Bereit für das große Ereignis
1860 wurde im westfälischen Soest der örtliche Musikverein gegründet. Für den 150. Jahrestag haben sich die Mitglieder des dortigen Chores etwas ganz Besonderes vorgenommen. Sie inszenieren zum Jubiläum eine komplette Operette: "Die Fledermaus" von Johann Strauß ist fast ebenso alt ist wie der Musikverein und darin geht es viel ums Feiern.
Der Probensaal des Musikvereins Soest ist schon fast zu klein. Das angedeutete Bühnenbild mit Sofa und einer Bar, der Konzertflügel und etwa 80 Sängerinnen und Sänger füllen den Raum bis in die letzte Ecke.
Chorleiter Michael Busch hat das 60-köpfige Ensemble des Musikvereins für die Inszenierung der "Fledermaus" noch mit einem benachbarten Männerchor verstärkt. Früher stand er als ausgebildeter Opern- und Konzertsänger oft selbst auf den großen Bühnen in Düsseldorf und München. Heute leitet er in Soest eine Singschule und gibt die Erfahrungen aus seiner Berufspraxis gerne an die Laien in seinem Chor weiter.
"Ich hab die Erfahrung gemacht, wenn man die Leute motiviert und gut motiviert zum Singen, hebt sich die Qualität automatisch. Auch jemand, der noch nie gesungen hat, aber Spaß daran findet, seinen Körper schwingen zu spüren oder sich über den Körper auszudrücken, das hebt die Qualität – die Lebensqualität des Einzelnen, aber auch das Gemeinschaftsgefühl der Sänger. Und das spürt man bei dem Chor. Die haben alle unglaublich viel Spaß. Und das ist gut."
"Die Fledermaus" ist bereits das dritte Großereignis des Chores, an dem insgesamt fast 300 Leute beteiligt sind. 2005 inszenierte Michael Busch Mozarts "Zauberflöte" mit dem Musikverein, und 2007 brachte er die "Carmina Burana" mit dem Ensemble auf die Bühne. In der 50.000-Einwohner-Stadt Soest, die kein eigenes Theater- oder Opernensemble hat, zählen diese Aufführungen in der Stadthalle zu den kulturellen Höhepunkten des Jahres.
Regina Sybert-Goldstein wurde vor drei Jahren zu den Altstimmen des Musikvereins gelockt, als sie hörte, dass die "Carmina Burana" aufgeführt werden sollten. Gerade das Singen in einem großen Ensemble hat es ihr angetan.
"Wenn der Gesamtklang so ist, dass... boah, das ist einfach klasse, das ist Gänsehaut, und wenn man es dann noch schafft, so da drin mitzuschwingen und so mitzusingen, dass es passend ist und stimmig ist, find ich super. Also da könnt ich dahinschmelzen, find ich wirklich toll!"
Trotz gelegentlicher Neuzugänge plagen den Musikverein zwei altbekannte Sorgen: zu wenig Männerstimmen und kaum junger Nachwuchs. Die Sängerinnen und Sänger sind alle zwischen 30 und 80 Jahre alt. Der Durchschnitt liegt bei über 50. Dennoch ist Christoph Drerup aus dem Tenor davon überzeugt, dass der Chor weitaus jünger wirkt.
"Ich glaube, dass das Bild, das wir abgeben nach draußen hin, eher ein jugendliches Bild ist, auch dadurch, dass wir auch recht frische Aufführungen machen."
Mit Mozart, Hadyn, Bach und Brahms bringt der Chor vor allem das klassische Konzert- und Oratorienrepertoire auf die Bühne. Etwa alle acht bis zehn Monate studiert er ein neues Programm ein. Darunter ist dann auch einmal ein Abend mit Liedern aus den 20er-Jahren oder mit zeitgenössischen Kompositionen, wie dem Requiem von John Rutter.
"Singen ist ein Teil meines Wegs zu mir","
sagt Charlotte Helmstetter, die das Programmheft für die aktuelle Produktion der Fledermaus zusammengestellt hat.
""Nachdem man den ganzen Tag viel für andere getan hat, beruflich und in der Familie und so weiter, komm ich zur Probe und sage: Jetzt mach ich etwas für mich!"
Das wäre kaum möglich, würde sich die Altsängerin im Chor und in der Gruppe nicht so gut aufgehoben fühlen. Ein Eindruck, den Christoph Drerup bestätigt.
