"BB" - Bier in Bamberg oder wie ich den oberfränkischen Jürgen Klinsmann traf

Von Isabella Kolar · 25.03.2009
Gaststätte Schlenkerla in der Dominikanerstraße 6 in Bamberg. Draußen knallt die Sonne auf den weißen Schnee, drinnen fließt das dunkle Bier aus dem silbrigen Zapfhahn, der kleine Raum ist gut gefüllt mit Gästen an zünftigen Holztischen, Stimmengewirr übertönt das Geschirrklappern.
Vorwiegend oberfränkisches Stammpublikum, ein paar Touristen, die Männerquote liegt bei 80 Prozent. "Hausgemachte Schlenkerla Bratwürste mit Fränkisch Dämpfkraut" oder "Fränkische Bierhaxe mit rohem Kloß und Sauerkraut" stehen auf der Speisekarte. Pech gehabt: Weder trinke ich Bier noch esse ich Bierhaxen. Was das sein mag: Eine Haxe gebraten im Bier? Oder gefüllt mit Bier? Oder eine Haxe von einem Schwein, was mit Bier gefügig gemacht wurde vor dem Halsumdrehn? Mir wird schlecht. Der Herr mir gegenüber schlürft andächtig sein Märzen Rauchbier. Wie die anderen auch. Okay, ich bin hier in der Minderheit, schon qua Geschlecht.

Ein einziger Versuch: Haben sie einen Kaffee? flüstere ich schüchtern Richtung Theke. Verständnislose Blicke, Kopfschütteln. Ich bin in Bayern. Und warte hier auf Herrn Matthias Trum, den Chef der traditionsreichen Schlenkerla Privatbrauerei, gelernter Braumeister. Nicht dass ich in dieser Umgebung einen Baum von einem Mann mit großem (jawohl) Bierbauch und dunklem langem Rauschebart erwarte. Nein, nein, bloß keine Klischees. Aber als ein schlanker, junger, sportlicher, hochgewachsener Blondkopf in Jeans auf mich zutritt, reagiere ich erst mal gar nicht.

"Trum" stellt er sich vor, ich schnelle in die Höhe wie ein Gummiball. Ohhhhh. So eine Mischung aus Jürgen Klinsmann und J. B. Kerner habe ich mir dann doch nicht als Chef einer bayerischen Traditionsbrauerei vorgestellt. Obwohl mich die Dame von der Tourismuszentrale vorgewarnt hatte, er sei anders als man so erwarte. Ich trabe sofort willig hinter Klinsmann, äh Trum her den Berg hoch aus der Altstadt auf den Stephansberg zur Brauerei. Dort in seinem Büro erzählt er mir am runden Tisch von der Braukunst und seiner Spezialität, dem Rauchbier.

Ich sehe keine Aschenbecher und begreife langsam, dass Rauchbier nicht heißt, dass es sich um eine "Raucherbrauerei" handelt, sondern um eine spezielle Bier-Zubereitungsart. Der 33-jährige Brauerei-Chef erzählt, dass er immer schon Braumeister werden wollte und sich nie etwas anderes vorstellen konnte, schon gar keinen Bürojob. Verstehe, wispere ich, und versinke in meinem Stuhl und in seinen Klinsmann-blauen Augen. Wo ich mich doch noch nie für Fußball interessiert habe, aber Bier … unter diesen Umständen … könnte ich mir sogar vorstellen, eine arme gequälte Bierhaxe zu essen – mit Herrn Trum versteht sich.

Die Flammen lodern hoch – im Ofen der Mälzerei, den mir der junge Firmenchef zeigt. Hier wird unsere Reportage starten. Dann gehen wir gemeinsam in den Untergrund: ein Kellergewölbe, in dem die Bierfässer abgefüllt und gelagert werden. Ein langer Weg da nach unten. Ich stoppe die Zeit: 1 Minute 15. Mit Herr Trum kam es mir auf den schwach erleuchteten Treppen nach unten wie 30 Sekunden vor, die Zeit vergeht mir wie im Fluge mit ihm, zum Glück habe ich meine Stoppuhr dabei, die lügt nicht und wird auch im Keller nicht rot. Eine mögliche Alternative zum Weg nach unten zur Abfüllanlage wäre das Sudhaus um die Ecke, nur ein paar Treppen höher als die Mälzerei, wo die Maische im Kupferkessel brodelt. Wir lassen es offen: Zwei Optionen sind besser als keine. Und ich komme wieder. Diese blauen Augen! Warum arbeite ich eigentlich nicht beim Fernsehen?