetisch auf die Jogginghosen-Verwahrlosung der letzten anderthalb Jahre?
"Man ist da noch ein bisschen vorsichtig", beobachtet Zylka. Mangels großer Kulturveranstaltungen sei auch weiterhin nicht mit großen Roben zu rechnen. "Man findet viel Kleidung, die man von morgens bis abends tragen kann, auch viele Accessoires werden vorgestellt."
Modedesignerinnen wie Marina Hoermanseder arbeiten dennoch weiter an extravaganten Entwürfen. "Die macht nach wie vor sehr märchenhafte und bunte Kleidung in großer Geste, aber natürlich sehr zeitgemäß, jetzt eben aus veganem Ananasleder."
(thg)
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