Begründer der Tudor-Dynastie

Von Matthias Thibaut · 28.01.2007
Am 28. Januar 1457 wurde in Pembroke Castle in Wales Henry Tudor geboren: Als er im August 1485 König Richard III. in der Schlacht von Bosworth Field besiegte, endeten die Rosenkriege. Mit der Thronbesteigung Henry Tudors als König Heinrich VII. begann die große Blütezeit der englischen Renaissance.
Die Vorzeichen waren nicht günstig bei der Geburt Henry Tudors im Pembroke Castle in Wales. Englands Adel war seit mehr als einer Generation durch die Rosenkriege zwischen den Familien Lancaster und York zerstritten. Henrys Vater Edmund war gerade als Gefangener der Yorkisten in einer finsteren Burg an der Pest gestorben. Die Mutter, vierzehn Jahre und Witwe, musste sich für die Niederkunft aufs Schloss ihres Schwagers flüchten.

Vom besten Adel waren die Tudors auch nicht. Alles begann damit, dass Großvater Owen Tudor, ein unbedeutender Emporkömmling, beim Tanzen stolperte und Catherine Valois, der Witwe Heinrichs des Fünften in den Schoß fiel. Die Heirat fand heimlich statt. Die Tudors waren, wie man damals sagte, ein Bastardgeschlecht.

Und doch war diesem Heinrich Tudor Großes beschieden. Der erste, der es wusste, war, bei Shakespeare jedenfalls, sein Stiefonkel, Heinrich der VI.

"Come hither, England's hope. If secret powers
Suggest but truth to my divining thoughts,
This pretty lad will prove our country's bliss.

Komm Englands Hoffnung! Wenn geheime Mächte
In den prophet'schen Sinn mir Wahrheit flößen
So wird dies feine Kind des Landes Segen
Sein Blick ist voll von sanfter Majestät
Sein Haupt geformt, von der Natur zur Krone "

Ein Jahr nach dieser prophetischen Begegnung war der Onkel tot, ermordet , laut Shakespeare jedenfalls, von jenem Duke of Gloucester, der als Thronräuber Richard der Dritte einer der schlimmsten Schurken der Weltliteratur wurde.
Henry Tudor, Earl von Richmond, war nun Oberhaupt des Hauses Lancaster und musste vor den Yorks nach Frankreich fliehen. Weihnachten 1483 schwor er in der Kathedrale von Rennes, Englands Thron zu erobern.

Die große Begegnung mit dem Widersacher Richard III fand am 22 August 1485 auf dem Bosworth Field bei Leicester statt, ein Kerndatum der englischen Geschichte. "Rückt vor, wo nicht zum Himmel, dann Hand in Hand zur Hölle", rief Richard, doch seine Getreuen ließen ihn im Stich. Tollkühn stürmte er mitten ins Lager Henry Tudors, dabei fiel ihm der verräterische Lord Stanley in die Flanke. Noch auf dem Schlachtfeld wird Henry Tudor bei Shakespeare zum König Heinrich dem VII. gekrönt.

Aus politischem Kalkül heiratete Heinrich Elizabeth von York, die Nichte seines Widersachers und so begann die Versöhnungsarbeit - und Englands Aufschwung. Die Rosenkriege und das englische Mittelalter waren zu Ende.

"England hath long been mad, and scarr'd herself;
The brother blindly shed the brother's blood,
The father rashly slaughter'd his own son,
The son, compell'd, been butcher to the sire....

England war lang im Wahnsinn, schlug sich selbst:
Der Bruder, blind, vergoss des Bruders Blut;
Der Vater würgte rasch den eignen Sohn;
Der Sohn, gedrungen, ward des Vaters Schlächter...
Nun mögen Richmond und Elisabeth,
Die echten Erben jedes Königshauses,
Durch Gottes schöne Fügung sich vereinen!"
.
... Enrich the time to come with smooth-faced peace,
With smiling plenty and fair prosperous days!

Dieser bei Shakespeare beschworene Aufschwung kam, aber erst unter Henry Tudors Sohn Heinrich dem VIII, der auch physisch beeindruckenderen Gestalt. Heinrich der VII. war eher von schmächtiger Statur. Sein Biograph, Polidore Vergil, beschreibt ihn so:

"Sein Gesicht war fröhlich, besonders, wenn er sprach, seine Augen klein und blau, Zähne hatte er wenig, sie waren schlecht und schwarz, sein Haar war dünn und weiß und seine Gesichtsfarbe war blass."

Henry Tudor, Heinrich der VII, war einer jener oft übersehenen Vorbereiter, der die Wende möglich machte, aber ihre Früchte selber nicht mehr erlebte.

Seine Leistung war, dass er an der Krone nicht nur festhielt, sondern ihren Reichtum und ihre Macht über den Adel wieder stärkte. Er schickte Handelsschiffe übers Meer und machte Schluss mit Englands Ruf als einem Staat an der Peripherie, der sich in internen Machtkämpfen zerfleischte

Nach dem Tod Elizabeths wurde Henry eine einsilbige, fast mönchische Gestalt. Er starb 1509, 52 Jahre alt. Begraben ist er , mit Elisabeth, in der Westminster Abbey unter einem prachtvollen Grab aus schwarzem Marmor. Es ist Englands erstes Renaissancekunstwerk.