Bedroht von der Wüste
In seinen Grenzen findet sich im Kleinen, was den gesamten Kontinent ausmacht: heiße Küsten gibt es hier und kühle Wälder, tropische Hitze und wasserreiche Regenzeiten, lebensfeindliche Wüsten und klamme Hochlandnebel, Seen und Dürren und staubige Graslandschaften.
Das Bevölkerungswachstum in DIESEM Land gehört zu den höchsten der Erde. Kriege hat es oft gegeben, um Land, um Vieh, um Macht und Einfluss, auch bevor die Europäer kamen. Drei große Sprachfamilien brachten nicht weniger als zweiunddreißig Sprachen hervor, rund hundert Dialekte sind in DIESEM Land verbreitet. Nicht leicht, HIER zu einer "nationalen Identität" zu finden - jenem Konstrukt, das als Erbe des Kolonialismus blieb, genau wie die willkürlich gezogenen Grenzen.
"Als europäischer Reisender wird man in diesem Land oft mit Zwischentönen der Menschlichkeit konfrontiert. Die Bevölkerung zeigt sich in vielerlei Hinsicht ausgesprochen feinfühlig, nicht nur dem Fremden gegenüber, sondern auch untereinander. Das nimmt gelegentlich belächelnswerte Formen an. Geht jemand zur Toilette, sagt er das nicht direkt, sondern entschuldigt seine Abwesenheit beispielsweise mit dem Hinweis, "I am going for a short call" - was den Unwissenden vermuten lässt, er ginge zum Telefonieren."
Das berichtet ein Liebhaber des Landes. Heute finden Europäer vornehmlich als Touristen hierher, mehr der Tiere als der Menschen wegen. Über 800.000 Besucher kommen mittlerweile jährlich. Überfüllte Strände gibt es dennoch nicht. Von den 480 Kilometern Küste ist nur ein kleiner Teil touristisch erschlossen. "Jeder Reisende ist ein Pascha", sagt hier ein Sprichwort. Das ist nicht böse gemeint, etwa als Anspielung auf schlechte Reisesitten. Sondern es bedeutet, dass jeder Besucher auf die traditionelle Gastfreundschaft zählen darf, eine für europäischen Geschmack geradezu außerordentliche Herzlichkeit. Der Tourismus ist für das Land lebensnotwendig, denn die Handelsbilanz ist negativ - es wird mehr importiert als exportiert. Der Weltmarkt hat für Kaffee, Tee und Sisal immer weniger übrig, also bleibt nur der Tourismus.
Das Land hat auch gravierende Probleme. Erst 1963 wurde die einstige britische Kronkolonie in die Unabhängigkeit entlassen, blutige Aufstände waren vorausgegangen. Es folgte eine fast dreißigjährige Einparteienherrschaft. Erst 1992 gab es HIER die ersten freien Wahlen. Das größte Problem zur Zeit: Das Land, es ist etwa anderthalbmal so groß wie Deutschland, verwüstet und versteppt in einem beängstigenden Tempo. Noch1930 waren dreißig Prozent des Landes bewaldet. Heute sind es nur noch drei Prozent. Die Wüste ist auf dem Vormarsch, Äcker und Felder schrumpfen. Mehr als achtzig Prozent seines Energiebedarfs deckt das Land über Holz, und so schnell, wie man hier abholzt, kann niemand wieder Bäume pflanzen. Gas und Öl müssten importiert werden, doch die Staatskassen sind leer, und die Bevölkerung hat auch kein Geld.
Ein tiefer Graben zieht sich HIER entlang, und er beweist: Dies ist ein junges Land. Es entstand erst vor zwanzig Millionen Jahren. Bei seiner Geburt brach die flache, zum Ozean hin sanft abfallende Hochebene plötzlich auf. Riesige Einbrüche und Aufwölbungen der Erdkruste schwemmten Magma an die Erdoberfläche. Wälder gingen unter, Vulkane schleuderten ihre heiße Fracht in die Luft. Nach und nach brach ein Riss auf, von Nord nach Süd verlaufend, eine tiefe Narbe im Gesicht des Kontinents, sechstausend Kilometer lang. Warum das geschah, weiß niemand. Ja, vielleicht bewegt sich der Graben noch heute, Geologen streiten darüber. Vielleicht driftet hier, etwa auf der Höhe DIESES Landes, ein Teil des ganzen Kontinents ab, und es bildet sich ein neues Meer. Vielleicht war alles aber auch nur eine vorübergehende Episode im Älterwerden der Erde. Trotz der vielen unbeantworteten Fragen ist der Graben auch ein offenes Buch, nicht nur der Erdgeschichte. Auch Anthropologen haben darin gelesen. In DIESEM Land und seinem Nachbarland fanden sie Geschichten vom Anfang der Menschheit.
