Begründer der modernen Quantenphysik

13.09.2007
Max Planck zählt zu den bedeutendsten Wissenschaftlern des 20. Jahrhunderts. Mit seinen Überlegungen begründete Planck die theoretische Physik. Kurz vor seinem 60. Todestag legt der Wissenschaftshistoriker Ernst Peter Fischer eine Biografie des berühmten Physikers vor.
Ernst Peter Fischers Buch über Max Planck liegt gut in der Zeit. Am kommenden 4. Oktober wird man sich an den sechzigsten Todestag des großen Physikers erinnern und bald, in einem reichlichen halben Jahr, im April 2008, steht ein großes Jubiläum auf dem Kalender – der 150. Geburtstag Plancks. Über diesen Gelehrten, der als Begründer der modernen Quantenphysik gilt, wird in den nächsten Monaten also noch viel berichtet und geschrieben werden.

Fischer, der bekannte und vielbeschäftigte Wissenschaftshistoriker aus Konstanz, hat diesen Reigen nun eröffnet. Nicht mit einem Paukenschlag, aber doch mit einem spannenden lesenswerten Buch. In seinen bisherigen Veröffentlichungen hat er sich immer wieder mit herausragenden Gestalten der Naturwissenschaften befasst, vor allen Dingen mit denen der Physik. In den letzten Jahren erschienen populäre Schriften zu Albert Einstein, Wolfgang Pauli und Werner Heisenberg, also den Physikern, die, zusammen mit anderen, unser Weltbild verändert haben. Und nun Max Planck, der mit seinen Beiträgen diese Entwicklung einleitete.

Man neigt immer dazu, die Namen dieser Neuerer in einem Atemzug zu nennen, wenn von der berühmten Quantenphysik die Rede ist. Tatsächlich aber liegen eine oder sogar zwei Generationen zwischen Planck und seinen jüngeren Kollegen: Einstein war zwanzig Jahre jünger und Heisenberg sogar 43 Jahre. Das allein erklärt noch nicht die große Verehrung, die die Jüngeren dem Senior ihrer Disziplin entgegen brachten, aber es verweist auf den entscheidenden Zusammenhang. Max Planck war noch ein Physiker des 19.Jahrhunderts, der alles versuchte, um an den klassischen Vorstellungen seines Faches festzuhalten.

In Fischers Buch nimmt dieser Weg vom bewahrenden Forscher zum Revolutionär wider Willen den größten Raum ein. Man mag sich etwas wundern, wenn bei der Beschreibung dieses Weges ein kurzes historisches Panorama des 19. Jahrhunderts einfließt, in dem selbst seine Anfänge mit den napoleonischen Kriegen nicht fehlen. Solche Exkurse, die den Gegenstand manchmal nur antippen können, erlaubt sich der Autor immer wieder; nicht nur in historischen sondern auch in philosophischen Fragen.

Eine Erfindung steht für das Ende des 19.Jahrunderts und seinen Industrialisierungsschub im Mittelpunkt: die Glühlampe. Wie hängen die Temperatur des Glühfadens und die Art seines Leuchtens zusammen, fragt der Autor. Und so oder ähnlich haben sich die Physiker von damals die Frage gestellt. Die Antwort mündete in die berühmte Strahlungsformel, die Max Planck 1900 fand. In ihr ist der "geheime Bote" aus dem noch unerforschten Mikrokosmos enthalten, der die Physik verändern sollte; eine Naturkonstante, die heute den Namen "Plancksches Wirkungsquantum" trägt. Die Geschichte dieses geheimen Boten und die Kreise, die er zog, sind der rote Faden in Fischers Buch. Planck, der mit seinen tiefen Überlegungen diesen Boten fand, etablierte dabei einen neuen Zweig seiner Disziplin – die theoretische Physik. Aus ihr flossen von nun an irritierende Erkenntnisse, mit denen der Wissenschaftler seine große Mühe hatte und die von anderen weiter bereichert wurden. Es war die Einsicht, dass es im Mikrokosmos nur Quanten gibt und keine einfache Kausalität mehr.

"Der Physiker – Max Planck und das Zerfallen der Welt" liest sich nicht wie eine einfache Biografie. "Der Physiker" versteht sich als Subjekt einer ganzen Disziplin, deren Geschichte hier behandelt wird und in deren Mittelpunkt Planck steht. Das ist ein großes Projekt, bei dem hin und wieder etwas episodenhaft vorgegangen wird. Aber beeindruckend bleibt der große Wandel Plancks zur unumstrittenen Autorität seines Faches, zum hervorragenden Wissenschaftsorganisator. Ihm war es zu danken, dass Einstein nach Berlin kam und dass diese Stadt zum führenden Zentrum der Physik aufstieg. Max Planck durchlebte und durchlitt das Dritte Reich und den Krieg und erlebt auch noch das Kriegsende. Die Schilderung des Schicksals seines Sohnes Erwin, der in die Vorgänge des 20.Juli verwickelt war und im Januar 1945 hingerichtet wurde, gehört zu den wirklich nachwirkenden Passagen des Buches, auch weil sie auf neuesten Einsichten gründet.

Dem Buch von Ernst Peter Fischer gelingt die Annäherung an eine einzigartige Persönlichkeit, die wir in ihrer Größe und ihrer Schwäche vorgestellt bekommen, vor allem aber in ihrer Liebe zur Wissenschaft.

Rezensiert von Peter Kirsten

Ernst Peter Fischer: Der Physiker. Max Planck und das Zerfallen der Welt
Siedler Verlag
Verlagsgruppe Random House GmbH
München, August 2007
327 Seiten, 22,95 Euro