"Ich denke mal, es ist ein gegenseitiges Geben und Nehmen, und es gehört auch dazu, dass man sich gegenseitig unterstützt, und wenn man mal schief singt, dann darf man auch mal einen in die Seite kriegen und dann sagt man Danke und dann geht's weiter." (Lachen)
Für die Einzelstimmen bei der "Fledermaus" hat der Musikverein externe Solisten engagiert. Auch für die szenische Umsetzung der Operette auf die Bühne gibt es professionelle Unterstützung. Die junge Regisseurin Nilufer Münzing aus München bringt der großen Gruppe behutsam bei, sich auf der Bühne in einer geschlossenen Choreographie zu bewegen.
"Was mich sehr reizt, ist die Kombination aus Laiendarstellern für den Chor und professionellen Hauptdarstellern, weil man immer ein bisschen unterschiedlich natürlich arbeiten muss und ich gerne mich in beiden Richtungen weiter ausbilden möchte. Das ist für mich jetzt eine perfekte Gelegenheit, jetzt mal eine 'Fledermaus', auch Operette zu machen."
Nilufer Münzing hat sich entschieden, die Handlung der "Fledermaus" ins Heute zu verlegen. Die Umstände könnten kaum passender sein. Die Operette entstand 1874 zur Zeit einer Wirtschaftskrise in Österreich, und damals wie heute ist das Feiern in Champagnerlaune eine willkommene Gelegenheit zur Weltflucht, wenigstens für kurze Zeit. Grund genug zum Feiern hat der Soester Musikverein allemal. Chorleiter Michael Busch ist jedenfalls schon voller Vorfreude.
"So eine Aufführung ist wie ein Bonbon für die Arbeit, die man hatte. Und da freut man sich einfach drauf. Kribbeln im Bauch und endlich! Jetzt dürfen wir's mal zeigen, was wir gemacht haben."
Nilufer Münzing: "Genau. Wunderbar. Vielen Dank. So leicht ist das!" (Lachen)
Link: Chor des Musikvereins Soest
Immer mehr Menschen in Deutschland singen im Chor. In Zusammenarbeit mit der Arbeitsgemeinschaft deutscher Chorverbände (ADC) stellt Deutschlandradio Kultur jeden Freitag um 10:50 Uhr im Profil Laienchöre aus der ganzen Republik vor: Im "Chor der Woche" sollen nicht die großen, bekannten Chöre im Vordergrund stehen, sondern die Vielfalt der "normalen" Chöre in allen Teilen unseres Landes: mit Sängern und Sängerinnen jeden Alters, mit allen Variationen des Repertoires, ob geistlich oder weltlich, ob klassisch oder Pop, Gospel oder Jazz und in jeder Formation und Größe.
Chorleiter Michael Busch hat das 60-köpfige Ensemble des Musikvereins für die Inszenierung der "Fledermaus" noch mit einem benachbarten Männerchor verstärkt. Früher stand er als ausgebildeter Opern- und Konzertsänger oft selbst auf den großen Bühnen in Düsseldorf und München. Heute leitet er in Soest eine Singschule und gibt die Erfahrungen aus seiner Berufspraxis gerne an die Laien in seinem Chor weiter.
"Ich hab die Erfahrung gemacht, wenn man die Leute motiviert und gut motiviert zum Singen, hebt sich die Qualität automatisch. Auch jemand, der noch nie gesungen hat, aber Spaß daran findet, seinen Körper schwingen zu spüren oder sich über den Körper auszudrücken, das hebt die Qualität – die Lebensqualität des Einzelnen, aber auch das Gemeinschaftsgefühl der Sänger. Und das spürt man bei dem Chor. Die haben alle unglaublich viel Spaß. Und das ist gut."
"Die Fledermaus" ist bereits das dritte Großereignis des Chores, an dem insgesamt fast 300 Leute beteiligt sind. 2005 inszenierte Michael Busch Mozarts "Zauberflöte" mit dem Musikverein, und 2007 brachte er die "Carmina Burana" mit dem Ensemble auf die Bühne. In der 50.000-Einwohner-Stadt Soest, die kein eigenes Theater- oder Opernensemble hat, zählen diese Aufführungen in der Stadthalle zu den kulturellen Höhepunkten des Jahres.
Regina Sybert-Goldstein wurde vor drei Jahren zu den Altstimmen des Musikvereins gelockt, als sie hörte, dass die "Carmina Burana" aufgeführt werden sollten. Gerade das Singen in einem großen Ensemble hat es ihr angetan.
