Behinderte Menschen und Beruf

Von Stephanie Kowalewski |
Die weltweit größte Messe für Menschen mit Behinderungen ist in Düsseldorf zu Ende gegangen. Auf der Rehacare International drehte sich vier Tage lang alles um Hilfsmittel und Dienstleistungen, die gehandicapten Menschen das Leben erleichtern sollen. Das Angebot reichte dabei vom leicht bedienbaren Rollstuhl bis hin zu barreirefreien Wohnwelten, von Sport- und Freizeitabgeboten bis hin zu behindertengercheten Arbeitsplätzen. Ein Schwerpunkt der Rehacare war in diesem Jahr der behinderte Mensch und der Beruf.
In Halle 3 beim Themenpark "Behinderte Menschen und Beruf" herrscht während der gesamten Messetage stets etwas Gedränge. Neben der individuellen Beratung an den Ständen der Integrationsämter und Berufsförderungswerke erhalten Besucher hier auch Einblick in den Arbeitsalltag behinderter Menschen.

"Schauen sie mal, dass sie sich bequem anlehnen können. So, dann nehmen wir ein bisschen Öl und dann genießen sie jetzt mal."

Messebesucherin Katharina Huy hat auf einem grellgrünen Massagestuhl Platz genommen. Ihr Gesicht ruht in einem gepolsterten Rahmen während Giselher Weinmann mit geübten Griffen ihren Nacken massiert:

"Merken sie das Knacken hier? Das ist ne Verspannung, die sie da haben, aber die kriegen wir gleich weg."

Giselher Weinmann ist nahezu blind, dennoch hat er vor drei Jahren seine Ausbildung zum Physiotherapeuten erfolgreich abgeschlossen. Auf der Rehacare will der 49-Jährige nun zeigen, was Menschen mit Handicap leisten können:

"Ich will zeigen: Leute ist super, macht es auch. Mir ist sehr wichtig zu zeigen, dass man die Möglichkeiten ausschöpfen kann, um sich wirklich zu qualifizieren, um mit sehenden Kollegen auch zu konkurrieren."

Und zwar bestenfalls auf dem ersten Arbeitsmarkt und nicht in einer speziellen Behindertenwerkstatt, die noch für viele junge Leute der erste Weg ist. Dabei können mit raffinierter Technik inzwischen sehr viele körperliche Einschränkungen ausgeglichen werden. In Halle 5 sind beispielsweise die Aussteller versammelt, die Hilfsmittel rund um den modernen Computerarbeitsplatz anbieten, ohne den heutzutage ja so gut wie nichts mehr läuft.

Hier gibt es sprechende Scanner, die sich selbst erklären und auch gleich vorlesen, was gerade in ihnen steckt. Es gibt Tastaturen mit Blindenschrift, sogenannte Braillezeilen, die sich kabellos per Bluetooth mit dem PC im Büro oder mit mobilen Geräten wie Notebook, PDA oder Handy verbinden lassen.

Ein paar Schritte weiter ist ein Musterarbeitsplatz für Sehbehinderte eingerichtet, samt Vergrößerungssoftware, Vorleseprogramm und einer neuartigen hochauflösenden Lesekamera, die sich selbst per Computerstimme vorstellt:

"Kleinste und schlechte Vorlagen wie z.B. Lieferschiene, Visitenkarten oder auch handschriftliche Notizen sehen sie kontrastreich, gestochen scharf und selbstverständlich ohne störendes Flackern des Bildes."

Die Standkamera, die wie eine Tischlampe aussieht, wird einfach per Kabel mit dem Computer verbunden und überträgt dann alles, was unter ihr liegt, digital auf den Bildschirm, sagt Dirk Eckhardt vom Hersteller Papenmeier:

"Ich kann das per Tastatur oder per Maus jederzeit manipulieren, das heißt, größer oder kleiner machen. Ich kann es auch einfärben. Wenn ich zum Beispiel so ein Recyclingpapier habe, Schwarz auf Dunkelgrau, irgendwas, was ich so kaum lesen kann, kann man das über die Kamera letztendlich so einstellen, dass es, wenn man will, schwarz-weiß, sehr kontrastreich dargestellt wird."

Durch solche technischen Lösungen können auch stark sehbehinderte Menschen selbstständig und ohne große Zeitverluste am Computer arbeiten. Das ist auch das Ziel von Tim Eigenbrodt. Der junge Mann sitzt im Rollstuhl und leidet an einer Spastik:

"Ich suche eine spezielle Tastatur und eine spezielle Maus für die Arbeit. Ich muss viele Texte schreiben und Briefe verfassen und Emails schreiben. Das geht alles zu langsam."

Am Stand von Incap empfiehlt ihm Christoph Kehl die so genannte Maxitastatur, die etwa ein Drittel größer ist, als eine Standardtastatur, was Spastikern das Drücken nur einer Taste wesentlich erleichtert. Durch eine integrierte Software lassen sich außerdem nützliche Zusatzfunktionen zuschalten, erklärt Christoph Kehl:

"Da kann man einstellen, dass man zum Beispiel keine Doppelauslösungen hat. Wenn man auf einer normalen Tastatur drauf bleibt, dann löst die ja ständig aus. Und hier kann man definieren, dass die nur einmal auslöst, wenn man auf die Taste drückt."

Inzwischen gibt es Tastaturen und Computermäuse für fast jedes Handicap. Neben den Großfeldtastaturen gibt es auch extrem kleine mit winzigen Knöpfen, die fast ohne Kraftaufwand zu bedienen sind. Es gibt Mäuse, die das Zittern der Hand rausfiltern, sodass ein gezielter Klick möglich ist und Mäuse, die sich per Kopfbewegung oder auch nur durch ein Augenzwinkern steuern lassen. Tim Eigenbrodt scheint jedenfalls das passende Zubehör für seinen Büroarbeitsplatz gefunden zu haben.

"Wie ist so das Gefühl? Ist gut, der Eindruck. Sehr gut."
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