Lösung: Kenia
"Als europäischer Reisender wird man in diesem Land oft mit Zwischentönen der Menschlichkeit konfrontiert. Die Bevölkerung zeigt sich in vielerlei Hinsicht ausgesprochen feinfühlig, nicht nur dem Fremden gegenüber, sondern auch untereinander. Das nimmt gelegentlich belächelnswerte Formen an. Geht jemand zur Toilette, sagt er das nicht direkt, sondern entschuldigt seine Abwesenheit beispielsweise mit dem Hinweis, "I am going for a short call" - was den Unwissenden vermuten lässt, er ginge zum Telefonieren."
Das berichtet ein Liebhaber des Landes. Heute finden Europäer vornehmlich als Touristen hierher, mehr der Tiere als der Menschen wegen. Über 800.000 Besucher kommen mittlerweile jährlich. Überfüllte Strände gibt es dennoch nicht. Von den 480 Kilometern Küste ist nur ein kleiner Teil touristisch erschlossen. "Jeder Reisende ist ein Pascha", sagt hier ein Sprichwort. Das ist nicht böse gemeint, etwa als Anspielung auf schlechte Reisesitten. Sondern es bedeutet, dass jeder Besucher auf die traditionelle Gastfreundschaft zählen darf, eine für europäischen Geschmack geradezu außerordentliche Herzlichkeit. Der Tourismus ist für das Land lebensnotwendig, denn die Handelsbilanz ist negativ - es wird mehr importiert als exportiert. Der Weltmarkt hat für Kaffee, Tee und Sisal immer weniger übrig, also bleibt nur der Tourismus.
Das Land hat auch gravierende Probleme. Erst 1963 wurde die einstige britische Kronkolonie in die Unabhängigkeit entlassen, blutige Aufstände waren vorausgegangen. Es folgte eine fast dreißigjährige Einparteienherrschaft. Erst 1992 gab es HIER die ersten freien Wahlen. Das größte Problem zur Zeit: Das Land, es ist etwa anderthalbmal so groß wie Deutschland, verwüstet und versteppt in einem beängstigenden Tempo. Noch1930 waren dreißig Prozent des Landes bewaldet. Heute sind es nur noch drei Prozent. Die Wüste ist auf dem Vormarsch, Äcker und Felder schrumpfen. Mehr als achtzig Prozent seines Energiebedarfs deckt das Land über Holz, und so schnell, wie man hier abholzt, kann niemand wieder Bäume pflanzen. Gas und Öl müssten importiert werden, doch die Staatskassen sind leer, und die Bevölkerung hat auch kein Geld.
Ein tiefer Graben zieht sich HIER entlang, und er beweist: Dies ist ein junges Land. Es entstand erst vor zwanzig Millionen Jahren. Bei seiner Geburt brach die flache, zum Ozean hin sanft abfallende Hochebene plötzlich auf. Riesige Einbrüche und Aufwölbungen der Erdkruste schwemmten Magma an die Erdoberfläche. Wälder gingen unter, Vulkane schleuderten ihre heiße Fracht in die Luft. Nach und nach brach ein Riss auf, von Nord nach Süd verlaufend, eine tiefe Narbe im Gesicht des Kontinents, sechstausend Kilometer lang. Warum das geschah, weiß niemand. Ja, vielleicht bewegt sich der Graben noch heute, Geologen streiten darüber. Vielleicht driftet hier, etwa auf der Höhe DIESES Landes, ein Teil des ganzen Kontinents ab, und es bildet sich ein neues Meer. Vielleicht war alles aber auch nur eine vorübergehende Episode im Älterwerden der Erde. Trotz der vielen unbeantworteten Fragen ist der Graben auch ein offenes Buch, nicht nur der Erdgeschichte. Auch Anthropologen haben darin gelesen. In DIESEM Land und seinem Nachbarland fanden sie Geschichten vom Anfang der Menschheit.
Lösung: Kenia