Berlin - auf dem Weg zur Weltstadt?
Was ist eine Weltstadt, was macht sie eigentlich aus? Stellen wir uns erstmal dumm und schlagen nach: Eine Weltstadt besitzt oder besaß zentrale Bedeutung für große Teile der Welt, auf politischem, wirtschaftlichem oder kulturellem Gebiet. Achtung: wir wollen über Berlin sprechen!
Weltstädte im politischen Sinne sind die Machtzentren der großen Weltreiche. Weltstädte im wirtschaftlichen Sinne sind vor allem die globalen Finanzzentren, vor allem in den relevanten Wirtschaftsregionen Ostasiens, Europas und Nordamerikas. Weltstädte im kulturellen Sinne sind wesentlich schwerer objektiv zu identifizieren, weil es dafür keine quantifizierbaren Indikatoren gibt. Weltstädte mit kulturellem Schwerpunkt ziehen Künstler und Kulturschaffende an, sie sind Standorte wichtiger Museen oder Theater oder gar Wegbereiter kultureller Entwicklungen.
Weltstädte sind also mithin in irgendeiner Form von überragender globaler Bedeutung; ihr Bezugsrahmen ist die gesamte Welt – wie es die Benennung schon ausdrückt.
Lutz Hachmeister, langjähriger Leiter des renommierten Grimme-Instituts, hat kürzlich gemeint, in Berlin werde jetzt Weltstadt gespielt. Er bezog das zwar in erster Linie auf die Veränderungen, denen der politische Journalismus in der Bundeshauptstadt unterworfen sei. Für jemanden, der sich Berlin als Sitz seines eben gegründeten Medienforschungsinstituts ausgesucht hat, eine interessante Einschätzung. Gerade in und durch Medien werden ja Bilder und Images erzeugt und gepflegt. Blättern sie mal in den hier erscheinenden Tageszeitungen, oder schauen Sie sich mal die regionalen Fernsehsendungen an. Sieht so Metropole aus? Seien wir ehrlich: Hachmeister liegt mit seinem etwas gehässigen Urteil nicht so falsch.
Berlin – eine Weltstadt? Allenfalls in kultureller Hinsicht.
Interessanter ist doch, dass Berlin seine Stärken noch immer nicht ausreichend ausschöpft. Zum Beispiel die der Internationalität. Die Stadt wirkt europäisch, ist aber in Wirklichkeit internationaler als New York, wie es kürzlich ein französischer Topmanager ausdrückte, der nach 14 Jahren in Brüssel nun in Berlin seinen Job macht. In der Tat ist das Zusammenspiel von rund 100 Nationen hier oft besser entwickelt als anderswo. Wer New York als melting pot rühmt, sollte sich mal eine Woche lang per U-Bahn durch Berlin schlängeln.
Als das große montägliche Nachrichtenmagazin vor wenigen Monaten Berlins angebliches Comeback als Weltstadt zu beschreiben versuchte, löste die Redaktion damit eine Flut unterschiedlichster Leserreaktionen hervor. Selbst Berliner äußerten ihr Erstaunen darüber, woraus das Blatt seine Ansicht herleitete. Fehlende hoch qualifizierte Arbeitsplätze würden allenfalls die Hoffnungsvollen aus Freiburg, Bottrop und Rostock anlocken. Die Guten ziehe es nach London, New York, Sáo Paulo oder Mumbai.
Ein anderer meinte, wer von den wirklich Wichtigen – Reichen – Schönen wolle schon zur deutschen Neidgesellschaft nach Berlin, wo man sich für seinen Wohlstand verstecken müsse? Und wieder ein anderer – offensichtlich nicht Berliner! - prangerte das Weltstadtgetöse an und forderte stattdessen Demut der Schuldenstadt Berlin gegenüber dem Rest der Republik.
Um ein faires Bild der Metropole Berlin zu bekommen, muss man, so glaube ich, ungeachtet all dessen vor allem auf das Urteil Zugereister hören. Ein simpler Grund ist der, dass Berliner sich selbst und alles was hier passiert, sowieso "janz dufte" finden. "Janz dufte" reicht aber noch nicht für Weltstadt.
Und offen gesagt: mir persönlich ist es überhaupt nicht wichtig, in einer Weltstadt mit Hängen und Würgen zu leben, sondern lieber in einer richtigen echten Metropole, die ihre ehrliche Rolle als politischer, wirtschaftlicher, kultureller und sozialer Mittelpunkte einer Region spielt. Mit Internationalität und Heimatverbundenheit, Extravaganz und Normalität, Kiez und Ku´damm.
