Beamtenlaufbahn

Patentprüfer, dringend gesucht!

Von Wolf-Sören Treusch · 09.06.2015
Ein abgeschlossenes Hochschulstudium und mindestens fünf Jahre Berufserfahrung muss mitbringen, wer Patentprüfer werden will. Die Verantwortung ist groß: Er oder sie entscheidet, ob eine Erfindung es verdient, gesetzlich geschützt zu werden oder nicht.
Karsten Kauffmann arbeitet gern im Stehen. Er hat seinen Schreibtisch aufgebockt und blickt gleich auf zwei Bildschirme. Meistens recherchiert er in mehreren Datenbanken parallel. 89 Millionen Patentschriften weltweit kann er einsehen.
Es geht aber auch ganz einfach: Karsten Kauffmann tippt das Kürzel DE für Deutschland und die Ziffern 97671 für das gewünschte Dokument ein.
Und da ist sie. Die Patentschrift über eine Elektrische Weckvorrichtung, welche nur bei Aussicht auf gutes Wetter weckt. Erfunden von Georg Borries aus Dresden, patentiert vom Kaiserlichen Patentamt mit Datum vom 11. Juli 1897.
An dem Wecker, an dem Uhrwerk, da wird eben eingestellt, zu welcher Zeit man geweckt werden möchte, und am Barometer kann man einstellen, wenn ein bestimmter Luftdruck gegeben ist, und wenn dann beide Faktoren zusammenkommen, also die Uhrzeit und der Luftdruck stimmt, nur dann geht der Wecker an, und nur dann kann man aufstehen.
Ob der Erfinder mit dieser speziellen Weckvorrichtung wirtschaftlich erfolgreich war, darüber sagt die Patentschrift nichts. Leider.
Das Patent ist jetzt ausgelaufen, Sie können Ihr Glück versuchen und versuchen, es an den Markt zu bringen.
Skurrile Erfindungen wie diese sind selten geworden im Arbeitsalltag des Patentprüfers. Aber die Kriterien, nach denen er eine Patentanmeldung prüft, sind bis heute die gleichen. Es gilt: Eine Erfindung muss neu sein, sie muss erfinderisch sein und gewerblich anwendbar. Am Beginn jeder Patentprüfung steht eine umfassende Recherche.
Kauffmann: "Die Prüfung findet nicht am erfundenen Objekt statt, wir haben die Beschreibungen der Erfindung vorliegen, wir haben den Stand der Technik, den wir recherchiert haben, vorliegen und prüfen danach die Kriterien 'Neuheit und erfinderische Tätigkeit' ab, das ist alles theoretisch, ja, also da finden jetzt keine praktischen Experimente statt, ob das denn tatsächlich so funktioniert, und mit diesen Fachkenntnissen, die wir mitbringen und den Beschreibungen, die wir da vorfinden, da wird geprüft."
Der Prüfer muss nachweisen, ob das Patent "erfinderisch" ist
Ein abgeschlossenes naturwissenschaftliches oder technisches Hochschulstudium und mindestens fünf Jahre Berufserfahrung muss mitbringen, wer Patentprüfer werden will. Die Verantwortung ist groß: Er entscheidet, ob eine Erfindung es verdient, gesetzlich geschützt zu werden oder nicht.
Kauffmann: "Na ja, was heißt Macht? Das Verfahren, das ist ja transparent und für jeden nachvollziehbar, und es muss ja alles gut begründet sein, was wir machen. Also einfach nur sagen: 'Patent gibt es nicht, gefällt mir nicht', so läuft das hier nicht, Sie müssen das ja darlegen, warum es aus Ihrer Sicht nicht neu ist und nicht erfinderisch, und da muss eine schlüssige Argumentation aufgebaut werden, und wenn es dann zur Zurückweisung kommt, und der Anmelder ist mit der Argumentation nicht einverstanden, dann ist da ja auch die Beschwerde gegen möglich, und dann kommt der nächste Schritt, und es kommt eine erneute Überprüfung."
Ein Prüfungsverfahren dauert Monate, manchmal Jahre. Oft ist es sinnvoll, die Anmelder zu einer mündlichen Anhörung zu laden, um im direkten Gespräch den technischen und patentrechtlichen Sachverhalt zu erörtern. Karsten Kauffmann ist seit 15 Jahren beim Deutschen Patent- und Markenamt beschäftigt. Bis vor kurzem als Patentprüfer im Fachgebiet Brennkraftmaschinen. Da gehörten die Forschungs- und Entwicklungsabteilungen der Automobilindustrie quasi zu seinen "Dauer-Kunden". Gerade hier, sagt er, ist Erfindergeist noch immer gefragt.
Kauffmann: "Heutzutage reden wir davon, die Autos schadstoffärmer zu machen, weil Gesetzgebung sich ändert, müssen Kraftstoff sparend sein, Gewicht spielt ne Rolle, in all diesen Bereichen, da müssen ja Erfindungen getätigt werden, um so was hinzukriegen, Energiewende soll stattfinden, erneuerbare, regenerative Energien sollen stärker genutzt werden, da muss ja Technik für her. Und die muss erfunden werden."
Allein das Deutsche Patent- und Markenamt verzeichnete im Jahr 2014 exakt 65.958 Patentanmeldungen. Nicht umsonst stecken in einem handelsüblichen Smartphone bis zu 2000 Patente.
Patentprüfern wie Karsten Kauffmann geht die Arbeit bestimmt nicht aus. Und dann ist da das Dokument.
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