Beamtenrecht

Sollen Lehrer streiken dürfen?

Bild einer deutschen Amtsstube
Heimat des deutschen Beamten: Die Amtsstube, hier im Verwaltungsgericht Berlin-Moabit © picture alliance / dpa / Arno Burgi
Franz Lehner im Gespräch mit Dieter Kassel · 17.01.2018
Vier verbeamtete Lehrer wollen vor dem Bundesverfassungsgericht ein Streikrecht erstreiten. Das würde den Beamtenstatus vollends ad absurdum führen, meint der Sozialforscher Franz Lehner, der seit langem für eine Abschaffung des Beamtentums plädiert.
Vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe beginnt heute die mündliche Anhörung im Fall vierer verbeamteter Lehrer, die sich ein Streikrecht erstreiten wollen. Sollte das Gericht den Lehrern tatsächlich ein Streikrecht zubilligen, würde der Beamtenstatus damit "vollkommen absurd", meint der Sozialforscher Franz Lehner.
Allerdings sei nicht einzusehen, warum ausgerechnet der Verzicht auf Streik die Loyalität zum Staat beschreiben soll, gesteht Lehner dem Anliegen der Lehrer zu und betont:
"Die Loyalität zum Staat erkenne ich daran, dass jemand im Sinne des Staates, im Sinne eines öffentlichen Auftrags sehr gute Entscheidungen trifft. Und wenn ich mir jetzt angucke, wie sich zum Beispiel Ministerale im Bund kaufen lassen von Lobbygruppen – da sehe ich keine besondere Loyalität."
Lehner plädiert bereits seit vielen Jahren dafür, dass jenseits von Polizei und Justiz der Beamtenstatus abgeschafft wird:
"Wir brauchen keine besondere Loyalität des Beamten zum Staat, wir brauchen ein richtig gutes, leistungsorientiertes Vergütungssystem."
Außerdem müssten Beamte gegebenenfalls auch sanktioniert werden:
"Wenn ein Bauprojekt, für das sie verantwortlich sind, auf einmal die Kosten um das drei-, vier-, fünffache überschreitet, was in Deutschland ja üblich ist - da muss man ansetzen. Dann kriegen wir einen wirksamen, leistungsfähigen Staat. Aber nicht mit Beamten."

Die Schweiz als positives Beispiel

In seiner Heimat Schweiz, wo das Beamtentum 2002 abgeschafft wurde, habe die Umstellung "überhaupt keine Probleme erzeugt", so Lehner.
"Es hat im Gegenteil oft geholfen, gute Leute zu finden, gerade für wichtige Führungspositionen, und es hat den Wechsel von Personal zwischen öffentlichen Sektor und privatem Sektor erleichtert."
Allerdings seien die Unterschiede zwischen Beamten und Angestellten geringer gewesen als in Deutschland: So hätten in der Schweiz auch Beamte in Pensionskassen und in die Alters- und Hinterlassenenversicherung eingezahlt.
(uko)

Gudula Geuther beobachtet den Prozess in Karlsruhe:
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