Weltniveau heißt für mich nicht 24-Stunden-Kühlregal in Wilmersdorf. Und ob Brad Pitt samt Familie nun nach Berlin zieht oder nicht – was soll's?!
Zum Drehen in die Filmhauptstadt Berlin kommen sie eh alle!
Harald Prokosch, Jahrgang 1959, Redakteur und Fernsehmoderator mit Stationen "Stuttgarter Zeitung", Süddeutscher Rundfunk, SAT1, ntv, Hauptabteilungsleiter Regionales SFB, jetzt Leiter Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Siemens Deutschland, Berlin
Weltstädte sind also mithin in irgendeiner Form von überragender globaler Bedeutung; ihr Bezugsrahmen ist die gesamte Welt – wie es die Benennung schon ausdrückt.
Lutz Hachmeister, langjähriger Leiter des renommierten Grimme-Instituts, hat kürzlich gemeint, in Berlin werde jetzt Weltstadt gespielt. Er bezog das zwar in erster Linie auf die Veränderungen, denen der politische Journalismus in der Bundeshauptstadt unterworfen sei. Für jemanden, der sich Berlin als Sitz seines eben gegründeten Medienforschungsinstituts ausgesucht hat, eine interessante Einschätzung. Gerade in und durch Medien werden ja Bilder und Images erzeugt und gepflegt. Blättern sie mal in den hier erscheinenden Tageszeitungen, oder schauen Sie sich mal die regionalen Fernsehsendungen an. Sieht so Metropole aus? Seien wir ehrlich: Hachmeister liegt mit seinem etwas gehässigen Urteil nicht so falsch.
Berlin – eine Weltstadt? Allenfalls in kultureller Hinsicht.
Interessanter ist doch, dass Berlin seine Stärken noch immer nicht ausreichend ausschöpft. Zum Beispiel die der Internationalität. Die Stadt wirkt europäisch, ist aber in Wirklichkeit internationaler als New York, wie es kürzlich ein französischer Topmanager ausdrückte, der nach 14 Jahren in Brüssel nun in Berlin seinen Job macht. In der Tat ist das Zusammenspiel von rund 100 Nationen hier oft besser entwickelt als anderswo. Wer New York als melting pot rühmt, sollte sich mal eine Woche lang per U-Bahn durch Berlin schlängeln.
Als das große montägliche Nachrichtenmagazin vor wenigen Monaten Berlins angebliches Comeback als Weltstadt zu beschreiben versuchte, löste die Redaktion damit eine Flut unterschiedlichster Leserreaktionen hervor. Selbst Berliner äußerten ihr Erstaunen darüber, woraus das Blatt seine Ansicht herleitete. Fehlende hoch qualifizierte Arbeitsplätze würden allenfalls die Hoffnungsvollen aus Freiburg, Bottrop und Rostock anlocken. Die Guten ziehe es nach London, New York, Sáo Paulo oder Mumbai.
Ein anderer meinte, wer von den wirklich Wichtigen – Reichen – Schönen wolle schon zur deutschen Neidgesellschaft nach Berlin, wo man sich für seinen Wohlstand verstecken müsse? Und wieder ein anderer – offensichtlich nicht Berliner! - prangerte das Weltstadtgetöse an und forderte stattdessen Demut der Schuldenstadt Berlin gegenüber dem Rest der Republik.
Um ein faires Bild der Metropole Berlin zu bekommen, muss man, so glaube ich, ungeachtet all dessen vor allem auf das Urteil Zugereister hören. Ein simpler Grund ist der, dass Berliner sich selbst und alles was hier passiert, sowieso "janz dufte" finden. "Janz dufte" reicht aber noch nicht für Weltstadt.
Und offen gesagt: mir persönlich ist es überhaupt nicht wichtig, in einer Weltstadt mit Hängen und Würgen zu leben, sondern lieber in einer richtigen echten Metropole, die ihre ehrliche Rolle als politischer, wirtschaftlicher, kultureller und sozialer Mittelpunkte einer Region spielt. Mit Internationalität und Heimatverbundenheit, Extravaganz und Normalität, Kiez und Ku´damm.
Weltniveau heißt für mich nicht 24-Stunden-Kühlregal in Wilmersdorf. Und ob Brad Pitt samt Familie nun nach Berlin zieht oder nicht – was soll's?!
Zum Drehen in die Filmhauptstadt Berlin kommen sie eh alle!
Harald Prokosch, Jahrgang 1959, Redakteur und Fernsehmoderator mit Stationen "Stuttgarter Zeitung", Süddeutscher Rundfunk, SAT1, ntv, Hauptabteilungsleiter Regionales SFB, jetzt Leiter Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Siemens Deutschland, Berlin