"Wenn der Gesamtklang so ist, dass... boah, das ist einfach klasse, das ist Gänsehaut, und wenn man es dann noch schafft, so da drin mitzuschwingen und so mitzusingen, dass es passend ist und stimmig ist, find ich super. Also da könnt ich dahinschmelzen, find ich wirklich toll!"
Trotz gelegentlicher Neuzugänge plagen den Musikverein zwei altbekannte Sorgen: zu wenig Männerstimmen und kaum junger Nachwuchs. Die Sängerinnen und Sänger sind alle zwischen 30 und 80 Jahre alt. Der Durchschnitt liegt bei über 50. Dennoch ist Christoph Drerup aus dem Tenor davon überzeugt, dass der Chor weitaus jünger wirkt.
"Ich glaube, dass das Bild, das wir abgeben nach draußen hin, eher ein jugendliches Bild ist, auch dadurch, dass wir auch recht frische Aufführungen machen."
Mit Mozart, Hadyn, Bach und Brahms bringt der Chor vor allem das klassische Konzert- und Oratorienrepertoire auf die Bühne. Etwa alle acht bis zehn Monate studiert er ein neues Programm ein. Darunter ist dann auch einmal ein Abend mit Liedern aus den 20er-Jahren oder mit zeitgenössischen Kompositionen, wie dem Requiem von John Rutter.
"Singen ist ein Teil meines Wegs zu mir","
sagt Charlotte Helmstetter, die das Programmheft für die aktuelle Produktion der Fledermaus zusammengestellt hat.
""Nachdem man den ganzen Tag viel für andere getan hat, beruflich und in der Familie und so weiter, komm ich zur Probe und sage: Jetzt mach ich etwas für mich!"
Das wäre kaum möglich, würde sich die Altsängerin im Chor und in der Gruppe nicht so gut aufgehoben fühlen. Ein Eindruck, den Christoph Drerup bestätigt.
"Ich denke mal, es ist ein gegenseitiges Geben und Nehmen, und es gehört auch dazu, dass man sich gegenseitig unterstützt, und wenn man mal schief singt, dann darf man auch mal einen in die Seite kriegen und dann sagt man Danke und dann geht's weiter." (Lachen)
Für die Einzelstimmen bei der "Fledermaus" hat der Musikverein externe Solisten engagiert. Auch für die szenische Umsetzung der Operette auf die Bühne gibt es professionelle Unterstützung. Die junge Regisseurin Nilufer Münzing aus München bringt der großen Gruppe behutsam bei, sich auf der Bühne in einer geschlossenen Choreographie zu bewegen.
"Was mich sehr reizt, ist die Kombination aus Laiendarstellern für den Chor und professionellen Hauptdarstellern, weil man immer ein bisschen unterschiedlich natürlich arbeiten muss und ich gerne mich in beiden Richtungen weiter ausbilden möchte. Das ist für mich jetzt eine perfekte Gelegenheit, jetzt mal eine 'Fledermaus', auch Operette zu machen."
Nilufer Münzing hat sich entschieden, die Handlung der "Fledermaus" ins Heute zu verlegen. Die Umstände könnten kaum passender sein. Die Operette entstand 1874 zur Zeit einer Wirtschaftskrise in Österreich, und damals wie heute ist das Feiern in Champagnerlaune eine willkommene Gelegenheit zur Weltflucht, wenigstens für kurze Zeit. Grund genug zum Feiern hat der Soester Musikverein allemal. Chorleiter Michael Busch ist jedenfalls schon voller Vorfreude.
"So eine Aufführung ist wie ein Bonbon für die Arbeit, die man hatte. Und da freut man sich einfach drauf. Kribbeln im Bauch und endlich! Jetzt dürfen wir's mal zeigen, was wir gemacht haben."
Nilufer Münzing: "Genau. Wunderbar. Vielen Dank. So leicht ist das!" (Lachen)
Link: Chor des Musikvereins Soest
Immer mehr Menschen in Deutschland singen im Chor. In Zusammenarbeit mit der Arbeitsgemeinschaft deutscher Chorverbände (ADC) stellt Deutschlandradio Kultur jeden Freitag um 10:50 Uhr im Profil Laienchöre aus der ganzen Republik vor: Im "Chor der Woche" sollen nicht die großen, bekannten Chöre im Vordergrund stehen, sondern die Vielfalt der "normalen" Chöre in allen Teilen unseres Landes: mit Sängern und Sängerinnen jeden Alters, mit allen Variationen des Repertoires, ob geistlich oder weltlich, ob klassisch oder Pop, Gospel oder Jazz und in jeder Formation und Größe.