Bekannt, bewundert, unverwechselbar

Von Barbara Wiegand · 24.09.2009
Der der Praemium Imperiale gilt als Nobelpreis der Künste. Gestiftet vom japanischen Kaiserhaus werden mit ihm herausragende Leistungen in den Bereichen Malerei, Skulptur, Architektur, Musik sowie Theater und Film gewürdigt.
Eine avantgardistische Architektin, ein Landart-Künstler, ein magischer Fotograf, ein brillanter Pianist, ein expressiver Dramatiker – so verschieden die fünf Gewinner des Praemium Imperiale 2009 auch sind, sie haben zwei Dinge gemeinsam. Erstens: Sie sind bereits international bekannt und bewundert. Und zweitens: Sie sind sehr eigen, sehr unverwechselbar in dem, was sie tun.

Etwa die Architektin Zaha Hadid. Deren kühne Entwürfe erinnern – auf dem Papier betrachtet – zunächst mal an abstrakte Gemälde. Mit ihren Linien, den Ecken und Kanten, aber auch mit den Kurven und fließenden Formen. Und wenn man das Ganze dann - meist in Beton – gebaut wird, dann wirkt es immer noch auch oft genug ungewöhnlich.

Das zeigt sich schon 1994 bei ihrer ersten Auftragsarbeit – der kühn geschnittenen Feuerwehrwache für das Vitra Werk in Weil am Rhein. Otto Graf Lambsdorff, Mitglied des Beratergremiums für den Praemium Imperiale:

"Es ist ja verwunderlich, dass man weltberühmt wird mit dem Bau einer Feuerwehreinrichtung. Wie das in Weil am Rhein geschehen ist. Und es gab ja zahlreiche weitere Projekte. Man hört ja, dass sie sehr anspruchsvoll sein soll in der Zusammenarbeit. Eine moderne Architektin und Architektur, die nach vorne denkt, die sich völlig unabhängig macht von staatlichen Vorschriften und von Bauvorschriften, Baugenehmigungen. Also auch die staatlichen Ämter und Behörden kriegen einiges zu tun mit jemand, der so weltberühmt ist. Sie lässt sich nicht einengen durch kleinliche Bürokratievorschriften."

Zaha Hadid also als Powerfrau, die nur gewöhnliche Häuser plant. Vielmehr hat sie auch die Bergisel Skisprung-Schanze in Österreich als futuristischen Turm in den Wald gestellt. Oder ein Bühnenbild für die britische Pop Band Pet Shop Boys kreiert und mit dem Z-Car ein Hybridauto designt – ein dreirädriges Gefährt mit Flügeltür.

Ungewöhnlich sind auch Werk und Arbeitsweise des Bildhauers Richard Long. Denn der 64-jährige Brite formt seine Kunst in und aus der Natur – einen Großteil des Jahres wandert er mit einem schweren Rucksack bepackt durch die Lande, sammelt Steine und Holz und bildet Kreise Ellipsen, Linien. Oder der 1989 mit dem renommierten Turner Prize ausgezeichnete, mehrfache documenta-Teilnehmer fotografiert seine Schritte über den Rasen - wie bei dem 1967 entstandenen Werk 'Line made by Walkin'. Das ist einfach- und einfach beeindruckend.

Nicht ganz so natürlich, vielmehr in ihrer hyperrealen Machart absichtlich künstlich sind die Aufnahmen des in New York lebenden Japaners Hiroshi Sugimoto. Der Fotograf bekommt den Preis übrigens in der Kategorie Malerei. Was gar nicht so abwegig ist, wie es sich anhört. Denn Sugimotos Fotos sind das Gegenteil von Schnappschüssen. Es sind glasklar ins Bild gesetzte Unterwasserwelten, nächtliche Meeresweiten, magisch strahlende Kinoleinwände. Dabei vermengt der 1948 in Tokio geborene Künstler geschickt Realität und Manipulation - wohl wissend, dass Fotografie immer eine subjektive sicht auf die Dinge ist.

Minutiös und intensiv könnte man Alfred Brendels Art beschreiben, Beethoven, Mozart, Haydn, Schubert und auch Schönberg am Klavier zu interpretieren. Das einfühlsame und zugleich reflektierte Spiel des Pianisten, der sich im vergangenen Jahr von den Konzertbühnen zurückzog, war manchen zu trocken – und begeisterte viele. Zu seinen Verehrern zählt auch Graf Lambsdorff:

"Weil Brendel ein großartiger Künstler ist, weil er viele Menschen mit seiner Kunst und seinem Spiel erfreut hat. Aber auch, weil er ein ungeheuer intellektuell begabter Schriftsteller ist. Er schreibt wundervolle Gedichte und Prosastücke. Er ist rundum ein hervorragender Künstler. Nicht nur als Techniker am Klavier, das ist für ihn selbstverständlich. Da ist viel mehr hinter seiner Musik und seiner Interpretation."

Sein erstes Gedicht verfasste der 1931 in Mähren geborene Brendel übrigens im Flugzeug auf dem Weg nach Japan. Im Dunkeln, so erzählt er, als das Licht ausging, kam es ihm plötzlich in den Sinn.

Zur Gruppe der der Angry Young Men - der Autoren, die ab Mitte der 50er-Jahre Alltagssprache auf britische Bühnen brachten, zählt der fünfte im Bund, der in diesem Jahr mit dem Japanischen Kulturpreis Geehrten, Tom Stoppard. Das Auswahlgremium würdigt den 1937 in der Tschechoslowakei geborenen Dramatiker für seine geistreichen Aussagen voll Witz, seiner Parodien und Verbalspiele – etwa in "Rosenkrantz und Guildenstern are dead" einem absurden Drama über zwei Nebencharaktere aus Shakespeares Hamlet, das ihm zum internationalen Durchbruch verhalf.

Außerdem das Stück Rock 'n' Roll, das 2007 im Berliner Renaissance Theater Erfolge feierte. Unkonventionell auch seine Drehbücher - für den 1999 mit dem Oscar ausgezeichneten Film "Shakespeare in Love" und die schräge Science Fiction-Story "Brazil", 1985 verfilmt von Terry Gilliam.

Werke aus den vergangenen Jahren und Jahrzehnten, die bis heute für die Qualität des Autors stehen – was klarmacht, dass mit dem Praemium Imperiale ein ganzes künstlerisches Lebenswerk ausgezeichnet wird.