Beiläufige präzise Beobachtungen

Vorgestellt von Anke Leweke · 15.11.2006
Matthias Luthardts Regiedebüt "pingpong" ist ein konzentriertes Kammerspiel. Eine Bungalow mit Garten, vier Menschen, ein Hund und eine Kamera, die sich diskret zurückhält und beobachtet. Mit Arno Sauls Film "Wo ist Fred" melden sich zünftiger Humor und biedere Stereotypen zurück. Man spürt dem Film die unglaubliche Anstrengung an, witzig zu sein.
"pingpong"
D 2006, Regie: Matthias Luthardt; Darsteller: Sebastian Urzendowsky, Marion Mitterhammer, Clemens Berg, Falk Rockstroh

Nicht selten wollen Regisseure beim ersten Film hoch hinaus, es sich und der Welt zeigen. Matthias Luthardt, Absolvent der Potsdamer Filmhochschule, schaltet jedoch einen Gang runter. Sein Regiedebüt "pingpong" ist ein konzentriertes Kammerspiel. Eine Bungalow mit Garten, vier Menschen, ein Hund und eine Kamera, die sich diskret zurückhält und beobachtet. Unangemeldet steht Paul bei seiner Tante und Onkel eines Sommermorgens vor der Haustür. Sein Vater hat sich umgebracht, seine Mutter kommt mit der Situation nicht zurecht. Jetzt sucht er Zuflucht, doch zunächst bleibt er ein unerwünschter Gast. Ein Fremder, der zum Katalysator für die Probleme dieser Familie wird. Es sind die beiläufigen, aber sehr präzisen Beobachtungen die diesen Film auszeichnen. Das aggressive Tischtennisspiel sagt alles über das Verhältnis von Vater und Sohn aus, wenn die Mutter den Hund streichelt, spürt man ihre Einsamkeit. Vor lauter Druck greift der erst siebzehnjährige Sohn immer wieder zur Flasche. Vielleicht mag manche Wendung gegen Ende ein wenig zu aufgesetzt wirken, zu voraussehbar. Dennoch schaut "pingpong" so genau hin, dass sich die Familie nicht länger hinter ihrer gutbürgerlichen Fassade verschanzen kann.


"Wo ist Fred?"
D 2006; Regie: Anno Saul; Darsteller: Til Schweiger, Jürgen Vogel, Alexandra Maria Lara, Christoph Maria Herbst

Eigentlich glaubte man sie überwunden, die spießige, deutsche Beziehungskomödie. Doch mit Arno Sauls Film "Wo ist Fred" melden sich zünftiger Humor und biedere Stereotypen zurück. Til Schweiger spielt Fred, einen feschen Bauarbeiter, der sich in die gutsituierte Mara (Anja Kling) verliebt. Um ihren Sohn zu imponieren, markiert er einen Rollstuhlfahrer, da man scheinbar nur als solcher an einen der heiß begehrten signierten Basketbälle des Alba-Berlin-Stars Mercurio Müller heran kommt. Pech bloß, dass die Medien aufgepasst haben und nun ausgerechnet am Beispiel Fred das Leben aus der Behindertenperspektive dokumentieren wollen. Zeit für eine anstrengende Doppelrolle. Zeit für eine peinliche Behindertendarstellung mit viel rollenden Augen, spastischen Anfällen und Urlauten. Zeit für Freds besten Kumpel Alex (Jürgen Vogel) den Rollstuhl ausgerechnet mitten auf der Treppe loszulassen. Zeit für Alexandra Maria Lara als aufgeregte Reporterin, das Mäuschen vom Dienst zu geben. Man spürt dem Film die unglaubliche Anstrengung an, witzig zu sein.